Oberhausen. . Der Rock-Schuppen „Helvete“ in der City veranstaltet regelmäßig Motto-Partys, so auch eine Schaum-Sause. Ein Selbstversuch räumt Vorurteile aus und macht Lust auf einen zweiten Besuch.

Die Frage des jungen Metal-Freundes sollte der Running-Gag des Freitagabends im Oberhausener Rock-Schuppen „Helvete“ werden: „Ey, hast du meinen Patronengurt gefunden?“ Irgendwo müssen ihm die Hülsen im weißen Schaum verloren gegangen sein. Patronen? Schaum?

Patronen

Das klären wir sofort auf: Denn die Clubbesucher wollen nur feiern und nicht schießen. Die verschwundenen Patronen kommen wohl eher aus dem Deko-Laden als aus der Asservatenkammer. Einiges wurde in der Vergangenheit über das Helvete geschrieben, die Gerüchteküche um rechtsextreme Musik die hier, mitten in der City, angeblich gespielt werde, brodelte. Doch offenbar waren nur der schwarze Anstrich und die manchmal doch sehr harten Metal-Klänge manchem nicht geheuer. Denn von einer derartigen Gesinnung ist hier nichts zu spüren. Weder die Liedtexte, die Besucher im großen Eingangsbereich bei Bier und lockeren Gesprächen als Hintergrundgeplänkel hören, noch die Aufmachung der 2,5 Etagen lassen eine solche Vermutung zu.

Schaum

Wo gemeinhin Düster-Look herrscht, türmt sich weißer Schaum auf der Tanzfläche im Keller des Clubs, solange bis die „Hardrocker“ bis in die langen Haupthaarspitzen windelweich gespült sind, als habe man sich zum Bade im Kreis der Familie getroffen. Das verleitet natürlich auch leichthin dazu, sich seiner klatschnassen Kleidung zu entledigen. Einmal nicht hingeschaut, schon präsentiert der Tanznachbar statt dem neuen Bandshirt stolz seinen nackten Oberkörper, mal mit mal ohne kleinem Bierbäuchlein. Was jedoch nicht nur an der feuchten Lawine liegen mag. Den Fotos vergangener Partys nach zu urteilen, landet alles oberhalb des Patronengürtels ganz gerne Mal auf der Tanzfläche. Auch die Mädels lassen es sich an diesem Abend nicht nehmen, die neueste Bademode zu präsentieren. Im Bikini springen sie durch die weiße Masse, suchen jedoch dann ganz schnell das Trockene, denn Schminke und Schaum vertragen sich nicht so gut.

Stimmung

Die Stimmung könnte nicht besser sein: Harte Metal-Fans liegen sich in den fluffig-schaumigen Armen, irgendwer hat einen Rundtisch zum Surfbrett auserkoren und nacheinander glitschen aalglatte Körper darüber. Man taucht launig in den Schaum wie sonst bei Konzerten in die Menge. Auch ein großer Kerl im Känguru-Kostüm lugt hin und wieder zwischen den Schaumkronen hervor. Dazu rockt’s und popt’s rein musikalisch von „Let’s do the twist“ bis „99 Luftballons“. Zur „normalen“ Freitagnacht ist der Klangmix allerdings gitarrenlastiger. Den eingefleischten Metal-Fan scheint das an diesem Abend jedoch herzlich wenig zu kümmern, dann wird das lange Haar eben zum „Time Warp“ vor, zurück oder auch mal im Kreis hoch und runter geworfen.

Publikum

Oben im rot-schwarz gehaltenen Kneipenbereich, wohin sich langsam eine Schaumspur zieht, genehmigen sich Leute zwischen Zwanzig- und Dreißig irgendwas, gern mal ein Bier zum Gitarrensolo, spielen an den zwei Billardtischen oder hängen eine Ebene höher in shabby-schicken Sofas ab. Geschmeidig. Obwohl in der Überzahl, ist das Helvete nicht nur was für harte Kerle. Auch die Mädels mit und ohne Bikini bewegen sich zu den mal mehr mal weniger harten Klängen, schieben eine ruhige Kugel mit dem Kö und kippen Bier wie die männliche Riege. Außen vor steht hier niemand.

Fazit

Wer hätte das gedacht? Im Oberhausener Nachtleben tummeln sich nicht nur die üblichen Verdächtigen. Auch das Helvete, ganz versteckt an der Friedrich-Karl-Straße, ist einen Besuch wert. Wer sich nicht gerade im Metal-Genre heimisch fühlt, kann trotzdem einen angenehmen Abend verbringen. Denn nicht nur Tanzen zu Iron Maiden, Mötley Crüe und Co. steht hier auf dem Plan, auch das gemütliche Abhängen mit der Clique in liebevoll-düster gestalteter Umgebung gehört zum favorisierten Treiben.