Oberhausen.

Individuell aber nicht isoliert, ins normale Leben integriert und doch rund um die Uhr gepflegt und betreut: Eine Wohngemeinschaft bietet behinderten Menschen eine lukrative Alternative zum Leben im Heim. Dass das auch für Demenzkranke gilt, beweist seit einigen Jahren die Ambulante Kranken- und Altenpflege der Ruhrwerkstatt mit Erfolg. Ihre beiden Wohnprojekte für Menschen mit Demenz laufen so gut, dass demnächst ein drittes an den Start gehen soll.

Partner des Projekts ist Immeo Wohnen, für die es zu „einer der vornehmsten Aufgaben zählt, sich in der Schaffung sozialen Wohnraums zu engagieren“, so Walter Ziegler, der stellvertretende Vorsitzende der Geschäftsführung des Unternehmens. „Wir haben sehr positive Erfahrungen mit Wohngemeinschaften für Behinderte gemacht. Für die Zielgruppe der demenzkranken Menschen ist es allerdings unser erstes Projekt.“

Aus vier mach’ eins: Das Wohnungsunternehmen schafft durch Zusammenlegung von Wohnungen das künftige Zuhause für acht Bewohner auf über 200 Quadratmetern Fläche mit vier Balkonen, acht Einzelzimmern, einem 40 Quadratmeter großen Wohn-Essbereich mit Einbauküche, vier Bädern und einem kleinen Dienstzimmer für das Betreuungs- und Pflegepersonal der Ruhrwerkstatt.

„Tatort“ ist das Untergeschoss des Hauses an der Marienburgerstraße 8 im Knappenviertel, das zu einem integrativen Domizil umgebaut wird. Denn über der Wohngemeinschaft befinden sich nach Fertigstellung der Großraumwohnung weiterhin vier kleine Wohnungen, die von nicht behinderten Mietern bewohnt werden.

"Ambulant vor stationär"

„Ambulant vor stationär“, so Brigitte Laser-Ortmann, Bereichsleiterin für Pflege und Betreuung der Ruhrwerkstatt. „Wir möchten, dass es so häuslich wie möglich wird. Die Bewohner bringen ihre eigenen Möbel mit und jeder hat in seinem Zimmer einen eigenen Fernsehanschluss.“

Brigitte Laser-Ortmann ist sicher, dass sich die Klienten schnell einleben werden. „Sie ziehen ja auch nicht alle auf einmal ein, wir starten erst einmal mit zwei Bewohnern.“

Den Mietvertrag schließen sie mit Immeo ab, den Pflegevertrag mit der Ruhrwerkstatt. Knapp 240 Euro kostet die Miete, „alles inklusive“ so Ziegler. „Jeder wird sich die Pflege leisten können, schließlich kann Hilfe zur Pflege beantragt werden“, fügt die Pflegedienst-Expertin hinzu. „Es gibt verschiedene Töpfe, auf die man zugreifen kann.“

Neun Fachkräfte werden sich um die WG kümmern. Laser-Ortmann: „Sie sind speziell geschult, arbeiten nach einem alternativen Betreuungskonzept, das die Biografien der Bewohner einbezieht: Was hat der Person immer Spaß gemacht? Wie hat sie gelebt? Was war ihr wichtig? Solche Fragen stehen im Mittelpunkt.

Auf diese Weise ist es möglich, dass Dinge, die längst verloren gegangen zu sein schienen, plötzlich wieder hervorkommen. So erleben wir zum Beispiel, dass eine Frau nach Jahren wieder Lust hat zu sticken, ein Mann mit der Laubsäge Spielzeug aussägt und die meisten Demenzkranken kennen mehr Strophen als wir, wenn wir Lieder singen.“

Den Alltag ins Leben bringen

Überfordert würden die Leute nicht, jedoch damit beschäftigt, sich in den Alltag des täglichen Lebens einzubringen. Der eine könnte noch Kartoffeln schälen, der andere vielleicht in Begleitung einer Betreuungsperson Brötchen holen oder beim Aufhängen der Wäsche helfen.

Dass jeder Bewohner mit allen anderen gut könne, sei nicht notwendig, Beziehungen ergäben sich erfahrungsgemäß aber schon. Laser Ortmann: „Da erinnert vielleicht eine Person jemanden an eine ehemalige Nachbarin und deswegen kann sie besonders gut mit ihr. Haupt-Ansprechpartner sind aber immer die Betreuungspersonen.“

Die Mieter sollen so eigenständig wie möglich leben und dabei so viel Betreuung und Pflege wie nötig erhalten. Bei der Tagesgestaltung wird an frühere Interessen und Aktivitäten der Bewohner angeknüpft. Das Wohnen in der Gemeinschaft ermöglicht eine 24-stündige Präsenz durch speziell geschulte Fachkräfte. Ziel der Betreuung ist es, die vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen der demenzkranken Menschen zu schulen und zu fördern. Ansprechperson ist Gabi Stück, Pflegedienstleitung, Tel.: 857 56 82.