Oberhausen. . Die Bewohner der Birkenhofsiedlung in Osterfeld sind bei Sanierungen an strenge Auflagen gebunden. Die Häuser sollen als „bedeutendes Beispiel des Bergarbeiter-Siedlungsbaus“ herausgestellt werden. Immer wieder gibt es Streit mit der Stadt.
Peter Berner hatte eine gute Idee: Er wollte sein altes Zechenhaus an der Baststraße in Osterfeld dämmen. Einen Strich durch die Rechnung machte ihm allerdings die Stadt. Die Klinkerfassade müsse erhalten bleiben, so will es der Bebauungsplan 591 für die Birkenhofsiedlung. Nur eine Innenwanddämmung sei vorgesehen.
Auf Berners Protest gegen die deutlich teurere Sanierung wandelte man dies ab. Er dürfe außen dämmen - aber nur, wenn die angrenzenden Häuser dies auch machten. Sonst sehe das nicht einheitlich aus. „Die Nachbarn haben aber nicht das Geld dafür“, sagt Berner. Dennoch: Vorerst muss der Eigentümer mit diesem Zustand leben. Eine Straße weiter hat ein Anwohner bereits gedämmt, jetzt will er die Fassade streichen - und zwar in der Farbe des Nachbarhauses. „Geht nicht“, so die Stadtplanung, er könne nur aus einer Farbpalette wählen, die für diesen Bereich vorgesehen ist. Seitdem ist sein Haus an der Birkenstraße ungestrichen.
Was klingt wie ein Karnevalsscherz, ist für Bewohner der Birkenhofsiedlung ein verrückter Zustand. Aus ihrer Sicht sind die Stadtplaner verliebt in eine Idee, seit sie einen Teils des Viertels vor nicht allzu langer Zeit (wieder)entdeckt haben. Die Häuser zwischen Teutoburger bzw. Harkortstraße und Birkenstraße sowie einem Teil der Brohmstraße und Borkstraße sollen als „bedeutendes Beispiel des Bergarbeiter-Siedlungsbaus der 20er und 30er Jahre“ herausgestellt werden.
Veränderungssperre fürs Viertel
Doch „historisch getreu“ ist im Viertel vieles nicht mehr. „Über 20 Jahre lang hat hier jeder bauen dürfen, wie er wollte“, sagt Peter Berner. Damals hatte die THS diese Häuser mit jeweils großem Grundstück an Privat verkauft. Ein günstiges Fleckchen für Familien, die den Platz dahinter auch nutzten. An die alten 70 Quadratmeter großen Doppelhaushälften haben nicht wenige Eigentümer einen Anbau bis unter die Dachspitze drangeflanscht. Und auch zur Straße hin wurde dem Individualismus durchaus gefrönt: Ein Sammelsurium unterschiedlich gestalteter Garagen, Zäune, Eingänge und Fassadenfarben findet man hier. „Unbestritten“, räumt die Verwaltung in einer Stellungnahme ein, hätten Erneuerung stattgefunden, die das „charakteristische Bild nicht immer zum Positiven verändert haben.“ Daher verhängte sie eine Veränderungssperre über das Viertel, der dem kreativen Wildwuchs Einhalt gebieten soll, bis der Bebauungsplan in Kraft getreten ist.
Seit der Sperre streiten Bürger und Planer über jeden Zentimeter, der verändert werden soll. Vom Anbau - nur in Erdgeschosshöhe - bis zum Zaun, der fortan eine Hecke sein muss, bis hin zur Farbe der Fassaden: Alles möchten die Stadtplaner nun im Sinne des Siedlungscharakters bestimmen.
"Nicht gekauft"
„Wenn ich die Auflagen gekannt hätte, hätte ich das Haus nicht gekauft“, sieht sich Uwe Brinkamp in seinen Eigentumsrechten massiv eingeschränkt - und in seiner Familienplanung: Auf 70 Quadratmeter lebt seine Kleinfamilie, einen eingeschossigen Anbau erlaubte man ihm gerade noch für seine Haushälfte. Kaum Platz für ein zweites Kind. Die alte Steinmauer auf seinem Grundstück riss Brinkamp ab und setzte einen grünen Metallzaun an die Stelle. Die Stadtplanung verlangt nun, dass dort eine Hecke gepflanzt werde und begründet dies „historisch“.
Ruhe wird wohl auch der Bebauungsplan nicht ins Viertel bringen. Brinkamp ist bereit zu klagen. Nicht nur er: Eine Bürgerinitiative gegen den Bebauungsplan ist inzwischen organisiert, Unterschriften gesammelt. „Wir haben nichts dagegen, einen historischen Siedlungscharakter zu erhalten“, sagt Brinkamp, „nur das hätte man vor 20 Jahren überlegen müssen - jetzt gibt es diesen nicht mehr.“ Mehrere Male wurde die Entscheidung über den Bebauungsplan Nr. 591 bereits verschoben, „wenn er kommen sollte“, kündigt die Initiative an, „werden wir dagegen klagen.“
Bebauungsplan liegt aus
Von „verstadtlichen“ zu sprechen, das findet Andrea Baudek, Leiterin der Bauleitplanung, zu „tendenziös. Nein, wir verstadtlichen nicht, wir treffen Regelungen, wie man den Bestand in der Birkenhofsiedlung sichert.“
Baudek beruft sich auf die ursprünglichen Verträge mit der THS (Anmerk. d. Redaktion: die früheren Eigentümer), dort seien diese Regelungen bereits enthalten gewesen. Sie seien aber beim Weiterverkauf an die heutigen Besitzer wohl nicht „zu 100 Prozent überliefert worden“, räumt sie ein. Die Leiterin spricht dabei von „Einzelfällen“ und gibt die Verantwortung an die Eigentümer weiter: „Man ist beim Hauskauf verpflichtet, sich über Auflagen zu informieren.“ Dass die Siedlung ihren Charakter verloren habe, lässt sie nicht gelten, es habe „einige spontane Bautätigkeiten“ gegeben. Manche seien sogar ungenehmigt, deutet sie an.
Vom 10. März bis 11. April liege der Bebauungsplan aus, danach - voraussichtlich im Juni - soll der Rat der Stadt darüber entscheiden. Mit einer Klagewelle rechnet Baudek nicht. Sie kündigt an: „Wir werden den Plan rechtlich wasserdicht machen.“