Oberhausen. Das erlebt man nicht alle Tage: Eine Volksbank kauft Immobilien im Oberhausener Rotlichtviertel. Das könnte weitreichende Folgen haben.
- Die Volks- und Raiffeisenbank Bad Salzungen Schmalkalden hat Häuser im Oberhausener Bordellbezirk gekauft
- Nachdem die Finanzaufsicht BaFin Sonderbeauftragte eingesetzt hat, sollen die Immobilien wieder abgestoßen werden
- Die Stadt prüft, ob sie die Immobilien nun selbst kaufen kann
Mit dieser Entwicklung dürfte wohl niemand gerechnet haben. Im Oberhausener Rotlichtviertel haben sich die Eigentumsverhältnisse geändert. An sich ist das gar nicht so spektakulär – wäre die neue Besitzerin nicht eine auf den ersten Blick bodenständige Bank.
Von Dezember 2021 bis August 2023 hat die thüringische Volks- und Raiffeisenbank Bad Salzungen Schmalkalden einen Großteil der insgesamt 18 Bordellhäuser an der Flaßhofstraße am Rande der Oberhausener Innenstadt gekauft. Das bestätigt ein Sprecher auf Nachfrage, nachdem zunächst das Handelsblatt über den kuriosen Kauf berichtet hatte.
Für Oberhausen könnte dieses Geschäft weitreichende Folgen haben. Denn eben jene Volksbank Bad Salzungen Schmalkalden ist durch mehrere Skandale ins Schlingern geraten, Investitionen ins Rotlichtmilieu dürften lediglich die Spitze des Eisberges darstellen. Sogar die Banken-Finanzaufsichtsbehörde BaFin ist Ende November 2023 eingeschritten und hat einen hauseigenen Sonderbeauftragten als neuen Geschäftsleiter der Volksbank eingesetzt. Im Dezember folgte ein weiterer Sonderbeauftragter für den Aufsichtsrat.
Der für den Bordell-Kauf verantwortliche damalige Geschäftsführer war da bereits zurückgetreten, ebenso der 16-köpfige Aufsichtsrat. Laut Handelsblatt-Recherchen werden der Bank fehlerhafte Abschlüsse und fragwürdige Kreditgeschäfte vorgeworfen, unter anderem mit Fußballer-Prominenten-Ehepaar Stefan und Claudia Effenberg. In Medienberichten wurde die Volksbank daher auch als „Effenberg-Bank“ bekannt.
Flaßhofstraße Oberhausen: Werden die Bordelle verlagert?
Und was bedeutet das nun für Oberhausen? Die neuen Besitzverhältnisse dürften die Diskussion um eine mögliche Verlagerung des Rotlichtviertels erneut befeuern. Oberbürgermeister Daniel Schranz hatte genau dies bereits in seinem ersten Wahlkampf um den Posten des Stadtoberhauptes 2015 versprochen.
Fest steht: Die BaFin-Sonderbeauftragten der Volks- und Raiffeisenbank Bad Salzungen Schmalkalden distanzieren sich von den „unethischen Geschäften“ des Geldhauses. „Ich bin entsetzt, dass so etwas in einer Genossenschaftsbank geschehen kann“, meint Christian Gervais, von der BaFin eingesetzter Sonderbeauftragter, in einer schriftlichen Stellungnahme.
„Wir werden nun schauen, wie die Bank schnellstmöglich aus dem Geschäft aussteigen kann“, erklärt Gervais weiter. Es ist also möglich, dass die Immobilien an der Flaßhofstraße erneut den Eigentümer wechseln. Auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigt ein Volksbank-Sprecher: „Derzeit wird die Neuausrichtung des Immobilienportfolios erarbeitet. Im Zuge dessen wird eine Veräußerung der Immobilien geprüft.“
Unklar ist allerdings, wie die Miet- und Pachtverhältnisse mit den Bordellbetreibern an der Flaßhofstraße geregelt sind. Die thüringische Volksbank gibt dazu „aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes keine Auskunft“.
Im Oberhausener Rathaus dürften die Gedankenspiele spätestens jetzt dennoch losgehen. Was passiert mit den Immobilien? Könnte die Stadt die Häuser womöglich selbst kaufen und das Viertel nach ihren Wünschen umgestalten? Diese Fragen blieben auf unsere kurzfristige Anfrage am frühen Montagnachmittag bislang noch unbeantwortet. Unklar ist daher derzeit auch noch, seit wann die Stadt über den Kauf Bescheid wusste.
Rote Meile Oberhausen: 30 Prostituierte tätig
Viel Betrieb herrscht im Rotlichtverkehr derweil nicht. Noch immer haben nicht alle Häuser die nach dem neuen Prostituiertenschutzgesetz nötige Betriebserlaubnis erhalten. Diese hatte die Stadt zunächst versagt, da viele Betreiber die Regeln des Gesetzes aus Sicht der Rathaus-Experten nicht eingehalten hatten. Den Betrieb dürfen sie zwar dennoch aufrechterhalten, doch mehr als 30 Frauen sind dort nicht mehr im Einsatz, wie ein Sprecher der Stadt angibt.
Der Druck auf die Bordellbetreiber steigt seit Jahren: In der Corona-Pandemie durften die Frauen ihre Dienste lange nicht anbieten, viele Prostituierte boten sich unerlaubterweise in Privatwohnungen an. Bereits vor Corona hatten Stadt und Polizei den Bordell-Bezirk durch gezielte Kontrollen aufgeschreckt.
+++ Update: Die Stadt Oberhausen prüft nun, ob sie die Bordell-Immobilien ihrerseits kaufen kann. Zum Bericht: Rotlichtviertel: Kauft die Stadt Oberhausen jetzt Bordelle?
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