Oberhausen. Heute vor 40 Jahren begann Peter Pfeil seine Lehre in einer Oberhausener Schreinerei - trotz Lernbehinderung. Er arbeitet noch immer im selben Betrieb.

Jemand schraubt ein Regal zusammen, nebenan dröhnt die Kreissäge und im ganzen Raum riecht es nach Sägespänen: „Herrlich, oder?“ fragt Peter Pfeil und grinst. Heute seit genau 40 Jahren arbeitet der 54-Jährige im selben Unternehmen.

Dabei war damals nicht abzusehen, ob er überhaupt einen Arbeitsplatz bekommen würde: „Ich war Sonderschüler“, erklärt Pfeil. Seine Geburt war nicht reibungslos verlaufen, wegen geklemmter Nerven sieht und hört er schlechter und als Kind war er grundsätzlich langsamer als Gleichaltrige. „Das hat den Chef aber nie gestört“, sagt Pfeil.

Ohne klassische Bewerbung

„Schreiner war immer mein Traum“, erzählt Pfeil. Seinem Großvater, der Tischler war, habe er „alles mit den Augen gestohlen“ und dabei viel gelernt. Eine Praktikumsstelle habe er während der Schulzeit anfangs jedoch nicht gefunden: „Dann sind ein Freund ich ich einfach mal hier rüber gegangen und haben uns vorgestellt“, sagt Pfeil. Dem Chef hätten seine Spontanität und Engagement gefallen und einige Jahre später sei „nach ein paar Schnäpsken“ auch der Lehrvertrag besiegelt gewesen. „Das ging damals alles noch ohne klassische Bewerbung“, sagt Pfeil.

Mit 14 Jahren fing für Peter Pfeil ein neues Leben an: „Von der Sonderschule zur Berufsschule, das war schon eine Herausforderung“, sagt Pfeil. Zwar habe er sich immer bemüht, aber „gehapert hat es irgendwie überall. Wenn man etwas langsamer im Denken ist, hat man natürlich Probleme.“ Den Gesellenbrief habe er nicht bestanden: „Ich wollte es dann noch mal probieren. Aber der Chef hat gesagt, ich soll’s bleiben lassen, er übernimmt mich auch so“ – und er hat sein Wort gehalten. Der Chef hat inzwischen mehrfach gewechselt, doch Pfeil ist noch immer dabei: „Ich arbeite noch immer sehr gerne“, erzählt Pfeil. Gefertigt wird in der Schreinerei, was die Kunden bestellen – vor allem Möbel und Inneneinrichtungen für Geschäfte. „Es ist sehr abwechslungsreich und es macht mir noch immer großen Spaß.“

Man lernt auch nach 40 Jahren noch dazu

Dass er keinen Gesellenbrief hat, bereite ihm inzwischen keine Sorgen mehr: „Was ist schon ein Stück Papier gegen langjährige Erfahrung?“, sagt Pfeil: „Was ich kann, kann ich“ – zudem lerne er auch nach 40 Jahren im Betrieb immer noch etwas dazu. „Ich bin schon immer mit Begeisterung an alles drangegangen“, sagt Pfeil. Während der Lehre habe er den Mitschülern gegenüber seine Probleme geheim gehalten, heute stehe er dazu. Er ist überzeugt: „Man hat keinen Grund Sonderschüler auszulachen. Jeder hat eine Chance verdient.“

LVR zahlt Einstellungs- oder Ausbildungsprämien 

Der Übergang von der Schule in das Berufsleben ist besonders für Jugendliche mit Behinderung eine große Herausforderung. „Sie wünschen sich aber ebenso wie nicht behinderte junge Menschen nach der Schulzeit eine Ausbildung oder einen Arbeitsplatz“, weiß Karin Fankhaenel, Leiterin des Integrationsamtes des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR). Allerdings werde es für Menschen mit Behinderung zunehmend schwieriger, Zugang zum „allgemeinen Arbeitsmarkt“ zu finden, weil die Anforderungen an die Auszubildenden immer weiter steigen.

„Im Kampf um knappe Ausbildungs- und Arbeitsplätze haben junge Menschen mit Behinderung ein zusätzliches Handicap.“ Bedauernswerterweise führe der Weg vieler Schüler, insbesondere für diejenigen mit geistiger Behinderung, noch immer automatisch in die Werkstatt für behinderte Menschen. „Es lohnt sich aber, Menschen mit Behinderung eine Chance zu geben.“

Finanzierung aus Mitteln der Ausgleichsabgabe

Das LVR-Integrationsamt unterstützt Arbeitgeber und schwerbehinderte Menschen durch finanzielle Leistungen, um die Chancen auf eine betriebliche Integration zu verbessern. So zahlt der LVR zur Einstellung schwerbehinderter Jugendlicher beispielsweise Einstellungs- oder Ausbildungsprämien, es können Lohnkostenzuschüsse beantragt werden oder Zuschüsse für personelle Unterstützung oder behindertengerechte Ausstattung von Arbeitsplätzen.

Der LVR finanziert diese Unterstützung schwerbehinderter Menschen im Berufsleben aus Mitteln der Ausgleichsabgabe. Diese Abgabe müssen Arbeitgeber zahlen, die ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nicht nachkommen.