Velbert. Im Fall Kassandra fällt ein Urteil gegen den Peiniger des Mädchens möglicherweise erst in Jahren. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal ist weiterhin von der Täterschaft des 14-jährigen Jungen überzeugt. Kassandra selbst konnte sich in ersten Vernehmungen nicht an die Tat erinnern.

Kassandras mutmaßlicher Peiniger muss möglicherweise jahrelang auf ein Urteil warten. Bis zur Anklageerhebung sei es mindestens „eine Sache von Monaten”, sagt der Wuppertaler Staatsanwalt Rüdiger Ihl auf Nachfrage der Zeitung. Der Verhandlungstermin sei absolut nicht absehbar.

„Ein Sachverständiger muss noch beurteilen, ob er überhaupt schuldfähig ist”, sagt Ihl. Auch die Verteidigung des 14-Jährigen habe noch die Möglichkeit, das Verfahren beabsichtigt oder unbeabsichtigt in die Länge zu ziehen.

Haftbeschwerde vorbereitet

Ein erster Antrag ist in Arbeit. Anwältin Astrid Denecke bereitet eine Haftbeschwerde vor. Ginge es nach der Hamburger Strafrechtlerin, soll der 14-Jährige so bald wie möglich wieder zu Hause sein. Die Begründung der Staatsanwaltschaft reiche für die Inhaftierung nicht aus. „Weitere Stellungnahmen gebe ich zu diesem Zeitpunkt nicht ab.”

Die Staatsanwaltschaft geht unverändert davon aus, den richtigen Täter dingfest gemacht zu haben. Oder im Staatsanwaltsdeutsch: „Wir sind überzeugt, dass es überwiegend wahrscheinlich ist, dass er verurteilt wird.” Die Anklage geht von versuchtem Mord aus. Das rechtfertige eben auch eine länger andauernde Untersuchungshaft.

Über die Rechtmäßigkeit der Beschwerde muss jetzt das Amtsgericht Wuppertal entscheiden. Die Staatsanwaltschaft bekommt vorher noch einmal Gelegenheit, Stellung zu nehmen. Dann setzen die Richter einen Prüfungstermin an. „Das passiert frühestens im Laufe der kommenden Woche”, sagt Rüdiger Ihl. Amtsrichterin Carmen Schlosser wollte zum Verfahren keine Auskunft geben.

Sollte das Gericht die Beschwerde ablehnen, müssen weitere Instanzen entscheiden. Spätestens nach sechs Monaten prüft das Oberlandesgericht ohnehin routinemäßig die weitere Inhaftierung des jungen Förderschülers.

Sein Alter verschafft dem Jugendlichen auf jeden Fall keine Hafterleichterung. Der Junge werde bis zu einer möglichen Verhandlung genauso wie ein Erwachsener behandelt, sagt Ihl. Erst im Prozess komme das Jugendstrafrecht zum Tragen.

Bis dahin will die Staatsanwaltschaft weiter Beweise sammeln. Kassandra wird selbst vorerst keine große Hilfe sein. Wie berichtet, konnte sich die Neunjährige bei der Vernehmung am Mittwoch nicht an die Tat erinnern. „Es ist die Frage, ob es eine dauerhafte Amnesie ist”, sagt Ihl. Über weitere Vernehmungsansätze müssten die Ärzte entscheiden. Ihl versichert: „Wir bleiben am Ball.”

Hand in Hand mit dem LKA

Beim Landeskriminalamt (LKA) in Düsseldorf gehen unterdessen die Spuren-Untersuchungen intensiv weiter. Es seien noch nicht alle bewertet, teilte Frank Sobotta auf WAZ-Anfrage mit. Das gesamte Prozedere laufe sukzessive nach einem festgelegten Raster ab, erläuterte der Sprecher der Kreispolizeibehörde Mettmann, wobei das Augenmerk stets darauf gerichtet sei, nicht etwa möglicherweise vorhandene Spuren bei der Untersuchung zu zerstören. Deshalb müsse strikt eine bestimmte Reihenfolge eingehalten werden, erfordere das Ganze auch dementsprechend viel Zeit. Die Experten vom LKA und die Mordkommission „Tönisheider” seien ständig im Dialog, um miteinander das weitere Vorgehen abzustimmen.

„Was uns alle wirklich freut, ist die Entwicklung, dass Kasssandra gesundheitlich auf einem sehr guten Weg ist”, sagt Sobotta. Es sei ja nicht ausgeschlossen, dass sich die Neunjährige in naher Zukunft erinnern könne. „Wir machen da aber keinen Druck.” So werde Kassandra keinesfalls jeden Tag vernommen, berichtet der Sprecher weiter und stellt klar, dass es sich dabei selbstverständlich um keine Vernehmung im klassischen Sinne handele, sondern um eine „kindgerechte Anhörung”.