Oberhausen. Der Oberhausener CDU-Vorsitzende Wilhelm Hausmann lockt die Wähler mit einem Versprechen: Künftig weniger Gebühren- und Steuerlasten. Die CDU will die Stadt zum Hochschul- und Wissenschaftsstandort machen. Diskussion um die Bordell-Idee
Herr Hausmann, womit wollen Sie eigentlich einen Oberhausener überzeugen, der viele Jahre die SPD gewählt hat, nun einmal der CDU seine Stimme zu geben?
Wilhelm Hausmann: Wir haben gute Argumente. Die Versäumnisse der SPD in dieser Stadt sind so offensichtlich, dass sie nicht nur von uns diskutiert werden. Nur ein Beispiel: Wenn man von der Grundsteuer über die Abfallgebühren bis zu den Elternbeiträgen schaut, in wie vielen NRW-Städten das Leben günstiger ist als in Oberhausen, summiert sich das schnell auf bis zu 1000 Euro für eine Familie im Jahr. Wir haben ein gutes inhaltlich sehr breites Angebot. Wer sich für die CDU entscheidet, entscheidet sich für flexiblere Abholzeiten an Grundschulen, eine schlagkräftige Wirtschaftsförderung – und niedrigere Gebühren.
Aber Ihr finanzieller Handlungsspielraum ist doch minimal. Sie können ja auch kein Geld drucken und versprechen nur geringere Steuererhöhungen als von Rot-Grün beschlossen.
Hausmann: Wir wollen jedoch im Gegensatz zur SPD den vorhandenen Spielraum zugunsten der Bürger nutzen. Wir müssen umsteuern, bei uns gibt es kein Weiter so. Wir versprechen nicht, ab morgen zahlt man 1000 Euro weniger, aber wir werden Jahr für Jahr Rechenschaft ablegen, wie wir diesem Ziel näher kommen.
Sie wollen dabei beispielsweise mehr Personalkosten im Rathaus einsparen als Rot-Grün. Das geht allerdings dann nur noch mit betriebsbedingten Kündigungen.
Hausmann: Nein, das geht auch anders. Wir führen ein modernes Personalmanagement ein und fördern Zusatz-Qualifikationen. Die SPD stellt bei zusätzlichen Aufgaben durch das Land stets mehr Personal ein statt die vorhandenen Leute dafür zu qualifizieren. Wir nutzen zudem die Fluktuationen stärker. Und wir kooperieren mehr mit anderen Städten. Das spart Personal – ohne Serviceverlust für die Bürger.
CDU will Rotlichtviertel verlagern
Welches sind für Sie die größten Fehler der rot-grünen Stadtregierung in den vergangenen fünf Jahren gewesen?
Hausmann: Der Kardinalfehler ist die Wirtschaftsförderung. Man hat es versäumt, Oberhausen als Hochschul- und Wissenschaftsstandort aufzustellen und das Fraunhofer Institut Umsicht als Ankerpunkt zu nutzen. Und dann hat man die prominenteste unentwickelte Fläche im Ruhrgebiet gegenüber dem Centro mit seinen 24 Millionen Besuchern nur dafür genutzt, dort eine Spielhalle und einen Baumarkt anzusiedeln. Das ist eine Katastrophe.
Sie schlagen ja in Ihrem Kommunalwahlprogramm vor, das Rotlichtviertel aus der City auf ein anderes Areal im Stadtgebiet zu verlagern. Sie sagen aber nicht, wo das neue Bordell entstehen soll. Ist das nicht feige von der CDU?
Hausmann: Nein, wir versprechen ja, dafür keine Flächen in der Nähe von Wohngebieten zu nutzen. Uns schweben dafür unbewohnte Areale in der Nähe von Bahntrassen vor. Darüber wollen wir mit den Bürgern diskutieren.
Aber nicht vor der Wahl….
Hausmann: Nein, wenn wir das jetzt machen würden, würden alle über den Standort A oder B diskutieren, aber nicht darüber, was wir für die Innenstadt machen wollen.
Kritik an Kauf von Schrottimmobilien
Sie haben jahrelang ja darüber geklagt, dass sich in der Stadt zu wenig tut. Jetzt handelt die Stadt über ihre Tochter OGM, kauft leer stehende Immobilien – und schon wieder hagelt es von Ihnen Kritik.
Hausmann: Was SPD und Grüne jetzt aktionistisch machen, hat mit dem, was wir unter Stadtentwicklung verstehen, nichts zu tun. Der massenhafte Kauf von Schrottimmobilien ist der größte Wahlkampfbluff, den wir je erlebt haben. Da steckt doch kein Konzept hinter, da agiert ein städtischer Geschäftsführer aus dem Bauch heraus ohne irgendeine Wirtschaftlichkeitsprüfung. Wir brauchen wie beim geplanten Jugendhotel im früheren Gefängnis privates Engagement. Wenn doch kaufmännische Regeln solide beachtet werden, dann muss die Stadt das nicht auf Steuerzahler-Kosten risikoreich kaufen, sondern man findet private Investoren. Die OGM wird zur Bad Bank für Immobilien.
Im neuen CDU-Kommunalwahlprogramm kommt die Lage der Wirtschaft in Oberhausen zwar vor, aber zum Hauptproblem der Stadt, zu der hohen Zahl an Langzeitarbeitslosen, bietet auch die CDU keine einzige Zeile als Lösung an. Was muss hier geschehen?
Hausmann: Es gibt mit uns keine teuren Beschäftigungsprogramme, aber alle unsere Maßnahmen, von einer Hochschul-Dependance über geringere Steuererhöhungen bis hin zu flexibleren Abholzeiten, zielen darauf ab, dass die Attraktivität Oberhausens für Neubürger und Unternehmen steigt – und das hilft, Langzeitarbeitslosigkeit abzubauen.
CDU will nicht in der Opposition verbleiben
Unter Ihrer Führung hat die CDU ihren Kurs gewechselt: War Ihre Partei früher recht kooperativ mit der SPD unterwegs, so geht sie nun auf harte Konfrontation zur SPD. Schreckt das nicht Ihre Wähler ab? Warum handeln Sie so?
Hausmann: Unser Kurs ist kein Selbstzweck, sondern ab dem Zeitpunkt, ab dem die SPD immer mehr gegen die Interessen von Oberhausen gehandelt hat, mussten wir klare Stoppzeichen setzen. Mit einer Konfrontation bei Inhalten, mit einer klaren Haltung, welchen Weg wir falsch finden, wird für den Wähler die Alternative klarer.
Im Rat hat die CDU in den vergangenen Jahren erstaunlicherweise oft mit den Linken gestimmt. Ist das hier eine Schwarze-Socke-Rote-Socke-Allianz?
Hausmann: Nein, wir haben keine Ahnung, welche Richtung die Linken verfolgen. Wir jedenfalls wollen als CDU regieren und nicht in der Opposition verbleiben wie die Linken. Wir haben die Verantwortung, ein Programm zu entwickeln, das realistisch umsetzbar ist. Davon sind die Linken ganz weit entfernt.
Stimmung in der Bevölkerung hat sich gewandelt
Selbst wenn Ihre CDU diesmal ein paar Prozent zulegen sollte (2009: 30 Prozent), dann fehlt Ihnen etwas Entscheidendes zur Macht: Ein Koalitionspartner. Die Linken wollen nicht, die FDP neigt zur SPD, und die Grünen koalieren sehr zufrieden seit fünf Jahren mit der SPD.
Hausmann: Ich glaube nicht, dass die Grünen so zufrieden sind. In Oberhausen bewegt sich doch einiges, wenn man etwa die Gründung des Bürgerbündnisses BOB sieht. In der Bevölkerung herrscht eine andere Stimmung als früher. Viele sind überzeugt, dass in Oberhausen mal durchgelüftet werden muss. Wir haben mehr Leute bei unseren Veranstaltungen mobilisiert als die SPD.
Das mag aus Ihrer Sicht so sein, aber das beantwortet die Frage nicht, wie Sie ohne Partner an die Macht kommen wollen.
Hausmann: Wir kämpfen dafür, dass es eine Mehrheit jenseits der SPD gibt. Das muss nicht unbedingt eine feste Koalitionsmehrheit sein. Damit wird dann der politische Raum so durchlüftet, dass wieder echte Sachdiskussionen stattfinden.