Oberhausen. .

Nicht erst seit Bekanntwerden der Missbrauchsfälle im Jahr 2010 sind katholische Christen mit ihrer Kirche unzufrieden. „Die Probleme sitzen sehr viel tiefer und müssen zu Wort gebracht werden“, sagt Stadtdechant Peter Fabritz. Die größte Strukturreform der katholischen Kirche ab 2005, die es im Bistum Essen jemals gab, sei weitgehend nicht aufgearbeitet worden. Fabritz: „Die Gläubigen hatten keinen Ort, wo sie ihre Enttäuschung unterbringen konnten.“

Der „Wut ein Forum zu geben“, sagt Reinhard Messing, Vorstandsmitglied im Katholikenrat, sei denn auch ein Ziel der ersten großen Dialog-Veranstaltung gewesen, bei der der im vergangenen Jahr 200 Teilnehmer die Möglichkeit nutzten, Kritik loszuwerden.

Als Haupt-Probleme kristallisierten sich heraus: mangelnde Transparenz und Glaubwürdigkeit, zweifelhafte Sexualmoral, das Festhalten am Zölibat, unangemessener Umgang mit wiederverheirateten Paaren, Kritik an der Rolle der Frau. Kritikpunkte, die sich nach Ansicht von Katholikenrat und Stadtkonferenz wohl kaum auf Stadtebene lösen lassen.

Referenten sorgen für theologische Impulse

Zugleich aber auch Themen, die es verdienten, fernab von Stammtischdiskussionen besprochen zu werden. „Deshalb haben wir beschlossen, jedes Jahr eins dieser Themen von einem Referenten beleuchten zu lassen, der uns einen theologischen Impuls geben kann“, sagt Messing.

Sehr wohl für eine Vor-Ort-Diskussion geeignet seien die Themen Mitgestaltung von Laien, Glaube in lebendiger Gemeinschaft, Ökumene, Kirche mit weniger Priestern und Gottesdiensten, Kinder- und Jugendarbeit. Sie sollen so erörtert werden, dass alle Mitglieder aller Gemeinden eine Chance haben, sich einzubringen.

Aufbruch des kirchlichen Lebens 

„Es geht darum, eine neue Dialogstruktur zu etablieren, die es ermöglicht, dass Christen ins Gespräch kommen“, sagt Messing. „Den Glauben gestalten – das ist eine Kultur, die viele von uns nicht gelernt haben, selbst das Ruder in die Hand zu nehmen.“

Für Stadtdechant Fabritz geht es um kein geringeres Ziel als „den Aufbruch des kirchlichen Lebens“. Weil der nicht von heute auf morgen zu schaffen ist, geben sich die engagierten Katholiken in unserer Stadt dafür mehr Zeit, als die Bischöfe für den Dialog vorsehen.

Erneuerung und Vertiefung des Glaubens

Fabritz wünscht sich eine „Erneuerung und Vertiefung des Glaubens“. Messing geht es zunächst darum, herauszufinden: „Was muss sich verändern, damit Kirche zukunftsfähig wird? Jeder muss bei sich anfangen. Es ist leicht, auf den Papst oder die Bischöfe oder die Strukturen zu schimpfen, aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir, jeder Einzelne von uns, das Kirchenvolk sind.“ Die 200 Interessierten, die zur Auftakt-Dialogveranstaltung kamen, machten Hoffnung, dass der Prozess gelingen kann.

Sie bei der Stange zu halten, ist den Gremien gelungen. Der Informationsfluss funktionierte von Katholikenrat und Stadtkonferenz über die Gemeinderäte zu den Gemeindemitgliedern. Wer es wünschte, erhielt alle Protokolle und (Zwischen-)Ergebnisse. Die nächste große Dialog-Konferenz findet am 3. Oktober statt.