Oberhausen. Viele Eigentümer von Einfamilienhäusern werden ihre Stadträte beschimpfen: Denn ihre Grundsteuer steigt stark. Doch die Städte sind nicht schuld.

  • Die Befürchtungen scheinen sich zu bewahrheiten: Vor allem Ein- und Zweifamilienhaus-Besitzer zahlen bei der Grundsteuerreform nach der Methode NRW drauf.
  • Dagegen werden Gewerbe-Grundstücksbesitzer stark entlastet.
  • Die Stadt Oberhausen hat bereits einen Großteil der neuen Grundsteuer-Messbescheide ausgewertet - danach muss der Grundsteuersatz steigen, wenn die Stadt das gleiche Geld von den Grundstückseigentümern einnehmen will.

Zugegeben: Es liegen noch nicht alle Informationen auf dem Tisch der Oberhausener Stadtkämmerei. Doch immerhin drei Viertel aller neuen Grundsteuer-Messbescheide im Stadtgebiet sind ausgewertet, Kalkulationen hat Kämmerer Apostolos Tsalastras auf dieser Basis anfertigen lassen. Das Ergebnis-Ziel: Die Stadt Oberhausen soll nach der bundesweit verwirklichten Grundsteuer-Reform ab 2025 nicht mehr einnehmen als zuvor, nämlich 46,5 Millionen Euro im Jahr. „Wir haben versprochen, dass wir die künftige Grundsteuer so berechnen, dass sie aufkommensneutral ist, wir also genauso viel einnehmen wie zuvor. Und daran halten wir uns“, sagt Tsalastras.

Doch seine Berechnungen zeigen einen Trend, der so in fast allen Städten in NRW zu beobachten ist: Es kommt zu massiven Verschiebungen der Grundsteuer-Belastung zwischen den Eigentümern von Grundstücken und Häusern in einer Kommune. Danach müssen Ein- und Zweifamilienhausbesitzer ab 2025 deutlich mehr Grundsteuern zahlen als bisher, Mehrfamilienhaus-Eigentümer nur ein bisschen mehr - und Besitzer von Geschäftslokalen, Gewerbegrundstücken, Hallen oder Betrieben deutlich weniger. Und das im Kommunalwahljahr 2025.

Oberhausen nimmt auch im nächsten Jahr rund 47 Millionen Euro im Jahr an Grundsteuern ein

Die Grundsteuer ist eine stabile Einnahme für alle Städte. Sie wird zwar von Immobilienbesitzern getragen, doch wer seine Wohnungen vermietet, kann die Grundsteuer auf seine Mieter umlegen - sie trifft also alle Bürger einer Stadt. Es gibt die Grundsteuer A für landwirtschaftliche Flächen, die Grundsteuer B für bebaute Grundstücke und künftig soll es auch die Grundsteuer C für baureife Grundstücke in Oberhausen geben. In Großstädten liefert naturgemäß die Grundsteuer B den größten Batzen der Kämmerei.

Bereits 2018 hatte das Bundesverfassungsgericht den Staat ermahnt, die Grundsteuererhebung zu reformieren. Denn bisher war Basis für alle Grundsteuer-Bescheide die veraltete Wertermittlung der Grundstücke im Westen aus den 60er Jahren, im Osten sogar aus den 30er Jahren. Nicht nur in Berlin-Mitte sind seitdem aber die Grundstückswerte extrem angestiegen. Karlsruhe stufte dies als verfassungswidrig ein: Denn es kommt vor, dass in einer Stadt für ein neues Haus eine deutlich höhere Grundsteuer fällig wird als für ein altes Haus in vergleichbarer Lage und Größe - ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot.

Wir haben versprochen, dass wir die künftige Grundsteuer so berechnen, dass sie aufkommensneutral ist.
Apostolos Tsalastras - Kämmerer der Stadt Oberhausen

Nach einem Kompromiss zwischen Bund und Ländern 2019 konnten die Bundesländer selbst entscheiden, zu welchen Modellen sie ihre Grundsteuer ab 2025 neu berechnen wollten. Die CDU-geführte NRW-Landesregierung entschied sich für das Bundesmodell, wonach die Grundstücksgröße und die theoretisch mögliche Kaltmiete je Quadratmeter eine maßgebliche Rolle bei der Wertberechnung spielen.

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Bis Anfang 2023 mussten alle Immobilieneigentümer, in Oberhausen sind dies 88.000, eine Grundsteuer-Erklärung abgeben. Die Finanzämter ermittelten daraufhin den Grundsteuer-Messbetrag - den neuen Wert der Immobilie aus Steuersicht. Der liegt logischerweise meist deutlich höher als der bisher geltende Einheitswert aus den 60er Jahren. Etliche klagten gegen diese Bescheide, vor allem auch deshalb, weil das Bundesfinanzministerium die theoretisch denkbare Kaltmiete für jede deutsche Stadt und Gemeinde ermittelt hat, aber dabei eben auch für Großstädte nur einen einzigen Wert an Kaltmiete nennt - trotz aller Unterschiede zwischen dem Oberhausener Norden und dem Oberhausener Süden.

Grundsteuer-Hebesatz muss in Oberhausen um 30 Prozent steigen

Der Messbescheid mit dem neuen Wert der Immobilie ist das eine, nun folgt aber die Berechnung des Grundsteuer-Hebesatzes für 2025 durch die Kämmereien. Erst mit dem Hebesatz kann man zusammen mit dem Messbetrag die tatsächliche Grundsteuerzahlung kalkulieren. Dieser Grundsteuer-Hebesatz wird Jahr für Jahr vom Stadtrat abgesegnet und beträgt in Oberhausen bisher 670 Prozent. Und der wird nach den Berechnungen im Oberhausener Rathaus ab 2025 nicht etwa sinken, weil doch der Messbetrag der meisten Grundstücke angehoben worden ist, sondern sogar steigen. Und das gleich um 200 Punkte auf 870 Punkte ab dem Jahr 2025, damit Oberhausen die gleiche Grundsteuereinnahme wie bisher hat. 200 Punkte - das ist ein Anstieg von 30 Prozent.

Eigentümer von Gewerbehallen oder Geschäftslokalen müssen künftig deutlich geringere Grundsteuer-Lasten tragen als bisher.
Eigentümer von Gewerbehallen oder Geschäftslokalen müssen künftig deutlich geringere Grundsteuer-Lasten tragen als bisher. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Nach den Zahlen der Kämmerei können sich die Ein- und Zweifamilienhausbesitzer darauf einstellen, dass sie durch die gestiegenen Messbeträge tatsächlich aber im Schnitt 40 Prozent mehr an Grundsteuern zahlen zu müssen als bisher. Dieser Wert kann bei dem einen oder anderen aber deutlich höher ausfallen. Wer ein Mehrfamilienhaus besitzt, ist mit einem noch moderaten Kostenplus von 5 Prozent dabei - die Grundsteuerreform scheint also die meisten Mieter nicht übermäßig zu treffen. Wer eine Geschäfts- und Gewerbeimmobilie hat, wird dagegen mit satten 43 Prozent von der Grundsteuer entlastet.

Kostenexplosion an Grundsteuern ausgerechnet im Kommunalwahljahr 2025 erwartet

„Diese Verschiebung zulasten der Einfamilienhausbesitzer war schon früh zu erkennen, wir haben vom Städtetag das Land aufgefordert, zu handeln. Doch das hat die Landesregierung nicht gemacht“, kritisiert der Sozialdemokrat Tsalastras. Um die Kostenexplosion im Kommunalwahljahr 2025 abzudämpfen, hat NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) kürzlich eine neue bundesgesetzliche Regelung gefordert, die den Kommunen ermöglicht, verschiedene Hebesätze für Gewerbe- und Wohnimmobilien zu erheben. Gewerbeimmobilien könnten so lokal höher besteuert werden, Wohnimmobilien dafür niedriger.

Tsalastras hält wie der Städtetag von diesem Vorschlag nichts, wodurch das Problem auf die Kommunen abgewälzt werden würde. Er führt zeitliche, juristische und praktikable Gründe an. „Wenn man Gewerbe- und Wohngrundstücke verschieden behandeln will, müsste das landesweit für alle Grundstücke über die Messbeträge geschehen, wie das andere Bundesländer gemacht haben. Dann muss das Land neue Bescheide erstellen lassen.“ Für 2025 sei dies aber alles zeitlich nicht mehr zu schaffen. „EIn-und Zweifamilienhausbesitzer werden das als ungerecht empfinden. Gerade im Kommunalwahljahr kann dies keiner so wollen. Für die Demokratie ist das verheerend.“

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