Oberhausen. Weniger Arbeitslose? Die Gewerkschaften sprechen von einer anderen Realität: befristete Verträge, Leiharbeit, Mini-Jobs. Viele Leute fielen aus der Arbeitslosenstatistik raus.
Nach einer Mitteilung der Bundesagentur für Arbeit am Dienstag lag die durchschnittliche Arbeitslosigkeit 2011 mit 2,976 Millionen Erwerbslosen auf einem 20-Jahrestief. Noch weniger Arbeitslose waren zuletzt 1991 gezählt worden. Das hört sich gut an. Aber sind die Zahlen nicht nur schöner Schein - auch in Oberhausen? Gewerkschafter sprechen jedenfalls von einer anderen Realität.
Henrike Greven, Verdi-Geschäftsführerin des Bezirks Mülheim/Oberhausen, blickt hinter das Zahlenwerk: „Viele Leute fallen aus der Arbeitslosenstatistik raus.“ Dazu gehörten Menschen, die krank seien. Gerade die Zahl der Arbeitnehmer, die wegen psychischer Erkrankungen aufgrund von zunehmender Arbeitsbelastung ausfallen, nehme zu, sagt Greven. Aber auch alleinerziehende Mütter, die zu Hause blieben, weil sie niemanden fänden, der ihre Kinder betreut, oder über 58-Jährige, die ein Jahr arbeitslos waren, tauchten in der Statistik nicht mehr auf.
Zahlen sprechen andere Sprache
Zahlen, die eine andere Sprache sprechen, liegen Gewerkschaftern wie Henrike Greven, aber auch Dieter Hillebrand vom DGB sowie Peter Koppers, 1. Bevollmächtigter der IG Metall, vor. Danach nahm in Oberhausen von 2003 bis 2009 nicht nur die Zahl der Sozialversicherungsbeschäftigten von 58.583 Menschen auf 56.092 ab. Auch die Zahl der Vollzeitbeschäftigten ging von 45.942 auf 43.043 zurück.
Dramatisch ist allerdings der Anstieg der Leiharbeiter von 1319 auf 1800. Ähnlich - man könnte schon sagen tragische Entwicklungen - zeigen sich bei den Mini-Jobs. 2003 gab es 18 171 Mini-Jobber. 2009 waren es 21 147. Aber, das macht die Lage besonders heikel, immer mehr Menschen, die Vollzeit arbeiten, können von ihrem Gehalt nicht mehr leben. Und so stieg die Zahl der nebenberuflichen Mini-Jobber von 2788 auf 5333.
Große Angst vor Job-Verlust
„Die Zahlen sind zwar aus 2009“, sagt Greven, „die Tendenz bestätigt sich aber, alles wird sich eher noch verschlechtern.“ Ihre dunkle Prognose stützt sie auch mit der Feststellung: „Selbst bei den Menschen, denen ich begegne und die Arbeit haben, ist die Angst allgegenwärtig, den Job zu verlieren.“ Diese Befürchtung müsste man ja wohl nicht haben, wenn auf dem Arbeitsmarkt alles so super wäre.
Was zudem zu bedenken ist: Haben Menschen Arbeit als Leiharbeiter, Mini-Jobber oder mit zeitlich befristetem Vertrag, „stellt sich für den Einzelnen die Frage“, sagt Dieter Hillebrand, „kann ich Kinder bekommen, ein Haus bauen, für meine Rente vorsorgen“? Kein fester Job, keine Planungssicherheit.
Die Perspektive dürfte auch den Arbeitslosen in Oberhausen fehlen. Die Agentur für Arbeit vermeldet mit Blick auf den vergangenen Monat zwar: „Der Dezember bringt mit 11,3 Prozent eine weiterhin sinkende Arbeitslosenquote mit sich.“ Konkret heißt das: Mit 12 043 Oberhausenern waren 62 weniger arbeitslos gemeldet als im November. Allerdings waren dennoch im vergangenen Monat 286 Menschen mehr ohne Job als noch 2010 zu diesem Zeitpunkt.
Bei der Agentur für Arbeit wurden im Dezember 2031 Oberhausener betreut. 37 mehr als im November und 237 weniger als im Dezember 2010. Beim Jobcenter waren im Dezember 10 012 erwerbsfähige Menschen arbeitslos gemeldet, 99 weniger als im November, aber 523 mehr als im Vergleichszeitraum 2010.