Oberhausen. Der Oberhausener Haushalt muss nach wie vor saniert werden. Um Papier- und Kopierkosten einzusparen, überlegt die Stadtkanzlei die Ratsmitglieder der Stadt mit Tablets auszustatten. Neben den knapp 150.000 Euro, die so gespart werden könnten, böte eine solche Umstellung viele weitere Vorteile.
Rats- und Ausschussmitglieder, die in den Sitzungen einen Papierberg vor sich liegen haben, in dem eifrig geblättert wird – dieses Bild könnte in der nächsten Legislaturperiode der Vergangenheit angehören. Und durch ein anderes ersetzt werden: Politiker, die einen Tablet-Computer bedienen.
Politiker, die sich die Informationen der Stadtverwaltung mit einem Wisch übers Display holen? Ob das funktioniert, an welche Grenzen die Technik stößt und ob das Papier tatsächlich im kommunalpolitischen Betrieb abgeschafft werden kann, testet derzeit eine fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe.
Teure Drucksachen für die Politik
Das Pilotprojekt hat einen finanziellen Hintergrund. Um den schuldenbelasteten Oberhausener Haushalt zu sanieren, hatte die Stadtkanzlei vorgeschlagen, künftig weitestgehend auf Papier in der Kommunalpolitik zu verzichten und alle 62 Ratsmitglieder mit einem Tablet-PC auszustatten.
Denn die amtlichen Drucksachen – Beschluss- und Berichtsvorlagen sowie Anträge der Fraktionen – sind teuer. Sie schlagen im kommunalen Haushalt mit rund 234.000 Euro pro Jahr zu Buche, erklärt Magnus Dellwig, Mitarbeiter der Stadtkanzlei. „Mehr als die Hälfte der Summe muss für die Drucksachen der Mandatsträger aufgewendet werden“, sagt Dellwig und nennt ein geschätztes Einsparpotenzial von rund 150.000 Euro, wenn alle Stadtparlaments-Mitglieder künftig Tablets nutzen. Dem gegenüber stünden geschätzte Kosten von rund 30.000 Euro pro Jahr für Anschaffung und Nutzung der modernen Geräte.
Doch die Ratspolitiker wollten erst ausprobieren, ob die technische Aufrüstung sinnvoll ist. Unter Federführung der Stadtkanzlei und mit dem Technik-Partner OGM probt die fünfköpfige Arbeitsgruppe bis Mai 2014 den Einsatz der flachen Computer. Anne Janßen (SPD), Hans-Jürgen Nagels (CDU), Regina Boos (FDP), Sandra Gödderz (Grüne) und Yusuf Karacelik (Linke) werden in den nächsten Sitzungen damit arbeiten und am Ende eine Empfehlung aussprechen.
Nicht nur finanzielle Vorteile
Die fünf Kommunalpolitiker sind mit einem Tablet-PC ausgestattet worden, das kostet 41 Euro im Monat (Gerät und UMTS-Karte). „Nach den Sitzungen setzen wir uns zusammen“, sagt Dellwig: Was funktioniert nicht so gut, wo kann der technische Service verbessert werden, sind Fragen bei der Manöverkritik. Die Nutzung der Technik könne nach der Testphase nicht für jedes Ratsmitglied verbindlich festgelegt werden. „Aber je mehr sich beteiligen, umso wirtschaftlicher ist das“, sagt Dellwig.
Stadtkanzlei-Mitarbeiter Magnus Dellwig sieht in der Nutzung der neuen Technik nicht nur finanzielle Vorteile: „Mal abgesehen davon, dass die Politiker nicht mehr so viel Papier schleppen müssen: Ich kann nicht nur aktuelle Drucksachen laden, sondern auch Archivmaterial und andere Informationen.“
„Man verliert schnell den Überblick“
So habe die Stadtkanzlei eine Liste mit kostenlosen Apps zu Recherchezwecken zusammengestellt. Kostenpflichtige Apps müssten die Mandatsträger allerdings selbst bezahlen.
„Ich befürworte grundsätzlich den Einsatz der Tablet-Computer sehr“, sagt Regina Boos (FDP), Teilnehmerin am Pilotprojekt. Der Versuch sei dazu da, die Grenzen festzustellen. Die seien zum Beispiel bei sehr umfangreichen Unterlagen, Stichwort Haushaltsplanungen, erreicht. Da das Tablet-Display nur einen kleinen Ausschnitt anzeige, „verliert man schnell den Überblick“.
„Ich habe keine Lust, Papierberge zu bewältigen“, sagt Hans-Jürgen Nagels (CDU). Der 68-jährige Ratsherr findet es „mittelalterlich“, dass die Kommunalpolitik immer noch nicht digital arbeitet. Dann müsse aber auch das internetgestützte Bürger- und Ratsinfosystem Allris professionell gewartet und genutzt werden und alle Funktionen (wie Notizenablage) müssten eingestellt sein.