Oberhausen. . Wie können Seniorenheime verhindern, dass sich demente Bewohner in Gefahr begeben? Vielfach keine leichte Aufgabe

Sie sind verwirrt, wissen nicht genau wo sie sind oder was sie gerade machen wollten. An Demenz erkrankte Menschen können schnell hilflos werden und sich unbewusst in Gefahr bringen. Gerade in Seniorenheimen – rund 60 Prozent der Heimbewohner sind bereits heute an Demenz erkrankt – ist es darum eine tägliche Aufgabe, die Sicherheit der Bewohner zu gewährleisten.

„Prinzipiell darf jeder Bewohner, 24 Stunden am Tag das Haus verlassen“

„Das Wichtigste ist ein würdiger Umgang mit den Betroffenen. Die menschliche Zuwendung ist zentral“, erklärt Christian Dupke, Pflegedienstleiter im Vincenzhaus. „Das ist kein Gefängnis. Niemand darf ohne richterlichen Beschluss eingesperrt oder festgehalten werden. Prinzipiell darf jeder Bewohner 24 Stunden am Tag das Haus verlassen.“ Darum tritt Dupke auch der Vorstellung entgegen, wonach demente Heimbewohner mit Medikamenten ruhig gestellt würden, damit weniger Betreuer notwendig sind. „Ich kenne die Sorge, ich kenne die Angst. Medikamente werden in einem sehr engem Kontext und nur nach Anordnung des Arztes verabreicht. Dies geschieht nur, damit die Bewohner weiter am gemeinschaftlichen Leben teilnehmen können.“

Man solle eher auf Betreuung und die Befriedigung des Bewegungsdranges setzen. „Wir bieten viele Flächen, um dem Bewegungsbedürfnis gerecht zu werden. Dafür haben wir auch geschützte Bereiche.“ Doch damit nicht genug: „Es gibt auch technische Möglichkeiten, etwa Armbänder mit einem Sensor, der darauf hinweist, wenn ein Bewohner alleine das Haus verlässt. Das wird im Bedarfsfall in enger Absprache mit dem Betroffenen und den Angehörigen oder nach richterlicher Entscheidung genutzt.“ Udo Spiecker, Geschäftsführer der Alteneinrichtungen der Stadt Oberhausen (ASO), kann diese Ausführungen nur bestätigen. „Niemand wird gegen seinen Willen eingesperrt.“ Seiner Verantwortung sei man sich dennoch bewusst. „Wir müssen mit unseren Mitarbeitern ein Auge auf die Bewohner mit besonders großem Bewegungsdrang werfen.“ So werden etwa am Empfang Fotos der besonders aktiven Senioren hinterlegt. Auch die Technik hat Einzug gehalten. Die Mitarbeiter bekommen während der Nachtschicht eine Mitteilung auf ihr Handy, sollte jemand die Tür öffnen“, so Spiecker.

Haltestellen könnenberuhigend wirken

„Technische Möglichkeiten sind immer ambivalent zu betrachten. Schließlich leben wir nicht in einem Überwachungsstaat“ gibt Andreas Nottebohm, Einrichtungsleiter des Hauses Gottesdank, zu bedenken. Darum sei die besondere Betreuung der an Demenz erkrankten Bewohner ein wesentlicher Punkt. Damit sich die Bewohner ohne Gefahr bewegen können, gibt es einen geschützten Garten, in dem acht-förmige Wege angelegt sind. „Die gibt es deshalb, damit niemand das Gefühl hat, im Kreis zu laufen.“

Eine Besonderheit ist ein Wartehäuschen im Garten. Busse fahren diesen Stopp nicht an. „Studien haben gezeigt, dass die Haltestellen beruhigend wirken können. Demente Personen setzen sich dort hin und warten einfach auf einen Bus“, schildert Nottebohm. „Unsere Betreuer setzen sich dann dazu und reden über alle möglichen Themen mit ihnen.“

Holger Eichstaedt von der Oberhausener Heimaufsicht zeigt sich insgesamt zufrieden damit, wie die Einrichtungen vor Ort mit diesem Thema umgehen. „Hier wird stärker der Fokus auf das Thema Demenz gelegt. Auch für die Weiterbildung der Pflegekräfte wird viel getan.“

Zudem achte man auf die Eigenständigkeit der Bewohner. „Im Zweifel muss man immer abwägen, wie man die dementen Bewohnern am besten schützen kann, “, so Eichstadt. Selbstbestimmung und Sicherheit stehen sich so gegenüber. „Darüber hat ein Richter zu entscheiden. Und daran halten sich die Oberhausener Einrichtungen.“