Oberhausen. Wie blicken Oberhausener Betriebe auf die Stadt? Was stimmt sie zufrieden und was stört sie? Eine Befragung der IHK gibt ungeschminkte Antworten.
Oberhausener Unternehmen schlittern von einer Krise in die nächste: Corona-Krise, Fachkräftemangel, Materialengpässe, der Ukrainekrieg und die damit verbundenen enorm gestiegenen Energiepreise. Wie gut fühlen sich die Betriebe da in einer Stadt wie Oberhausen, in der sie seit Jahren auch noch einen extrem hohen Gewerbesteuersatz schultern müssen? Experten meinen: angesichts der schwierigen Lage besser als man meinen mag.
In einer Schulnote ausgedrückt: Drei plus. Das ist das Ergebnis des aktuellen Standort-Checks der Industrie- und Handelskammer (IHK) – und spiegelt die Stimmung der bei der IHK organisierten Oberhausener Betriebe wider. 700 Betriebe wurden dafür befragt, 70 haben detailliert geantwortet. Euphorie komme beim Blick auf das Ergebnis zwar nicht auf, so die Einschätzung der IHK-Experten, aber eine „grundsätzliche Zufriedenheit mit dem Wirtschaftsstandort“.
Kritik am hohen Gewerbesteuersatz in Oberhausen
Handlungsbedarf besteht dennoch, denn die Unternehmer sind unzufrieden mit den kommunalen Kosten und dem Leistungsangebot, erläutert die IHK in ihrem Bericht. Heißt: vor allem mit dem hohen Gewerbesteuersatz und dem Rathaus-Service. Das unterstrich auch IHK-Geschäftsführerin Kerstin Groß beim ersten Oberhausener Wirtschaftsempfang, zu dem Oberbürgermeister Daniel Schranz und die Wirtschaftsförderung (OWT) in dieser Woche geladen hatten.
Kommunen bräuchten dringend Geld, um Schulen zu sanieren und in die Infrastruktur zu investieren, erklärte sie vor rund 150 Gästen. Oberhausen hat derzeit den zweithöchsten Gewerbesteuerhebesatz in ganz NRW. Sie sehe die Finanznot, sagt Kerstin Groß, „aber das dürfen Städte nicht auf dem Rücken der Wirtschaft austragen“. Applaus im Besprechungsraum der Topgolf-Anlage am Centro Oberhausen, wo Stadt und OWT den Empfang ausgerichtet haben.
Visionär: Seilbahn am Centro Oberhausen
Die Wahl auf die Spaßgolf-Anlage fiel nicht nur, um zu zeigen, dass sich etwas tut in der Stadt, sondern auch, weil Oberhausen bei Naherholung und Freizeitangebot bei Unternehmen punkten kann. Im Standort-Check vergaben sie dafür gute Noten – ebenso für die zentrale Lage und die Nähe zum Kunden sowie die gute Verkehrsanbindung.
Wobei im öffentlichen Nahverkehr durchaus Verbesserungsbedarf besteht, denn hier kam Kritik beim Wirtschafts-Empfang auf: Ein Gast meldete sich zu Wort, Mitarbeiter von Sealife und Legoland am Centro: Er sei Pendler und ärgere sich über verstopfte Straßen auf der einen Seite, über schlechte Verbindungen und Taktungen der öffentlichen Verkehrsmittel auf der anderen Seite. Schnelle Abhilfe konnte Oberbürgermeister Daniel Schranz nicht versprechen; er verwies auf den Masterplan Neue Mitte, die darin enthaltenen Pläne, um den Verkehr rund ums Centro zu entlasten und den vielzitierten „Mobility Hub“ auf der anderen Kanalseite: Pendler-Parkplatz mit Straßenbahn-Anschluss und Seilbahn-Station: „Das ist visionär, aber nicht illusionär.“
IHK-Präsidentin Kruft-Lohrengel: „Oberhausen darf nicht nachlassen“
Doch zurück zu den Oberhausener Betrieben und die allgemeine wirtschaftliche Lage Oberhausens: IHK-Präsidentin Jutta Kruft-Lohrengel mahnte bereits bei der Vorstellung des Standort-Checks angesichts guter Entwicklungen (steigende Zahl der Beschäftigten): „Hier darf die Stadt nicht nachlassen. Eine aktive Flächenpolitik ist entscheidend, um neue Betriebe anzusiedeln und bestehenden Unternehmen Perspektiven aufzuzeigen.“ Die Oberhausener Unternehmerin fordert, den Hebesatz der Gewerbesteuer zu senken. „Es geht darum, die Betriebe gerade in dieser schwierigen Zeit zu entlasten.“
Wenn Betriebe schon hohe Steuern zahlen, erwarten sie gleichzeitig eine bessere Serviceleistung seitens der Stadt. Doch auch da läuft nicht alles rund: Vor allem die „lange Reaktionszeit auf Anfragen“ sehen die Betriebe kritisch. Daniel Schranz: „Ansiedlungen wie Edeka, Picnic oder Topgolf haben gezeigt, dass wir schnell und bürokratiearm handeln können. Das müssen wir noch mehr auch in der Breite zeigen.“
Die Aufenthaltsqualität in den jeweiligen Stadtteilzentren bewerten die Unternehmen in der IHK-Abfrage mit der ziemlich schwachen Note 4,12. Das allgemeine Stadtbild schneidet mit einer 3,8 ab – und ist damit nur leicht besser als ein ernüchterndes „ausreichend“.
Auch dazu ging Schranz schon bei der Vorstellung des IHK-Checks, aber auch beim Wirtschaftsempfang ein. Er verwies auf die geplante Umgestaltung der Sterkrader Innenstadt, die Pläne für die Belebung der Marktstraße in Alt-Oberhausen und den künftigen Multifunktionskomplex in Osterfeld. Die neuen Stadtteil-Kümmerer der Wirtschaftsbetriebe sollen in den Quartieren für mehr Sauberkeit sorgen.
Und was zieht Oberhausens neuer OWT-Chef Andreas Henseler aus dem IHK-Check? „Wir sehen, welche unserer Angebote von den Unternehmen wahrgenommen werden und wo wir nachlegen können. Vor allem die Fachkräftesituation, Fragen zur Digitalisierung und nachhaltiges Wirtschaften nehmen wir in den Blick.“
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