Oberhausen. Seit 40 Jahren fördert der Verein für aktuelle Kunst die konkrete Kunst. Die einstige Klempnerei der Zinkfabrik begeistert die Künstler.

Eigentlich müsste man diesen Verein in der falschen Stadt vermuten: Schließlich weiß die zeitgenössische konkrete Kunst ihre Szene rund um Köln, finden sich zwischen Düsseldorf und Bonn auch die meisten Sammler. Doch Oberhausen „hat diese wirklich einmalige Halle“, sagt Dr. Wilfried Darlath, selbst Kölner, voller Emphase. Mit diesen 960 Quadratmetern der einstigen Klempnerei in der Zinkfabrik Altenberg überzeugt der Verein für aktuelle Kunst / Ruhrgebiet, kurz VfaKR, die Künstler seiner Wahl.

40 Jahre sind die Liebhaber der Farbmalerei nun als e.V. aktiv. Und mag es auch Oberhausener geben, die diese Kunsthalle mit den markanten Oberlichtern noch nie als Ausstellungsort wahrgenommen haben – das Renommee bei den künstlerischen Nachfahren von Max Bill oder Josef Albers ist international. Die Pionierrolle kommt Hartwig Kompa zu. Der Oberhausener war in Berlin Meisterschüler bei Raimund Girke, dessen „fundamentale“ Malerei sich oft auf die Farbe Weiß konzentrierte.

Der Kölner Dr. Wilfried Darlath entdeckte als Kunstsammler den Verein in Oberhausen und amtiert seit nun zwölf Jahren als stellvertretender Vorsitzender des VfaKR.
Der Kölner Dr. Wilfried Darlath entdeckte als Kunstsammler den Verein in Oberhausen und amtiert seit nun zwölf Jahren als stellvertretender Vorsitzender des VfaKR. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Dagegen ist das Treiben im Zentrum Altenberg, zu dessen Vereinsdach Sovat auch die aktuellen Künstler zählen, doch entschieden bunter. In den Anfangsjahren zeigte sich die Klempnerei noch vielfältig genutzt für Konzerte, Performances und Ausstellungen ganz unterschiedlicher Couleur. Die „Präsenz der Farbe“, betont Wilfried Darlath, seit 2008 als Vizevorsitzender neben Christoph Henkel an der Spitze des VfaKR, setzte sich 1984 mit der gleichnamigen Ausstellung durch. Zeitgleich ließ an der US-Ostküste die ganz ähnlich gestimmte Schau „Radical Painting“ die Kenner aufmerken.

„Die Künstler tun’s fürs Renommee!“

„Konkrete Kunst“, betont Wilfried Darlath, der Sammler, sei eben keine Epoche, die mit dem berühmten Bottroper Josef Albers (1888 bis 1976) geendet habe: „Diese Ära ist nicht abgeschlossen.“ Und ein ästhetisches Dogma wollen die knapp 50 Mitglieder des VfaKR, zur Hälfte selbst Künstler, auch nicht daraus machen. Weil die große Halle mit ihren variablen Wänden dazu einlädt, stellt die vereinsinterne Programm-Kommission bevorzugt Dreier-Ausstellungen zusammen: Und so sieht der Besucher neben der zu erwartenden Farbmalerei auch Objektkunst oder experimentelle Fotografie – mal kontrastreich, mal in einem überraschenden Einklang der unterschiedlichen Metiers.

Variable Wände sorgen in der einstigen Klempnerei für spannende Sichtachsen – und die Oberlichter für Helligkeit.
Variable Wände sorgen in der einstigen Klempnerei für spannende Sichtachsen – und die Oberlichter für Helligkeit. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Anschaulich beschreibt Wilfried Darlath die Freude der Künstler beim Aufbau ihrer Werke: an den Sichtachsen und Lichtnuancen, die sich hier im Zentrum Altenberg entdecken lassen. „Sie tun’s fürs Renommee!“ Der Vizevorsitzende bedauert, dass der VfaKR bei einem schmalen Jahresetat von 5000 Euro zu den Transportkosten für die Kunst nur einen Zuschuss geben kann. „Trotzdem hat uns nur einmal ein Künstler deshalb abgesagt.“ Wenn Sammler Arbeiten aus der Ausstellung kaufen, bittet der Verein um eine Spende – „dann können wir finanziell etwas durchatmen“.

Hausaufgaben vor den „Brückenschlag“-Millionen

Als „Finanzspritze“ beschreibt Dr. Darlath auch die beiden Kooperationen mit den Kurzfilmtagen – die allerdings auch spektakuläre Ergebnisse zeigten: So avancierte 2017 Khavn de la Cruz, das künstlerische Allround-Talent von den Philippinen, zum Star der 63. Kurzfilmtage – und verwandelte die hehre Halle an der Hansastraße in „Happyland“, die knallbunte Version eines Slums mit Wohnhütten, Klamottenladen und Barbershop. Die schrille Begegnung zeigt: Die Farbmalerei-Verehrer haben wenig Berührungsängste.

Der Gründer: Hartwig Kompa verschaffte der ausgeprägt „rheinischen“ Farbmaler-Szene ein ideales Oberhausener Domizil.
Der Gründer: Hartwig Kompa verschaffte der ausgeprägt „rheinischen“ Farbmaler-Szene ein ideales Oberhausener Domizil. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Schließlich soll „ihre“ Halle ja auch im Zuge des „Brückenschlag“-Millionenprojekts multifunktional werden. Kurz vor Corona, Anfang März, zählte Winfried Darlath zur Oberhausener Delegation, die sich ins Bauministerium nach Düsseldorf aufgemacht hatte: „Man gab uns noch Hausaufgaben zu erledigen.“ Eine zeitliche Prognose wagt der VfaKR-Vize allerdings nicht. Dem Verein für aktuelle Kunst ist wichtig, dass nach der Sanierung, die dann auch eine Nutzung im Winter ermöglichen würde, es bei den guten Bedingungen fürs Ausstellungsprogramm bleibt.

„On the road“ oder in die Kirche

Und während der Bauarbeiten? „Dann wäre der Verein on the road“, meint Winfried Darlath optimistisch. Als von 1987 bis 1992 die gesamte Zinkfabrik Altenberg von giftigen Altlasten befreit werden musste, hatte der VfaKR sechs Jahre nicht ausstellen können. Das soll ihm nicht wieder passieren.

22 Künstler verwandeln Papier in Skulpturen

Die Corona-Krise hat den VfaKR bisher nur eine Ausstellung gekostet – doch die Gegenüberstellung der außergewöhnlichen Prints von Lydia Mammes und Nikola Dimitrov will der Verein im Herbst nachholen.

Die nächste große Ausstellung „Papier skulptural“ öffnet bereits am 30. August und versammelt Werke von 22 nationalen und internationalen Künstlern – natürlich auch aus Japan mit seiner stolzen Tradition der dreidimensionalen Papierkunst.

96 Besucher erlaubt die Stadt unter Corona-Bedingungen für die 960 Quadratmeter große Halle. „Es hat wunderbar geklappt“, resümiert Wilfried Darlath. Eine Terminübersicht mit vielen Bildbeispielen sowie eine eindrucksvolle Liste der Publikationen zu den VfaKR-Ausstellungen bietet die Webseite vfakr.de

Auch Kirchen könnten sich die Vereinschefs während der Zeit „on the road“ als Partner vorstellen. Zur meditativen Anmutung mancher mit Hingabe geschichteter Farbmalerei könnten sie sogar ausgezeichnet passen.