Oberhausen. . 1588 Oberhausener über 65 Jahren beziehen die Grundsicherung. Fast alle von ihnen erhalten zudem eine zu kleine Rente. Gewerkschaften, Verbände und Parteien fordern die Bundesregierung zum Handeln auf

In Deutschland leben fast 450.000 Bürger über 65 Jahren von der Grundsicherung. Das gab jetzt das Statistische Bundesamt bekannt. Auch in Oberhausen leiden etliche Menschen an Altersarmut. Wie die Stadt auf NRZ-Nachfrage mitteilte, beziehen zurzeit 1588 Personen die Grundsicherung, davon erhalten 1465 (92,3 Prozent) zudem eine Rente, mit der sie nicht alleine auskommen.

„Die Situation ist dramatisch, doch wenn wir jetzt nicht einschreiten, wird das Problem explodieren“, sagt Verdi-Geschäftsführerin Henrike Greven. Derzeit seien vor allem Witwen betroffen, die jahrelang Hausfrauen waren oder nur in Teilzeit gearbeitet haben. Der Anteil der betroffenen Männer werde aber künftig steigen, da viele Beschäftigte inzwischen im Niedriglohnsektor arbeiten würden und oft nur Zeitverträge bekämen. Auch Betriebspraktika und Leiharbeit würden in die Altersarmut führen, ergänzt DGB-Chef Thomas Schicktanz. „Die Politik muss gegensteuern.“

Beide Gewerkschafter sind sich einig, dass ein Mindestlohn ein erster wichtiger Lösungsschritt sei. Schicktanz: „Wir brauchen aber noch viele weitere Maßnahmen und vernünftige Lohnrunden. Noch sind wir sehr weit von einer Lösung entfernt.“ Man müsse wieder dahin kommen, fordert Greven, dass die Rente 80 Prozent des letzten Nettolohns betrage – heute sei sie oft bei gerade einmal 40 Prozent.

Noch weiter geht die hiesige Awo in ihren Forderungen. „Das gesamte Sozialsystem muss auf den Prüfstand. Wir brauchen ein solidarisches System, in das jeder einzahlt“, ob Malocher, Beamter oder Freiberufler, sagt der Geschäftsführer Jochen Kamps.

Gesetze ändern

Dass die Bundesregierung reagieren müsse, findet auch Bernd Reinemann von den SPD-Senioren (AG 60 plus). „Es ist eine Schande, dass jemand sein ganzes Leben lang gearbeitet hat und dann betteln muss.“ Er sehe jedoch nicht, dass sich die abzeichnende Große Koalition der Altersarmut wirksam annehme. Als Juniorpartner könne seine Partei nicht viel Einfluss nehmen, aber die SPD-Senioren werden „immer wieder den Finger in die Wunde legen“, bis sich etwas verbessere.

Auch CDU-Ratsfrau Marita Wolter vom Seniorenbeirat hält Armut im Alter für ein großes Problem, das Oberhausen längst erreicht hat und zukünftig noch schlimmer werde. Zwar gebe es drängendere kommunale Themen, doch über die Landespartei werde man die Bundesebene zum Handeln bewegen.

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Der Sozialverband VdK begrüßt, dass beide großen Parteien das Rentensystem reformieren wollen. „Die Vorschläge sind ehrenwert, aber alle nur Stückwert“, sagt NRW-Geschäftsführer Thomas Zander. Die Agenda 2010 müsse überdacht werden, doch sowohl die Mütterrente (CDU) als auch die Mindestrente (SPD) würden zu kurz greifen. Letztere, weil von ihr Menschen, die weniger als 40 Jahre gearbeitet haben – beim heutigen Arbeitsmarkt ein Großteil – nichts davon hätten. Der VdK fordert daher die Rückkehr zur Rente nach Mindesteinkommen, die Kleinstrenten im Niedriglohnsektor verhindere. Das würde die Rentenbeiträge zwar erhöhen, „aber das ist besser als die riesige Armutswelle, die auf uns zurollt.“