Sprockhövel. Einst größte Kneipe der Gegend, Tankstelle, Drogerie: An der Ecke Gevelsberger-/ Mittelstraße in Sprockhövel stehen bald wieder Veränderungen an.
Handel im Wandel. Davon ist jede Stadt betroffen. Aber Haßlinghausen hat eine besondere Geschichte von der Mittelstraße 1 an bis zu folgenden Hausnummern. Davon kann der Inhaber der Häuser, Horst-Dietrich Zimmermann, viel erzählen und alte Bilder zeigen.
Der 87-Jährige lebt seit Anfang der 1950er-Jahre dort, hat mit seiner Frau die Gaststätte Brenne betrieben und unterschiedliche Geschäfte beherbergt. Jetzt steht wieder eine Veränderung an. Entweder eine neue Vermietung oder ein Verkauf der gesamten Ecke Mittelstraße/ Gevelsberger Straße. „Das wird sich bis Ende des Jahres entscheiden“, sagt sein Neffe, Hans-Georg Zimmermann.
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Die Schwiegereltern des 87-Jährigen kamen aus Wuppertal und waren schon in der Gastronomie tätig. „Von Opa Brenne hat meine Frau die Gaststätte dann geerbt.“ Viel Handwerk und Hausierer gab es in früheren Jahrhunderten in Haßlinghausen, erzählt der Sprockhöveler und schlägt einen großen Bogen vom 18. Jahrhundert bis in die Neuzeit. Dann war irgendwann Hausieren verboten, die Menschen wurden Kaufleute und boten die Ware im Geschäft an.
Früher sei die Mittelstraße noch ein kleines Sträßchen gewesen, an der nur auf der linken Seite in Richtung Wuppertal Häuser standen. „Vor Jahren hab ich ein altes Bild auf einem Trödelmarkt in Düsseldorf gefunden und traute meinen Augen nicht. Das zeigte unsere Gaststätte vor Jahrzehnten“, erzählt Horst-Dietrich Zimmermann immer noch sehr bewegt.
Riesiger Festsaal
Zu dem Wirtshaus gehörte noch ein riesiger Saal, in dem gefeiert werden konnte. Der ging über den heutigen Parkplatz hinterm Haus bis zur Mauer. Da sich im Gebälk aber der Holzwurm ausgebreitet hatte, musst der Saal abgerissen werden.
Geschäfte in Haßlinghausen
Das Bild der Geschäfte an der Mittelstraße in Haßlinghausen verändert sich immer wieder. Jetzt baut Netto neben dem Bauhof, der erste Spatenstich ist gemacht. „Wir begrüßen das, es scheint ja so zu sein, dass sich Rewe, Aldi und Netto gut ergänzen“, sagt Oliver Tollnick, Wirtschaftsförderer der Stadt.
Dass der Drogeriemarkt Ende August schließt, findet er schade. „Ich würde es begrüßen, wenn wir einen neuen bekommen könnten. Denn das Sortiment ist ja doch anders als in den großen Discountern.“ Tollnick bedauert, dass es kein Babygeschäft gibt und dass das Schreibwarengeschäft nicht mehr existiert, in dem man auch Spielwaren und kleine Mitbringsel kaufen konnte. „Das ist wirklich ein Verlust“, sagt er. Außerdem könnte Haßlinghausen mehr Gastronomie zum Verweilen vertragen, ist er überzeugt.
„Wir waren hier die Nummer 1“, sagt der 87-Jährige. Später wurde die Kneipe verpachtet. Irgendwann bei einem Pächterwechsel beschloss er, die Kegelbahn zu entfernen. „Die steht jetzt in einem Jugendhotel auf Borkum.“ Denn Zimmermann hatte jemanden kennengelernt, der eine Kegelbahn suchte. Eine gute Fügung für beide Seiten.
Viele unterschiedliche Funktionen hatten seine Häuser in den Jahren. Immer wieder wurde an die Gaststätte angebaut, es wurde umgebaut und anderen Bestimmungen gewidmet. Über und hinter der Gaststätte sind so viele Zimmer gebaut, dass man einen Kompass und Lageplan braucht, um sich zu orientieren und zurechtzufinden.
Das größte Lokal der Gegend
„Die Kneipe war früher das größte Lokal der ganzen Umgebung und Vereinslokal des Gesangvereins“, erzählt Zimmermann stolz. Im Haus Nummer 3 war um die Jahrhundertwende das Reichspostamt untergebracht. Ein Haus diente zeitweise als Hotel mit 22 Zimmern.
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In den 1950er-Jahren, erinnert sich der Besitzer, stand direkt vor dem jetzigen Sonnenstudio die erste Tankstelle. Da wurde British Petroleum verkauft. Das Spektrum der Automarken war überschaubar. „Viele fuhren DKW, und der Tank lag oberhalb des Motors. Das Benzin, das sich in einer Glaskugel mit Literanzeige befand, musste mit Hand abgepumpt werden.“
Kleine Lebensmittelläden, Metzgereien und Handarbeitsgeschäfte gab es in jenen Jahren auf der Mittelstraße. Sie verschwanden mit dem Aufkommen der Supermärkte. Jetzt steht wieder ein – möglicherweise sehr großer – Umbruch an.
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Zurzeit wird das Bild an der Straßenecke gegenüber der Kirche noch geprägt von der Kneipe auf der Ecke, dem Sonnenstudio, der Pizzeria und dem Drogeriemarkt, der Ende August schließt. 4000 Quadratmeter hat das gesamte Areal. Eine Entscheidung, wie es in den nächsten Jahren weitergehen wird, fällt in den nächsten Monaten.
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