Die Anwohner der Halterner Straße in Osterfeld haben die Nase voll. Nebenan klaffen die Baugruben, die Gewo (Gemeinnütziger Wohnungsbau) stampft hier eine neue Siedlung aus dem Boden.

Doch von einer ordnungsgemäßen Baustelle könne nicht die Rede sein, sind sich die Anwohner einig. „Ich habe nichts gegen Baulärm – ich lebe sogar gerne damit“, sagt Wilhelm Birwe. „Aber ich habe etwas dagegen, wenn gegen die Bestimmungen verstoßen wird.“

Birwe ist nicht alleine mit seiner Meinung, gut zehn Anwohner der Halterner Straße sind in der Küche von Birwes Nachbar Helmut Schweiger zusammen gekommen. Die Liste ihrer Vorwürfe ist lang – die Anwohner reden sich schnell in Rage. Helmut Schweigers Frau, Corinna, wurde zum Beispiel vor ein paar Tagen um fünf Uhr morgens von „einem piependen Geräusch“ geweckt. Da habe bereits ein Baustellenfahrzeug vor ihrer Tür gewendet. „Vorgestern kam um 5.30 Uhr der Bagger“, sagt sie. Fast jeden Tag der Woche sei ab sechs Uhr morgens Lärm vor der Tür. Ab Punkt sechs Uhr darf laut Stadt auch gebaut werden. Es liege aber eine freiwillige Verpflichtung der Bauleitung vor, erst ab sieben Uhr anzufangen. „Daran wird sich nicht gehalten“, ärgert sich Schweiger.

Oft kommen die Nachbarn nicht aus ihrer Einfahrt

Seine Frau hat alles dokumentiert: Sie zeigt Fotos von Lastwagen, die im Dunkeln Paletten vor ihrer Tür abladen. Oft kämen sie auch nicht mehr aus ihren Einfahrten hinaus, weil diese von Baustellenfahrzeugen zugeparkt seien. Die Nachbarn nicken zustimmend. Eva Neugebauer sei letztens sogar zu spät ins Büro gekommen und habe einen Termin verpasst, erzählt die Anwohnerin: „Da stand der LKW vor meiner Tür und niemand hatte auch nur Bescheid gesagt oder mal geklingelt.“

Auch dafür gibt’s passende Bilder. Darauf ist zu sehen, wie die Baustellenfahrzeuge die Straße blockieren. „Und dann wird man noch von den Bauarbeitern belästigt“, sagt Helmut Neugebauer. Seiner Tochter hätten sie angedroht, ihr Auto kaputt zu fahren, wenn sie es vor ihrem Haus parken wolle. „Normalerweise muss dafür die Straße gesperrt werden, doch das kostet ja Geld“, so Birwe. Wenn sie auf die Dülmener Straße ausweichen würden, verteile das Ordnungsamt Knöllchen. Für die Baustellenfahrzeuge auf der Halterner Straße interessiere es sich nicht. Von Seiten der Stadt heißt es, auf der Dülmener Straße müsse wegen Platzmangels kontrolliert werden.

Auch die Bauaufsicht der Stadt wird kritisiert

Auch die Bauaufsicht wird kritisiert: Offene Bauzäune oder im Dunkeln halb auf der Straße liegende Anhängerdeichseln führten zu keiner Reaktion. „Mich macht stutzig, dass sich keiner verantwortlich fühlt“, sagt Wilhelm Birwe. Das Ordnungsamt verweise an die Polizei, diese wieder zurück an das Ordnungsamt. Corinna Schweiger klingt schon resigniert: „Die Gewo ist zu groß, das ist das Problem.“ Eva Neugebauer fügt hinzu: „Die Investitionssumme ist der Grund, ein Auge zuzudrücken.“ Auch die Gewo kümmere sich nicht. „Deren Interesse ist gering“, sagt Eva Neugebauer.

Gewo-Vorstand Wolfgang Hoffmann zeigte sich auf WAZ-Nachfrage verwundert, dass sich nichts geändert habe. Nach den Anwohnerbeschwerden habe man vor etwa einer Woche „mit den Handwerkern Tacheles geredet“. Allerdings verwies er auch auf die normalen Schwierigkeiten einer „Riesenbaustelle“.

Schilder verschwinden

Die Anwohner lachen laut auf. „Wir hätten die Gespräche auch lieber direkt mit der Gewo geführt“, sagt Eva Neugebauer. „Es ist schade, dass wir die Zeitung einschalten müssen.“ Die Gewo präsentiere sich mit einem gehobenen Wohnambiente, „aber uns lässt man im Regen stehen.“

Es sind viele Ärgernisse,die sich summieren. „Man wird langsam aggressiv“, sagt Corinna Schweiger. Da hilft es auch nicht weiter, wenn zum Pressetermin vor Ort auf einmal alle Firmenschilder von den Bauzäunen verschwunden sind. Einen Tag vorher war die Anfrage der WAZ an die Gewo erfolgt. Corinna Schweiger zeigt Fotos, auf denen die Schilder noch angebracht sind. „Die wollen keine schlechte Presse“, vermutet sie.