Dortmund. . Reformbemühungen in der katholischen Kirche: Die deutschen Bischöfe bewegen sich beim Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Zumindest bieten sie den Rebellen einen Dialog an.

In der Katholischen Kirche keimt Hoffnung. Nach Jahren des Stillstands zeichnet sich bei den Reformbemühungen erstmals Bewegung ab. Die Forderung, wiederverheiratete Geschiedene nicht länger von der Kommunion auszuschließen, findet in der Deutschen Bischofskonferenz Gehör. Ein Einsehen des Papstes freilich erwartet niemand.

Der Druck von unten wächst. Seit Jahren predigen katholische Laien, die Ausgrenzung müsse ein Ende haben. Die Katholischen Frauen (kfd) haben beinahe 100 000 Unterschriften gesammelt. Nun sprechen auch Priester das Problem offen an.

In den Gemeinden, die das Schrumpfen ihrer Kirche hautnah erfahren, herrscht Unverständnis über die Reformverweigerung im Vatikan. Priestermangel, XXL-Gemeinden, die Geringschätzung von Frauen: All das lässt die Gläubigen mit ihrer Kirche hadern, viele verzweifeln.

Deshalb greift die Basis jedes Signal der Einsicht begehrlich auf und hofft, dass das Motto des Mannheimer Katholikentages nicht leere Worte waren: Wird die katholische Kirche aus der durch den Missbrauchsskandal noch verschärften Krise tatsächlich „einen neuen Aufbruch wagen“? Von Ungehorsam und Rebellion ist die Rede, von Revolution und Spaltung. Die Zuspitzung des Konflikts ist nicht mehr zu leugnen.

Zollitsch: "Drängende Fragen kirchlicher Glaubwürdigkeit"

Erzbischof Robert Zollitsch sucht den Dialog. Erstmals haben sich Freiburger Priester und Diakone öffentlich der Reformforderung angeschlossen und bekannt, dass sie in ihren Gemeinden Katholiken zur Kommunion zulassen, die in zweiter Ehe leben. Nach Kirchenrecht ist das untersagt.

Der Initiative sagte Zollitsch zu, die Seelsorge für wiederverheiratete Geschiedene weiterzuentwickeln – in „Einklang mit dem Evangelium und dem Kirchenrecht“. Es gehe, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, um drängende Fragen „kirchlicher Glaubwürdigkeit“.

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, unterstreicht die Dringlichkeit des Anliegens. Die große Mehrheit der deutschen Katholiken und auch der Priester fordere einen „barmherzigeren“ Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Auch die Freiburger Priester verweisen auf das Prinzip der Barmherzigkeit.

Nach Ansicht des emeritierten Kirchenrechtlers Klaus Lüdicke könnten sie noch offensiver argumentieren. „Das Urteil über die Würdigkeit zum Empfang der Kommunion steht niemand anderem zu als dem Empfänger selbst“, erklärt Lüdicke.

„Wir wollen keine Prunk- und Protzkirche“

Daher sei der Priester „nicht aus Barmherzigkeit, sondern in Erfüllung des ihm anvertrauten Dienstes“ verpflichtet, den Betreffenden die Kommunion zu spenden, schreibt der Theologe in der aktuellen „Herder Korrespondenz“. Das Kirchenrecht verweigere jenen die Kommunion, die „hartnäckig in einer offenkundigen schweren Sünde verharren“. Das treffe nicht per se auf Wiederverheiratete zu, und der die Kommunion spendende Priester könne nicht von außen beurteilen, ob der einzelne in einer „schweren Sünde“ verharre.

Dass der Papst für solche Argumente aufgeschlossen sein könnte, daran glauben jene Katholiken nicht mehr, die nach langem Kampf ihrer Kirche den Rücken gekehrt haben. „Die rückwärtsgewandte römische Kurienkirche verhindert seit mehr als 40 Jahren jede innerkirchliche Reform, eine gelebte Ökumene und einen wirklichen Dialog“, erklärt die bundesweite Initiative Ökumene 2017“.

„Wir wollen keine Prunk- und Protzkirche“, sagt der Sprecher der Initiative, Bruno Hessel. Kirche solle „einladend, statt ausgrenzend“ sein. Hessel: „Wenn die Reformen nicht von oben kommen, dann kommt der Ungehorsam von unten.“ Seine Initiative feiert auch ihren nächsten Gottesdienst als „Eucharistische Mahlfeier für alle getauften Christen“. Es werden wieder viele kommen, die in der offiziellen Kirche nicht erwünscht sind.