Oberhausen. Das Erbe des Bergbaus beschäftigt Oberhausen noch immer. In einem Berufskolleg der Stadt sorgt er noch heute für auffällig schiefe Flure.

Die Ehrlich Brothers haben nicht ihre Finger im Spiel. Obwohl die schrägen Flure des Käthe-Kollwitz-Berufskollegs wie eine optische Illusion aus dem House of Magic am Centro aussehen. In manchen Räumen kommt man sich so vor, als habe man „einen im Tee“. Aber am Berufskolleg wird tatsächlich nur Tee und Kaffee gekocht. Es ist schräg, definitiv.

Sogar Schuldezernent Jürgen Schmidt und Immobiliendezernent Michael Jehn mussten schmunzeln, als sie bei einer Pressebereisung auf einer Zwischenebene der Wendeltreppe standen. Der Anlass des Besuches war eigentlich der Fünf-Millionen-Euro teure Anbau an der Richard-Wagner-Allee. Mit modernster Technik ausgestattet, setzt er neue Standards.

Schräglage seit zwanzig Jahren bekannt

Der Altbau fällt dagegen ab – wortwörtlich. Besonders in langen Fluren wird offensichtlich, was hier schief läuft: Ganz klar der Boden. Schulleiter Peter Högerle kann wie Schmidt darüber lachen, auch wenn die Schräglage für ihn Alltag geworden ist. Neue Kolleginnen und Kollegen würden sich zu Anfang wundern, hätten sich aber schnell daran gewöhnt.

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Nach Auskunft der Servicebetriebe Oberhausen, die sich um den Bau und Erhalt der Schulgebäude kümmern, beträgt das Gefälle bis zu 20 Zentimeter. Wobei es in der Wahrnehmung weitaus größer ausfällt, wenn man den „Berg“ im Flur rauf oder runter läuft.

Bekanntgeworden ist die Schräglage aber nicht erst durch den Ortstermin von Schmidt, Jehn und Oberbürgermeister Daniel Schranz. Vor zwanzig Jahren wurde festgestellt, dass das Gebäude abgesackt ist. Wie an anderen betroffenen Orten führte die RAG – früher Ruhrkohle AG – daraufhin Sicherungsmaßnahmen durch. Seitdem ist es zum Stillstand gekommen.

Schächte müssen aufwendig verfüllt werden

Warum die Bergbau-Spezialisten der RAG? Weil das Gebäude durch den Bergbau abgesackt ist. Die Folgen des Kohle-Zeitalters beschäftigen immer wieder die Oberhausener. So musste die Stadt an der Bebelstraße 22 Stahlbeton-Pfähle in den Boden treiben, um das Gelände vor dem Absacken zu schützen. Kostenpunkt: Eine halbe Million Euro. 2008 war schonmal an anderer Stelle die Füllmasse im Schacht I der Zeche Concordia in Bewegung geraten. Der Boden sackte um ganze dreieinhalb Meter ab, der Vorfall blieb allerdings folgenlos. In diesem Sommer verfüllte die RAG den Schacht 6 der Zeche Concordia. Ebenfalls ein teures und aufwendiges Unterfangen, das die Sicherheit langfristig erhöhen soll.

Am Standort Käthe-Kollwitz-Berufskolleg hat die RAG bestätigt, dass die Bodensenkungen zum Stillstand gekommen sind. Denn Oberhausen stellt vor allen größeren Bautätigkeiten Anfragen zur Bergbaulage. Zuletzt also bei der Errichtung des Anbaus. „Die Schieflage ist für das Gebäude unbedenklich“, teilen die SBO auf Nachfrage mit. „Es bestehen keine statischen Bedenken. Bei sämtlichen Bautätigkeiten sind lediglich Anpassungen am Bestand zu berücksichtigen.“

Der Anbau ist gerade: Er steht auf einem 40 Meter tiefen Fundament.
Der Anbau ist gerade: Er steht auf einem 40 Meter tiefen Fundament. © FUNKE / Foto Services | Gerd Wallhorn

Neubau steht auf 316 Säulen

Der Neubau wurde übrigens auf einem 40 Meter tiefen Fundament errichtet. Das 2000 Quadratmeter große Gebäude steht auf 316 mit Schotter verdichteten Säulen. Sicher ist sicher. Die großen Flure und modernen Klassenzimmer sind dafür aber auch gerade. Und werden es hoffentlich auch in Zukunft bleiben.