Oberhausen. Der erste hochauflösende Projektor ist installiert und zeigt den Blockbuster „Dune“. Das Kino investiert aber auch in den Komfort für Besucher.
Wer das neue Projektionswunder in der Vorführkabine für den größten Saal der Lichtburg selbst bestaunen möchte, steht plötzlich im Freien auf dem Flachdach des Filmpalastes. Dann geht‘s noch eine steile Metalltreppe hinauf - und drinnen sieht man, mit bestem Blick in die Tiefe des Saales: einen schwarzen Kasten, der aus seinen vielen Lüftungsschlitzen einen kühlen Hauch produziert.
Der für wahre Cineasten womöglich enttäuschende Anblick ist allerdings die Gewähr für perfekte Bilder: Der Laserprojektor liefert „4K“, also ein hochauflösendes Bild voller Details mit einer horizontalen Bildauflösung in der Größenordnung von 4000 Pixeln. Die Bildauflösung hat damit einen Wert von acht bis neun Megapixel.
Eigentlich kann das menschliche Auge bei solchen Hochpräzisionswerten gar nicht jedes Detail erfassen - doch das Publikum bestaunt strahlende Farben und gestochene Schärfe zum Start des 166-minütigem „Dune“-Spektakels von Denis Villeneuve.
Sebastian Hilscher, der technische Leiter der Lichtburg, weiß natürlich, dass Superstar-Regisseure wie Christopher Nolan und Quentin Tarantino nach wie vor mit 70- oder 35 Millimeter-Film drehen. Doch den internationalen Vertrieb bestreiten auch sie mit Datenpaketen auf Festplatten, termingenau verschlüsselt für jeden einzelnen Laserprojektor. „4K aufbereitete Filme sind auch grandios in einem kleineren Kinosaal“, betont Petra Rockenfeller, die Theaterleiterin der Lichtburg.
Deren Inhaber Jürgen Pesch investierte allein für das 4K-Projekt, neue Leinwände inklusive, rund 300.000 Euro, zu gut zwei Dritteln gefördert aus öffentlicher Hand: von der Kulturstaatssekretärin über die Berliner Filmförderungsanstalt bis zur Düsseldorfer Film- und Medienstiftung. „Den Förderantrag durften nur Kinos stellen, die für ihr Programm ausgezeichnet sind“, sagt Rockenfeller mit berechtigtem Stolz. Etwas Glück spielte auch noch mit, denn dank eines noch schnell erhöhten Fördertopfes kamen tatsächlich alle Kinos zum Zuge. Und sparen nun, auch der Umwelt zuliebe, eine ganze Menge Geld.
Neue 4K-Technik reduziert die Starkstrom-Kosten
Denn der gesteigerte Guck-Komfort für die Kinogänger bedeutet zugleich eine enorme Stromersparnis. Und die Lichtburg ist mit ihren insgesamt 800 Plätzen in fünf Sälen ein Starkstrom-Kunde. Rockenfeller rechnet vor: „Wir hatten 2023, trotz Preisbremse, 4500 Euro monatliche Stromkosten.“ Der Energieverbrauch reduziert sich nun um ein Drittel.
War bisher in den Vorführ-Kabinen ganzjährig Hochsommer, so säuselt dort nun dank der neuen Projektoren ein eher kühles Lüftchen. Die passionierte Lichtburg-Chefin mag es kaum zugeben: Aber die Kostenersparnis war das entscheidende Argument für diese weitere Groß-Investition.
Und es ist nur einer von mehreren Schritten einer Runderneuerung für den 1931 gegründeten Filmpalast: Bereits seit dem Vorjahr arbeitet eine Klimaanlage; abgestimmt mit einer Dämmung des Dachs - auf dem zuvor selbst in den strengsten Wintern nie Schnee gelegen hatte, weil dieser durch die Wärme aus dem Inneren sofort wegschmolz.
Und es soll zügig weitergehen mit der Komfort-Kampagne. „Wir sitzen ja auf Möbeln von 2001“, sagt Petra Rockenfeller. Die roten Polstersitze sind in der ersten Reihe des 350-Plätze-Saals noch tipptopp. Aber wer sitzt schon freiwillig in der ersten Reihe? „Die Sitze müssen einiges aushalten“, weiß die Theaterleiterin.
Wenn die Förderanträge so glatt durchgehen wie für die Projektionstechnik könnte es noch in diesem Jahr mit der neuen Bestuhlung klappen. Als zuletzt alte Kinositze an selbst abholende Filmfans verteilt wurden, erinnert sich Rockenfeller, „war das wie ein Happening“.
Übrigens könnte die Lichtburg in den vier kleineren Sälen statt mit wuchtigen Projektoren auch mit schlichten Boxen an der Saaldecke auskommen. Doch diesen Schritt will man als Festivalkino nicht gehen. Schließlich gibt‘s in allen Vorführräumen nach wie vor klassische Filmprojektoren, ohne die etwa die Internationalen Kurzfilmtage keine älteren Werke zeigen könnten.
Ein wenig ist also von jenem Zauber erhalten, von dem auch Filme selbst immer wieder erzählen - wie zuletzt Sam Mendes in „Empire of Light“. Die Lichtburg-Chefin jedenfalls hält das Bonmot parat: „Wer behauptet, er hätte zu Hause eine Kino-Ausstattung, der muss Rockefeller heißen - und nicht Rockenfeller.“
Filmemacher wissen durchaus, was sie an „ihrer“ Lichtburg haben - nicht erst seit der 4K-Technik: So hatte sich Adolf Winkelmann in Oberhausen gleich mehrmals seine Ralf-Rothmann-Verfilmung „Junges Licht“ angesehen. Denn nur selten werden Projektionen mit solcher Hingabe und Akribie eingerichtet wie hier. Auch bei der Feinjustierung der neuen Projektoren achtete Sebastian Hilscher darauf, dass die Bilder nicht bloß grell und wuchtig, sondern in allen Nuancen auf die neuen Leinwände kommen. „Wir suchten das Optimum für alle Filmgenres“, verspricht der technische Leiter.
Der Ton zum Film: Bloß nicht nachsteuern
Eins bleibt ewiges Debattenthema unter Cineasten: Der Ton (ob Dolby Surround oder nicht) ist der einen zu laut, dem anderen noch nicht wuchtig genug. „Wir kommen als Kino zwar vom Jahrmarkt“, meint Petra Rockenfeller philosophisch, „wollen aber keine Jahrmarktsplärrer mehr sein.“ Ganz unabhängig von der Daten-Dichte und der Kapazität des Laserprojektors sei die Abmischung des Tons letztlich eine Entscheidung der Filmproduktion. „Daran können wir sehr wenig nachsteuern“, sagt Sebastian Hilscher. Wenn im Action-Getöse der Motorenlärm oder Geschosssalven die Dialoge übertönen, „dann ist es das, was die Regie uns als Kunst so gegeben hat“.
Der technische Leiter kennt von seinem früheren Kino die überwiegend untauglichen Versuche, den Klang aus dem Vorführrraum nachzusteuern - bis der Ton zu keinem Film mehr gepasst hat: „Ich habe dort schließlich alle Regler und Knöpfe entfernt.“
Sebastian Hilscher empfiehlt als packendes Beispiel überragender Ton-Kunst im Kino das aktuell gestartete Drama „Zone of Interest“ mit Sandra Hüller: Die Bilder zeigen ein häusliches Idyll und einen ummauerten Garten. Das Grauen des Vernichtungslagers Auschwitz lauert allein auf der Tonspur: „Sie hören Schüsse im Hintergrund, Schreie und die Schäferhunde der SS.“ Es gibt auch Klänge, die Augen öffnen.