Oberhausen. Direktorin Christine Vogt wählt 50 Werke aus dem reichen Schaffen von Hartwig Kompa. Das Trauzimmer im Schloss ist nun künstlerisch runderneuert.
Für den „schönsten Tag im Leben“ waren die wuchtig-expressiven Holzschnitte von Otto Pankok vielleicht doch zu überwältigend. Werke des weißbärtigen Großkünstlers mit Wohnsitz im Haus Esselt, einem still-verwunschenen Winkel zwischen Hünxe und Hamminkeln, beanspruchten bisher die Aufmerksamkeit der erwartungsvollen Hochzeitspaare und ihrer Gäste im Schloss Oberhausen. Nun herrscht im Trauzimmer edler Goldglanz auf einem tiefen Blau, zelebrieren zwei Räume des Kleinen Schlosses mit nobler Zurückhaltung die Kunst von Hartwig Kompa.
„Als Vorlass, nicht als Nachlass“, wie der nach wie vor künstlerisch aktive 75-Jährige munter feststellt, hat die Ludwiggalerie nun zum dritten Mal in fünf Jahren ein weiteres, großes Künstler-Konvolut entgegengenommen. Beim fotografischen Oeuvre von Rudolf Holtappel und dem zwischen Karikatur, Plastik und Malerei changierenden Werk des Stadtkünstlers Walter „Kuro“ Kurowski waren es nahezu komplette Nachlässe: erworben von der Stadt und kuratorisch erschlossen dank Fördergelder des LVR.
Beim Künstler und sozialdemokratischen Kulturpolitiker Kompa – den sein Parteifreund und Bürgermeister Manfred Flore einen „langjährigen Förderer der Kunst“ nennt – ist das etwas kleinere Konvolut aus 30 Gemälden und 20 Gouachen (Malereien mit Kreide und Pigmenten) ein Geschenk. Und doch gesteht Christine Vogt, war ihre erste Reaktion: „O Gott, wir haben doch keinen Platz.“ Tatsächlich überwog dann bei der Direktorin der Ludwiggalerie der Stolz und die Freude, „den wichtigsten Maler aus Oberhausen“ nun mit einer repräsentativen Auswahl aus Werken mehrerer Jahrzehnte im eigenen Bestand zu wissen.
Student beim Meister der Malerei in Weiß
Der Oberhausener studierte an Berlins Hochschule der Künste bei Raimund Girke, dem Meister der monochromen Malerei in mannigfaltigen Schattierungen von Weiß (so wie es Yasmina Reza in ihrer Komödie „Kunst“ durchaus liebevoll aufgespießt hatte). Wie’s meist so ist im Verhältnis von Professor und Meisterschüler wählte Hartwig Kompa einen ganz anderen Weg – und huldigt nicht einer Farbe, sondern der Vielfalt der Farben. Als Mitbegründer etablierte er in der Schlosserei des Zentrums Altenberg den Verein für aktuelle Kunst (VfaKR), dessen Ausstellungen in der Szene höchstes Renommee genießen – von vielen Oberhausenern aber noch zu entdecken sind.
„Dort wird mittlerweile Kunstgeschichte gemacht“, sagt der VfaKR-Gründer selbstbewusst. Doch der Verein bespiele eben als Gast in der Zinkfabrik Altenberg ein „Haus ohne eigenes Archiv“: ein Grund mehr, seinen überlegt ausgewählten Vorlass an die Ludwiggalerie zu geben. Schließlich ist auch Christine Vogt sehr einverstanden mit der Doppelrolle des rosa Schlosses als „nationales Ausstellungshaus, aber auch als Museum der Stadt Oberhausen“. So ist denn auch das neue Kompa-Konvolut der städtischen „Sammlung O.“ zugeordnet, die sich alle paar Jahre mit einer Bestandsauswahl in der Panoramagalerie präsentiert.
Knallrot wie die „Red Heels“-Skulptur
Im programmatischen Spektrum der Ludwiggalerie – mit Highlights der Fotografie, der Pop-Art und der „neunten Kunst“ der Comics – war Farbmalerei à la Kompa bisher kaum vertreten. Für die Direktorin keine Hürde: „Man könnte über eine Ausstellung zur Farbe Rot nachdenken“, meint Dr. Vogt vor den strahlend roten Hochformaten, die jetzt den Vorraum des Trauzimmers aufleuchten lassen. Zudem korrespondieren sie prächtig mit dem knalligen Modell jener „Red Heels“ von Heiner Meyer, deren Original sechs Meter hoch vor der östlichen Schlossseite aufragt.
Christine Vogt würdigt aber auch Hartwig Kompas „sehr schöne tägliche Fingerübungen“: jene kleinformatigen Gouachen, auf denen der Künstler stets neue Wunder unter den Millionen möglicher Farbkombinationen entstehen lässt. Sein massivstes Kunst-Stück hatte Kompa im Vorlauf zum Kulturhauptstadtjahr 2010 in der Vonderner „Kunstbrache“ platziert: Der wie ein Thron für Riesen aufragende Stufenturm zählt übrigens nicht zum städtischen Kunstbesitz, sondern gehört der Emschergenossenschaft.
Eine Zutat für Streichhölzer
Der 75-Jährige, der seine Gemälde bereits früher gerne mit Sand, Spänen oder Glimmerschiefer reliefartig veredelte, hat unterdessen einen neuen Kunst-Stoff für sich entdeckt: „Farbiges Glasmehl ist im Moment mein Material.“ Bei seiner Malerei zündet eben selbst eine Zutat für Streichhölzer.