Oberhausen. .

Einige WAZ-Leser und Nachbarn des Rotlicht-Viertels an der Flaßhofstraße begaben sich auf unbekanntes Terrain - und ließen sich durch ein Bordell führen. Der Betrieb am Vormittag und das nüchterne Ambiente überraschten sie.

Die Flaßhofstraße, Oberhausens Bordellviertel, ist für viele Bürger der Stadt unbekanntes Terrain. Hinter Holzzäunen und Mauern verbirgt sich eine in sich geschlossene Welt, in die Normalbürger, mit Ausnahme der Freier, kaum je einen Einblick erhalten. Markus H. (40), einer der Hausbesitzer, der Zimmer an Prostituierte vermietet, erklärte sich bereit, interessierten Bürgern einen Eindruck von der Straße und dem Leben der Menschen dort zu vermitteln. Auf einen Aufruf der WAZ-Redaktion meldeten sich auch gleich zahlreiche Leser.

Rita Kalthoff (76), die in Buschhausen/Biefang wohnt, wurde schon in Oberhausen geboren, aber die Flaßhofstraße war für sie ihr Leben lang ein weißer Fleck. Als Frau hat man auch kaum Möglichkeiten, dort einen Blick hinter die Bretterwände zu werfen. Diese Bretterwand war auch das, was Angelika Karabey (50) immer zu sehen bekam. „Was sich dahinter verbirgt, keine Ahnung“, sagt sie.

„Dass hier vormittags schon so viel Betrieb ist.“

Eine Vorstellung von dem Dahinter hatten die Besucher später. „Ich weiß jetzt wie es abläuft“, sagt Rita Kalthoff über das Geschäft Prostitution. Sie fand den Rundgang interessant, meint aber auch: „Das ist nicht meine Welt, das ist mir alles fremd.“ Und dass Frauen jahrelang als Prostituierte arbeiteten, könne sie sich überhaupt nicht vorstellen.

Angelika Karabey zeigt sich überrascht von der Sauberkeit der Zimmer. Allerdings: „Für 96 Euro (so viel kostet ein Zimmer pro Tag) habe ich mir schon etwas Nobleres gedacht.“ Was sie sich nicht vorstellen konnte: „Dass hier vormittags schon so viel Betrieb ist.“ Ein Oberhausener Ehepaar, 50 und 52 Jahre alt, sagt vor der Besichtigung: „Wir wohnen seit 15 Jahren in der Nachbarschaft und fahren immer an der Hermann-Albertz-Straße lang.“

„Ich hatte mir die Straße anders vorgestellt.“

Da fiele ihr Blick auf das Bordellviertel. „Wir wollten wissen, was sich dahinter verbirgt“, erklärt die 50-Jährige. Ob eine Gefahr davon ausginge oder alles normal sei. Sie denke: „Es stimmt alles, was darüber berichtet wird, angefangen von Zwangsprostitution bis hin zu den Frauen, die Spaß an dem Gewerbe haben und es als normalen Job sehen.“ Der Mann erklärt später: „Ich hatte mir die Straße anders vorgestellt.“

Zumindest tagsüber sei sie doch sehr nüchtern. „Ich habe mehr Rotlichtviertel erwartet.“ Auch seine Frau überrascht die so „gar nicht plüschige“, sondern eher „steril durchgekachelte Atmosphäre“ im Haus. Sie schätze, dass von den Vertretern der Häuser immer eine Seite der Medaille dargestellt wird, es aber auch die andere gibt.

Marlies Schaaf (71) kommt aus Sterkrade. „Von der Flaßhofstraße habe ich überhaupt keine Vorstellung“, sagt sie vor dem Rundgang. Später äußert sich die Rentnerin zu Markus H.s ausführlichen Schilderungen des Bordelllebens: „Ich muss das mal so glauben, wie er das erzählt. Er macht einen ganz normalen, vernünftigen Eindruck.“

Bordell von innen

Die Betreiber eines Bordells an der Flasshofstraße in Oberhausen laden  zu einer Besichtigung ein.Foto: Gerd Wallhorn/WAZ FotoPool
Die Betreiber eines Bordells an der Flasshofstraße in Oberhausen laden zu einer Besichtigung ein.Foto: Gerd Wallhorn/WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
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Polizeipräsenz schafft Sicherheit

Jolanta Suwala (47) hat von dem Aufruf gelesen und sofort an ihre Freundin gedacht. Die Freundin (64) wohnt nämlich schon seit 1980 in dem Viertel rund um die Flaßhofstraße, an der Friedenstraße genaugenommen. „Meine Söhne haben ihren Freunden früher schon kostenloses Gucken angeboten“, erzählt die 64-Jährige amüsiert.

Denn von ihrem Wohnhaus habe man einen Einblick in die Flaßhofstraße, aber dort gewesen sei sie noch nie. Sie selbst wohne übrigens gerne in dem Viertel und fühle sich dort auch sicher. „Gerade weil immer viel Polizei da ist“, sagt sie. Einziger Wermutstropfen: Die Parkplatzsituation sei nicht gut. Die Freier belegten immer alle Parkplätze.

Nach der Besichtigung zeigt sich die 64-Jährige skeptisch. Sie glaubt, dass die Häuser unterschiedlich geführt werden. Jolanta Suwala dagegen findet, Markus H. habe sehr schön erzählt. „Wohlgefühlt habe ich mich aber dennoch nicht.“ Was ihr auffiel: „In den Schaufenstern standen meist ältere Damen, ich schätze aber schon, dass auch viele jüngere Frauen dort arbeiten.“