Oberhausen. Die Landesregierung will das Problem der „Elterntaxis“ eindämmen. Oberhausener Experten halten das NRW-Projekt „Verkehrszähmer“ jedoch für pädagogisch fragwürdig.
Zugestellte Fußwege, in zweiter Reihe parkende Autos und i-Dötzchen, die durch diese Blechberge hindurch müssen: An vielen Schulen in Oberhausen wird es nach den Sommerferien wieder Tag für Tag chaotische Zustände geben, weil immer mehr Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen. „Verkehrsregeln spielen dann keine Rolle mehr“, so Dieter Elsenrath-Junghans, Vorsitzender der Oberhausener Verkehrswacht. Mit einem neuen Projekt will die rot-grüne Landesregierung das Problem mit den sogenannten „Elterntaxis“ in den Griff bekommen. „Ich halte den Ansatz jedoch für pädagogisch fragwürdig“, lehnt Elsenrath-Junghans das Projekt „Verkehrszähmer“ ab.
Verwarnungen und Bußgelder
Dessen Grundidee lautet, dass es für jeden selbst gelaufenen Hin- oder Rückweg zur Schule einen Zauberstern für den jeweiligen Schüler gibt. Kinder, die von den Eltern gebracht werden, gehen hingegen leer aus. „Dadurch werden die Kinder aufgefordert, ihre Eltern zu denunzieren“, so der ehemalige Schulleiter Elsenrath-Junghans. „Dass die Kleinen das vor der gesamten Schulklasse von mehr als 20 Kindern und dem Lehrer machen müssen, ist aus meiner Sicht nicht richtig.“ Hat eine Klasse mehr Sterne als andere eingesammelt, gibt es eine Belohnung – etwa eine verlängerte Pause.
Weniger Kinder bei Unfällen verletzt
Im ersten Halbjahr 2013 sind in Oberhausen weniger Kinder bei einem Verkehrsunfall verletzt worden als im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres. „Zwischen Januar und Juli wurden 27 Kinder verletzt. 2012 waren es dagegen 33“, so Polizeisprecher Tom Litges.
Auch die Zahl der schwerverletzten Kinder war rückläufig. Wurden in den ersten sechs Monaten im vergangenen Jahr noch neun Kinder schwer verletzt, sind es 2013 bislang vier. „Auf dem Schulweg wurden 2012 fünf Kinder verletzt“, so Litges. „2013 waren es von Januar bis Juli vier.“
„Es sollte alles getan werden, dass Kinder sicher zur Schule kommen.“ Einen Ansatz sieht er in einem Wochenprojekt an Schulen. „Das wäre eine Idee, drei oder vier Tage lang einen Schwerpunkt auf die Verkehrssicherheit zu legen und dazu auch die Eltern einzuladen.“ Zudem gebe es in Oberhausen bereits das Projekt „Sicher zur Schule“. Die Verkehrswacht verteilt, mit Hilfe von Sponsoren, an alle i-Dötzchen Schulweghefte und einen dazugehörigen Ratgeber für Eltern.
Mehr Halteverbotsschilder gewünscht
„Das Neue an dem Heft ist, dass die Übungen auf den Defiziten aufbauen, die Kinder in diesem Alter haben“, sagt Elsenrath-Junghans. „Eine gute Motorik ist aber wichtig zur Bewältigung des Straßenverkehrs.“
Auch die Polizei sei gefragt, um des Chaos Herr zu werden. „Es muss regelmäßige Kontrollen an Schulen geben und im Zweifelsfall dann auch Verwarnungen und Bußgelder, wenn Eltern Fußwege zuparken.“ Zudem wünscht sich Elsenrath-Junghans mehr Halteverbotsschilder.
Elterntaxis werden mit Sorge betrachtet
Die Oberhausener Polizei weiß um die Situation an den Grundschulen. „Immer wieder werden Fuß- und Fahrradwege zugestellt“, sagt Georg Bartel, Leiter der Direktion Gefahrenabwehr. Im neuen Schuljahr werden darum immer wieder Kontrollen stattfinden. „Die Bezirksbeamten werden vor Ort auch das Gespräch suchen.“ Die Polizei appelliert an die Eltern, ihre Kinder nicht mit dem Auto zur Schule zu bringen. „Wir wollen den Eltern die Angst nehmen, dass ihre Kinder auf dem Weg zur Schule verunglücken“, so Bartel.
Cornelia Schiemanowski, Lehrerin und Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Oberhausen, sieht das Thema Elterntaxis ebenfalls mit Sorge. „Durch den unnötigen Verkehr, der täglich vor allem an Grundschulen zu sehen ist, entstehen schließlich auch Unfallgefahren.“ Ihrer Meinung nach sollten Kinder lernen, grundsätzlich zur Schule zu laufen. „So werden die Kleinen selbstständiger und verbringen schon auf dem Schulweg etwas Zeit mit ihren Freunden.“ Schiemanowski kann zwar nachvollziehen, dass einige Eltern aus Zeitnot oder Angst um die Sicherheit ihre Kinder zur Schule fahren. „Aber damit unterstützen sie ihre Kinder nicht.“
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