Oberhausen.

Von der Lichtung hallt ein Name. Ein Schuss. Stille. Dann Jubel. „Der linke Flügel ist gefallen“, schallt es über die Wiese am Revierpark Vonderort. Dort ragen zwischen Pavillons und Bierstand in mehren Metern Höhe zwei hölzerne Vögel empor. Beiden fehlt bereits der Kopf, den Flügel des einen hat nun der Mittfünfziger unter den Arm geklemmt, der ihn gerade mit seinem Schuss vom Holzkörper abschoss. Der Bürgerschützenverein 1981 Osterfeld-Mitte feiert Schützenfest – die Saison in Oberhausen ist in vollem Gang.

In Oberhausen und Mülheim, die sich zum Schützenkreis 011 zusammengeschlossen haben, gibt es noch 23 Schützenvereine (2011). 18 von ihnen sind Traditionsvereine, die einmal im Jahr zu einem Schützenfest einladen. Doch die Mitgliederzahlen schrumpfen, in Oberhausen haben sich bereits Vereine aufgelöst, in den anderen Clubs ruht die Vereinsarbeit auf immer weniger Schultern.

Der Verein BSV 1981 Osterfeld-Mitte, einer der jüngsten Traditionsvereine in dieser Stadt, hat daraus seine Konsequenz gezogen. Statt größerer Konzertabende mit Stargast und mehreren Hundert Gästen wie noch vor wenigen Jahren ist das zweitägige Schützenfest heute sehr viel kleiner: Würstchengrill und Getränkestand, die Musik kommt von der Platte. Knapp 60 Menschen stehen dort an diesem Abend. Sie sind bestens gelaunt.

Junge Leute lernen zusammenzuhalten

Am Schießstand steht Sportwart Wilhelm Jochmann mit einem Schützenbruder. Leise flüstert er jedem Gast, der an diesem Samstag auf den Bürgervogel schießen will, den richtigen Zielort zu. Renate Handlaß hat dennoch kein Glück: Der Vogel wackelt nicht einmal unter Handlaß’ Schuss. Die 57-Jährige zuckt mit den Schultern. „Ich bin auch eher wegen der Geselligkeit hier“, sagt sie.

Sie kenne jeden im Verein, komme zu den Feiern und Festen, auch ohne Mitgliedschaft. „Das läuft hier ganz unkompliziert. Biste da, biste willkommen. Das ist das Tolle.“ Man helfe sich im Verein, bei Umzügen oder wenn jemand krank ist, auch hat sich ein Kegelklub aus Schützenbrüdern zusammengetan. „Die Leute sind mit Herzblut dabei“, sagt Handlaß.

Neue Jugendliche zu gewinnen ist schwierig

Am Getränkestand spricht eine Gruppe über Berichte aus dem bayrischen Memmingen, wo ein 14-Jähriger mit der Sportwaffe seines Vaters um sich schoss. „Nach solchen Nachrichten werden Eltern immer noch skeptischer gegenüber Schützenvereinen“, sagt Helga Kottmann vom BSV Osterfeld-Mitte. „Unsere Mitglieder haben aber keine Waffen zu Hause. Sie befinden sich in einem ordnungsgemäß verschlossen Waffenschrank, den Schlüssel hat der Sportwart.“ Drei Jugendliche gehören zum Verein, neue zu gewinnen, sei schwierig.

Was junge Menschen im Verein lernen? Zusammenhalt, sagt Kottmann. „Wir schießen heute nicht nur auf den Bürgervogel, sondern haben noch ein zweites Vogelschießen.“ Ein Interessensvogelschießen. Das heißt: Bevor sonntags einige Vereinsmitglieder um die Würde des Schützenkönigs wetteifern, beteiligen sich samstags alle anderen am internen Vogelschießen. Den Erlös dieses Wettkampfs, im Schnitt rund 500 Euro, bekommt der neue König quasi als Anschubfinanzierung. „Ein Königsjahr hat bei uns früher etwa 12 000 Euro gekostet“, sagt Kottmann. Auf Schnickschnack habe der Verein verzichtet, so die Kosten gesenkt. „So wollen wir jedem Mitglied die Chance bieten, einmal Schützenkönig zu werden.“