Velbert. Großer Medienrummel und ein Polizeieinsatz an der Schule des 14-jährigen mutmaßlichen Täters begleiten die weiteren Ermittlungen im Fall Kassandra. Die Polizei lobt das zurückhaltende Verhalten der Journalisten und Reporter. Rund um die Schule selbst herrscht trotzdem der Ausnahmezustand.
Der gestrige Schultag lief für die Schüler und Lehrer der Förderschule für emotionale und soziale Entwicklung ganz anders als sonst. Als sie gegen 7.30 Uhr zur ersten Stunde bei dem futuristisch wirkenden Rundbau an der Hans-Böckler-Straße eintrafen, wurden sie bereits von zahlreichen Reportern und Kamerateams auf der einen Seite, auf der anderen von Polizei und Ordnungskräften der Stadt Velbert empfangen. „Nachdem am Wochenende bekannt geworden war, dass der tatverdächtige 14-Jährige diese Schule besucht, haben wir uns auf das verstärkte Interesse der Reporter eingestellt”, sagte Polizeisprecher Ulrich Löhe. Noch am Sonntag hatten sich Polizei, Ordnungsamt Velbert und der Kreis Mettmann als Schulträger darauf verständigt, dass Schüler und Lehrer geschützt und der geplante Unterricht in der Förderschule gewährleistet werden müssten. „Wenn es nötig geworden wäre, hätten wir für die einrückenden Schüler ein Spalier gebildet”, berichtet Daniela Hitzemann, die als Sprecherin des Kreises Mettmann wie Löhe auch vor Ort war.
Wir haben den Lehrern zwei Psychologen an die Seite gestellt”
Doch die Begegnung im Morgengrauen verlief dann sehr viel weniger spektakulär, als die Sicherheitskräfte befürchtet hatten. „Großes Lob an die Journalisten, die haben sich unsere Appelle, die Kinder in Ruhe zu lassen, zu Herzen genommen und sie nicht bedrängt”, so Löhe. Ausnahmezustand jedoch auch im Gebäude: Natürlich stellten sich die Pädagogen auf beunruhigte und irritierte Schüler ein, denen das Medieninteresse offensichtlich wenig behagte. „Wir haben den Lehrern zwei Psychologen an die Seite gestellt, die auf die Fragen und Bedürfnisse der Kinder einzugehen wissen”, so Kreissprecherin Hitzemann.
Mit der Schulleitung wurde vereinbart, dass die Schüler entgegen der üblichen Praxis am gestrigen Tag zu lediglich zwei Terminen nach Hause entlassen wurden – „so hatten wir draußen die Möglichkeit, die Kinder wie bereits am Morgen unbehelligt zu ihren Bussen und Taxen zu geleiten”, so Löhe.
Unterdessen werden Einzelheiten über den mutmaßlichen Täter, einen 14-jährigen Jungen aus Neviges, und sein familiäres Umfeld bekannt. Seit 2006 besucht er die Förderschule für soziale und emotionale Entwicklung, nach ein paar „Ehrenrunden” die 6. Klasse. In welcher Justizvollzugsanstalt er in Untersuchungshaft sitzt, wollte die Polizei nicht mitteilen. Wie die Familie seines Tatopfers Kassandra genießt jetzt auch die Familie des Täters Opferschutz. Polizeisprecher Ulrich Löhe: „Die Geschehnisse der letzten Tage sind wie eine Naturkatastrophe über die Eltern und die beiden jüngeren Geschwister hereingebrochen.” Der Vater, ein selbstständiger Kaufmann, sei ebenso wie seine Frau fest davon überzeugt, dass der Junge unschuldig ist.
Mordkommission arbeitet mit Hochdruck weiter
Die Mordkommission arbeitet unterdessen mit Hochdruck weiter. „Auch nach der Festnahme wird in alle Richtungen weiter ermittelt”, so Löhe. Vom Landeskriminalamt werden noch Ergebnisse von DNA-Untersuchungen erwartet. Glücklicherweise, so Ulrich Löhe, nehme jetzt erst einmal der Erwartungsdruck auf Kassandra ab. „Jeder hat Verständnis dafür, dass sie sich erst richtig erholen muss.”