Oberhausen. Jeder zehnte Arbeitnehmer übt zusätzlich einen Mini-Job aus, um sein Einkommen aufzubessern. Gewerkschaft kritisiert mickrige Gehälter und fordert den gesetzlichen Mindestlohn.
Jeder zehnte Arbeitnehmer in Oberhausen bessert sein Einkommen durch einen zusätzlichen Mini-Job auf. Dies teilt die Agentur für Arbeit auf Nachfrage mit. Hatten im Dezember 2003 lediglich sechs Prozent (3568) der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten einen Zweitjob, so waren es Ende vergangenen Jahres zehneinhalb Prozent (6470) – und damit so viele wie nie zuvor. Über die Ursachen für diese Entwicklung sind sich Arbeitsagentur und Gewerkschaften uneins.
Kontroverse um die Ursachen
„Es gibt ganz verschiedene Gründe, warum jemand nebenbei noch arbeiten geht“, sagt etwa Heike Börries, Sprecherin der Agentur für Arbeit. „Es steckt nicht immer ein Zwang dahinter.“ So würden sich Arbeitnehmer auch für einen Mini-Job entscheiden, um weitere Kompetenzen zeigen zu können oder sich ein kleines Zubrot zu verdienen.
Für Günter Wolf leitet sich die Entwicklung hingegen im Wesentlichen aus finanziellen Problemen ab. „Die meisten Betroffenen kommen anders nicht über die Runden“, ist der stellvertretende Geschäftsführer im Verdi-Bezirk Mülheim-Oberhausen überzeugt.
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Flächendeckender Mindestlohn gefordert
„Dass sich Leute auf diesem Weg Geld für den nächsten Südsee-Urlaub verdienen, kommt sicher nur in Einzelfällen vor.“ In der Regel gehe es bei den zusätzlichen Nebentätigkeiten vielmehr darum, das Geld für Miete, Strom, Sprit oder die Ausbildungskosten der Kinder reinzuholen, so Wolf.
Die Personalpolitik vieler Unternehmen kritisiert er aufs Schärfste: Sie kalkulierten ihre Löhne bewusst so niedrig, dass die Angestellten gezwungen seien, einen zusätzlichen Nebenjob anzunehmen oder als sogenannte Aufstocker noch finanzielle Hilfe beim Job-Center zu beantragen. „Wir brauchen daher unbedingt den flächendeckenden Mindestlohn, um diese Auswüchse am Arbeitsmarkt einzudämmen“, fordert er.
Mini-Jobs anstelle regulärer Jobs
Nach Angaben Wolfs gibt es die meisten Mini-Jobs derzeit in der Dienstleistungsbranche – vor allem in der Gastronomie, im Groß- und Einzelhandel sowie im Reinigungsgewerbe. Hintergrund ist oft, dass Betriebe aus Kostengründen sozialversicherungspflichtige Voll- und Teilzeitjobs in Minijobs oder Stellen für Leiharbeiter umwandeln.
„Mir sind Einzelhandels-Filialen bekannt, in denen die ganze Belegschaft aus Mini-Jobbern besteht“, so Wolf. Aber es gebe beispielsweise auch Arztpraxen, die Arzthelferinnen auf 450-Euro-Basis einstellen.