Oberhausen. . Wer diese Stadt in den vergangenen Monaten beobachtet hat, kann den Eindruck bekommen, dass die seit vielen Jahrzehnten regierende SPD leichtfertig Sympathien der Oberhausener Bürger verspielt.
Sie leistet sich bei heiklen Themen strategische Fehler, die umso erstaunlicher sind, da die verantwortlichen Personen erfahrene Kämpen sind. Sie kennen sich nicht nur gut in den Sachthemen aus, sondern wissen, politische Prozesse genau einzuschätzen. Und doch haben sich die Sozialdemokraten zu einem leichten Angriffsziel gemacht.
Drei Beispiele belegen das.
Schulschließungen: Wer Schulen dicht machen muss, handelt sich stets den Unmut der Lokalpatrioten, der Eltern und Kinder ein. Deshalb muss man die Öffentlichkeit sorgsam auf die Maßnahmen vorbereiten, muss jeden Schritt genau erklären und begründen. Für das geplante Aus von zehn Schulen gibt es gute nachvollziehbare Gründe. Doch wie agiert die SPD? Anfang des Jahres kündigt Schuldezernent Frind an, aus demografischen Gründen halte er die Schließung von einer bis zwei Grundschulen für notwendig - das war für kundige Tibetaner schon damals viel zu wenig. Dass plötzlich zehn Schulen geschlossen werden sollen, löst dann natürlich in der erstaunten Öffentlichkeit Schockwellen aus. Diese sensiblen Schulpläne erläuterte dann die Stadtspitze noch nicht einmal der Öffentlichkeit rechtzeitig in ausführlichen Gesprächen selbst, sondern sie kommen durch Proteste der Hauptschule St. Michael indirekt ans Licht.
Kaufhof: Als die WAZ im Januar schrieb, dass das Warenhaus in der City auf der Kippe steht, tat sich nichts. Niemand organisierte eine Unterschriftenaktion für den Erhalt des Kaufhofs, niemand aus der Stadt- oder Ratsspitze schrieb einen Brandbrief an die Kaufhof-Chefs in Köln - wer mit seiner Firma über 130 Millionen Euro im Jahr verdient und auf Oberhausener Grund eine Top-Filiale im Centro laufen hat, ist doch zumindest moralisch unter Druck zu setzen. Selbst wenn die Aktion keinen Erfolg gehabt hätte, man hätte gezeigt: Wir kämpfen leidenschaftlich für Oberhausen. Doch man handelte nicht.
Müllgebühren: Wer seit vielen Jahren gerichtsfest belegt die Kosten für die Abfallbeseitigung falsch berechnet, dem bleibt nur eines übrig: sich bei den Bürgern entschuldigen, auf die schwierige Rechtsmaterie verweisen - und dann den Bürgern versprechen, alles zu versuchen, damit alle ihre zu viel bezahlten Müllgebühren zurückbekommen. So kann man Fairness und Anstand beweisen. Selbst wenn die Kommunalaufsicht dann die Stadt stoppen würde, hätte man wenigstens Kampfgeist für seine Leute demonstriert.
Was könnte aber die Ursache dafür sein, dass die SPD sich so wenig um die Zustimmung der Oberhausener bemüht? Der Verdacht liegt nahe, dass die SPD vielleicht zu selbstgefällig geworden ist und glaubt, jahrzehntelange Macht vererbe sich stets weiter fort. Doch in Zeiten erdrutschartiger Wählerwanderungen müssen Parteien praktisch täglich Menschen für sich gewinnen und überzeugen - sonst sind sie irgendwann weg.
Dass dieser Trend für ganz Deutschland gelten soll, für Oberhausen aber nicht, erscheint eher unwahrscheinlich.