Sprockhövel. Nach vier Überfällen auf Discounter in Sprockhövel, haben die Kunden Angst. Einige ziehen Konsequenzen und viele sehen einen Schuldigen.

Verunsichert sind die Kundinnen und Kunden, die an diesem Mittag an der Bahnhofstraße in Niedersprockhövel bei Aldi und Netto einkaufen. Sie alle wissen, dass im vergangenen Jahr Netto gleich dreimal von maskierten und bewaffneten Männern überfallen wurde. Am vergangenen Samstag hat es nun Aldi getroffen. Überfall auch dort. Alle Fälle mit dem gleichen Ergebnis: Die Suche nach den Tätern blieb bisher ohne Erfolg. „Wo ist Deutschland hingekommen“ war die häufigste Frage der Bürger, deren Sicherheitsgefühl deutlich beeinträchtigt ist.

>>> Mehr Nachrichten aus Hattingen und Sprockhövel

„Mein Unsicherheitsgefühl nimmt schon seit einiger Zeit zu“, sagt die 77-jährige Monika. Je älter sie werde, um so unsicherer fühle sie sich. „Ich geh’ nicht mehr auf das Altstadtfest, ich gucke keine Nachrichten und lese schon lange keine Krimis mehr. Aber dann kommt Besuch und erzählt mir wieder alle Schauergeschichten, die ich gar nicht hören will. Wie jetzt die Überfälle hier auf die Geschäfte.“ Abends würde sie ohnehin nicht mehr einkaufen gehen, das sei ihr zu risikoreich.

Auch interessant

„Wo sind wir denn hingekommen, dass man sich jetzt in Deutschland mit Messer oder Pistole bedrohen lassen muss“, fragt Barbara (57). Sie redet sich mit ihrem Mann in Rage über die Vorfälle und findet klare Worte. „In unserem Land bekommt doch jeder zu essen und zu trinken, auch wenn er nicht arbeitet.“

Als Berufstätige hat sie selbst bei Aldi gearbeitet. „Da hätte ich jetzt keine Lust mehr drauf. Man muss sich mal in die Lage der Kassiererinnen versetzen, das ist doch alles unglaublich, was hier passiert.“ Das Sicherheitsgefühl sei bei vielen Menschen mittlerweile auf der Strecke geblieben. Und die Politik gucke nur zu und unternehme nichts, um den Staat sicherer zu machen.

>>> Folgen Sie unserer Redaktion auf Facebook – hier finden Sie uns

Ausnahmslos geht die Wut der Menschen in dieselbe Richtung. Frank (49), der eigentlich immer in Hattingen-Welper einkauft, weicht zurzeit auf die Bahnhofstraße in Sprockhövel aus, weil Welper im Augenblick eine große Baustelle ist. „Ich fühle mich sicher, aber ich gehe auch nicht abends einkaufen“, sagt er. Warum nicht längst vor den Discountern Security steht, versteht er nicht. Wahrscheinlich sei die zu teuer. „Aber, die Typen kommen wieder, da kann man doch von ausgehen“, ist er überzeugt.

Lesen Sie auch:

Eine einzige Dreistigkeit sei so ein Überfall, findet die 75-Jährige Heiderose. „Ich habe mich schon lange nicht mehr so aufgeregt. Dieselbe Dreistigkeit sind doch diese Automaten-Sprengungen. Mittlerweile kann ja offenbar überall was passieren.“ Sie kommt aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus.

Auch Helma bringt ihr Einkaufsverhalten in Zusammenhang mit irgendwelchen Taten. „Ich gehe morgens einkaufen und habe keine Angst. Aber abends gehe ich nicht mehr in die Geschäfte“, erklärt die 76-Jährige.

+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Sprockhövel verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++

Wilhelm fasst in einem einzigen Wortschwall zusammen, was auch alle anderen so ähnlich ausgedrückt haben. Der 79-Jährige, der immer noch im Reservistenverein aktiv ist, betont: „Die Polizei ist hoffnungslos überfordert, die politische Lage in Deutschland ist unsicher, Staatsanwaltschaft und Justiz kommen mit den Bergen an Akten über immer neue Straftaten nicht mehr klar.“

Auch interessant

Dass vor den Discountern keine Sicherheitsleute zu sehen sind, liege schlicht und einfach am fehlenden Geld. „Denn der Einzelhandel hat wenig finanziellen Spielraum, auch wenn die Produkte so teuer geworden sind“, sagt er. Er wisse das, weil er früher selbst im Handel gearbeitet hat. „Die einzige Möglichkeit, das Drama in Deutschland in den Griff zu bekommen, wäre der Einsatz von verdeckten Ermittlern“, ist seine Überzeugung.

Klar wird: Die Überfälle haben niemanden kalt gelassen. Auch eine Kassiererin gibt zu, dass sie jetzt „ein mulmiges Gefühl“ hat.