Oberhausen. Mit Tolle, Tattoos, Contrabass und Lederjacke lassen die Anhänger der Rockabilly-Szene die Musik der50er-Jahre wieder aufleben. Einer der wichtigsten Oberhausener Vertreter ist die Band „Jailbirds“

Tolle, Lederjacke, Tattoos. Rock’n’Roll und Rockabilly im Stil der 50er Jahre sind immer noch angesagt. Sie locken zwar nicht mehr Millionen kreischende Teenager an, doch haben sie eine kleine, leidenschaftliche Anhängerschaft. Oberhausen ist - mit dem im Druckluft angesiedelten Club „West Side Rock’n’Roll“ und den dort regelmäßig stattfindenden Konzerten - ein wichtiger Ort auf der Rocker-Landkarte, auch wenn sich die „goldenen Zeiten“ des Oberhausener Rockabilly in den späten 80ern abspielten.

Mit dem legendären Schlosskeller gab es eine Szenekneipe, die jedes Wochenende Leute aus ganz Deutschland und darüber hinaus an die Nohlstraße gelockt hat, erinnert sich Thorsten „Totti“ Mellis. Er ist einer der Hauptverantwortlichen für die Rockabilly-Veranstaltungen im Druckluft. Der Schlosskeller musste in den 90ern seine Pforten schließen, doch wird die hiesige Szene noch immer von Enthusiasten am Leben gehalten. Ein solcher ist Thorsten Mellis. Der Hobby-Musiker ist selbst in einigen Bands aktiv und unterstützt lokale Gruppen, wie die Schmachtendorfer „Creeping Haze“ mit seinen Kontakten. Da sich mit Rock’n’Roll „heute leider nichts mehr verdienen lässt“ ist das Organisieren von Konzerten und Veranstaltungen für ihn reine Leidenschaft.

Durch Kontake für volles Haus gesorgt

Trotz finanzieller Schwierigkeiten schaffen es Mellis und seine Mitstreiter durch Kontakte und persönliches Engagement regelmäßig für ein volles Haus zu sorgen und auch größere Konzerte zu organisieren. Diese haben dem Druckluft internationales Ansehen eingebracht. Im Gegensatz zu anderen Musikrichtungen kann sich der Rockabilly nicht auf Werbegelder von Plattenfirmen verlassen, weshalb Werbung und Konzerte selbst finanziert werden müssen. „Lele Lugosi“ von der lokalen Band „The Jailbirds“ sieht hier einen der Gründe, weshalb die Szene weniger Zulauf hat als andere. „Ein Heavy-Metal-Festival wird auf Litfaßsäulen beworben. Als Neueinsteiger im Rockabilly muss man dagegen aktiv suchen.“ Als verschlossen möchte er die Szene aber nicht bezeichnen, „ganz im Gegenteil.“

Mit den Briten Matchbox, die als Mitbegründer des Rockabilly-Revivals der späten 70er gelten, landete man im Druckluft im letzten Jahr einen Volltreffer. Leute, die teilweise sogar aus England angereist waren, mussten draußen bleiben, da die Halle restlos ausverkauft war. Die Beliebtheit des Rockabilly im Ruhrgebiet sieht Lele Lugosi in der Bodenständigkeit der Region. „Es ist hier immer noch viel von der Malocher-Atmosphäre vorhanden, die nun mal bodenständige Musik bevorzugt.“

Kontakte ergeben sich und die meisten engagieren sich für ihre Lieblingsmusik

Doch wie kann man sich eine Szene vorstellen, die seit 60 Jahren besteht? Es ist eine vielseitige aber kleine Gruppe von Enthusiasten. Kontakte ergeben sich schnell und die meisten engagieren sich auch aktiv für ihre Lieblingsmusik. „Leute, die nur passive Konzertbesucher sind, gibt es wenige“, so Mellis, der auch für die Reportage „Ruhrpott Rockabilly“ (2009 im Kino) für die Filmemacher Ansprechpartner und Kontaktvermittler war.

Wie er sind viele selbst Musiker oder als DJs und Veranstalter aktiv. „Wir haben alles vom 15-Jährigen bis zum Senioren, vom Langzeitarbeitslosen bis zum Unternehmer“ erklärt Mellis. Die jungen Rebellen von damals sind heute noch immer Teil der Familie, die um immer neue Generationen von Rock’n’Rollern ergänzt wird. Marvell Storm von den Jailbirds fügt hinzu, dass sich die Szene durch den Nachwuchs „immer wieder erneuern konnte.“