Oberhausen. Die Einschulung ist ein Einschnitt, aber auch eine Art Statusgewinn für Kinder, sagt der Schulpsychologe Dr. Karl Landscheidt im Interview. Plötzlich gehören sie zu den Großen

Die Einschulung ist zweifellos ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zum Erwachsensein. Da wollen Eltern im Vorfeld natürlich nichts falsch machen. Doch wie bereiten sie ihr Kind auf dieses Ereignis richtig vor? Und welche Fehler gilt es zu vermeiden? Mitarbeiter Marc Wiegand sprach mit dem Psychologen Dr. Karl Landscheidt von der regionalen Schulberatung der Stadt Oberhausen über die unbändige Vorfreude, mögliche Kardinalfehler und die gebotene Gelassenheit.

Herr Dr. Landscheidt, was bedeutet die Einschulung für ein Kind?

Dr. Karl Landscheidt: Es ist ein Einschnitt, keine Frage. Während der Kindergarten ein leistungsfreier Raum ist, ist die Schule ein Ort, an dem man Leistung erbringen muss. Dort gilt es, Fähigkeiten zu erwerben, und das ist mitunter anstrengend. Die Kinder müssen da auch Dinge tun, zu denen sie keine Lust haben.

Also eine gravierende Umstellung für einen jungen Menschen?

Dr. Langenscheidt: Durchaus. Aber man muss ganz klar sagen, dass sich die allermeisten Kinder auf diese Umstellung freuen. Sie fiebern diesem neuen, spannenden Lebensabschnitt richtig entgegen und können es kaum erwarten, dass die Schulglocke anfängt zu läuten. Die Einschulung ist ja auch eine Art Statusgewinn. Plötzlich gehören sie zu den Großen, zu den Schulkindern.

Ist die Sache demnach eine Art Selbstläufer?

Dr. Langenscheidt: Es ist immer wieder bemerkenswert, wie schnell sich Kinder an eine neue Situation gewöhnen. Auch wenn sie vorher vielleicht aufgeregt sind, legt sich das meist innerhalb von wenigen Tagen. Die Schulen geben sich auch große Mühe, den Übergang einfacher zu gestalten. Oft besucht die Klassenlehrerin ihre späteren Erstklässler schon mal vorab im Kindergarten.

Also können sich Eltern eigentlich entspannt zurücklehnen.

Dr. Langenscheidt: Ich rate in jedem Fall zu einer großen Portion Gelassenheit. Selbst wenn man mal vom „Ernst des Lebens“ spricht, trübt das nicht die große Vorfreude – solange das nicht jeden Tag aufgetischt wird.

Welche Tipps haben sie noch?

Dr. Langenscheidt: Eltern sollten sich weiter um das Kind kümmern, denn erwachsen ist es durch die Einschulung noch nicht. Den Aktionsradius überwachen, die Hausaufgaben überprüfen: Um solche Dinge geht es. Wenn man selbst schlechte Erfahrungen mit Lehrern gemacht hat, sollte man das ausblenden und nicht dauernd erwähnen. Sonst baut das Kind eine negative Grundhaltung gegenüber der Schule auf.

Gibt es denn regelrechte Kardinalsfehler?

Dr. Langenscheidt: Wenn ein Kind sich ständig verweigert und wenn Eltern diese Aufsässigkeit durchgehen lassen, dann wird es problematisch.

Ein Beispiel?

Dr. Langenscheidt: Das Kind soll nach dem Essen mithelfen, den Tisch abzuräumen, geht aber direkt zum Spielen. Weil die Eltern einer langen Diskussion aus dem Weg gehen wollen, machen sie die ganze Arbeit selbst. Das ist der falsche Weg. So wird es früher oder später auch Konflikte in der Schule geben.

Und was können die Eltern denn dann­ tun, wenn es in der Schule Ärger gibt?

Dr. Langenscheidt: Ich rate dazu, unbedingt den Klassenlehrer mit ins Boot zu nehmen und den Schulterschluss zu üben. Gemeinsam lassen sich solche Probleme viel leichter lösen. Das gilt übrigens auch für Konflikte mit Mitschülern.

Die Kinder sollen petzen?

Dr. Langenscheidt: Natürlich nicht bei jeder Kleinigkeit. Wenn es aber zu Handgreiflichkeiten kommt, dann darf man auch den Lehrer um Hilfe bitten. Dies sollte man seinem Kind durchaus vermitteln.