Oberhausen. Politiker im Kulturausschuss sind sich einig im Lob. 14.000 Kinder wollen „Pünktchen und Anton“ sehen. Nur Gastronomie gibt Anlass für Kritik.

Gedankenschweres Abwägen der Worte war in diesem Fall für die Politiker nicht mehr nötig: Fast überschwänglich war man sich im Kulturausschuss einig im Lob für einen blendenden Start der neuen Theater-Intendanz. Volker Köster von den Linken ließ es schließlich bei einem knappen Zwischenruf bewenden: „Unser Lob bitte auch ins Protokoll!“

Zuvor hatte Intendantin Kathrin Mädler so bündig wie schwungvoll auf die ersten sechs Premieren am Will-Quadflieg-Platz (plus eine weitere im Stadtraum) verwiesen: „Unser Start hätte nicht schöner sein können!“ Vor allem die fürs Theater Oberhausen in jeder Spielzeit bedeutsame Familienproduktion – also aktuell Erich Kästners „Pünktchen und Anton“ – landet einen punktgenauen Erfolg: Über 14.000 Anmeldungen bedeuten 50 ausverkaufte oder nahezu ausverkaufte Vorstellungen, nicht nur für Schulklassen, sondern auch im Vorabend-Repertoire. So soll denn auch die schwungvolle Inszenierung von Ingrid Gündisch bis März im Programm bleiben. Schließlich sind alle Rollen von Pünktchen bis zum Einbrecher Robert doppelt besetzt, um dieses große Angebot stemmen zu können.

„Man spürt, wie wichtig den Menschen das Theater ist“, meinte Intendantin Kathrin Mädler (v.li.) im Kulturausschuss, hier mit Verwaltungsdirektorin Doris Beckmann und Pressesprecher Hannes Richter.
„Man spürt, wie wichtig den Menschen das Theater ist“, meinte Intendantin Kathrin Mädler (v.li.) im Kulturausschuss, hier mit Verwaltungsdirektorin Doris Beckmann und Pressesprecher Hannes Richter. © FUNKE / Foto Services | Gerd Wallhorn

Die Erleichterung und Freude im Haus betonte denn auch Kathrin Mädler: „Das Ensemble“ – das die Intendantin zur Hälfte von ihrem früheren Haus aus Memmingen übernommen hatte – „fühlt sich in Oberhausen sehr herzlich aufgenommen. Wir spüren eine große Neugier beim Publikum.“ Die Besucherzahlen bewertete sie etwas vorsichtiger als „noch in der Rückgewinnung“ nach dem tiefen Einbruch durch zwei Corona-Lockdowns.

100-prozentige Auslastung in der Theater-Bar

Dabei können sich die dem Kulturausschuss vorgelegten Zahlen der ersten 32 Vorstellungen seit September durchaus sehen lassen. Unter den vier Uraufführungen des Spielzeitstarts verbucht Nick Hornbys Ehekomödie „State of the Union“ eindrucksvolle 100 Prozent Auslastung an den Tischen und auf der kleinen Tribüne der Theater-Bar. „Kissyface“, die derb-satirische Regiearbeit von Kathrin Mädler fürs Studio, erreicht 82 Prozent Auslastung. Im Großen Haus hatte der Liederabend „Gute Hoffnung“ 1026 Besucher oder 56 Prozent Auslastung. „Welt überfüllt“, die lohnenswerte Entdeckung des rund 90 Jahre alten Textes von Anna Gmeyner, sahen 1350 Theaterbesucher (entsprechend 37 Prozent Auslastung).

Theatergastronom Siegmund Tiefenbrunner beim Bier in „Zum wilden Kaiser“ (vormals „Falstaff“). Theaterbesucher fühlen sich allerdings auf dem Trockenen sitzen gelassen.
Theatergastronom Siegmund Tiefenbrunner beim Bier in „Zum wilden Kaiser“ (vormals „Falstaff“). Theaterbesucher fühlen sich allerdings auf dem Trockenen sitzen gelassen. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

„Es ist noch zu früh, ein erstes Fazit zu ziehen“, meinte Axel J. Scherer, „doch man spürt, dass sich etwas verändert hat: Die Spielfreude ist immens.“ Der Fotograf (auch für das Theater) und SPD-Kulturpolitiker nannte es „sehr angenehm“, dass die Auswahl der Stoffe für die erste Spielzeit „weniger belehrend, mehr fragenstellend“ geraten sei. „Theater gelingt nur im Team“, sagte sein Parteifreund Manfred Flore, der Ausschussvorsitzende: „In Oberhausen sind wir auf einem super Weg.“

Imbiss- und Getränkewagen vor der Theaterpforte

So galt denn die einzige kritische Anmerkung der Gastronomie im einstigen „Falstaff“, jetzt „Zum Wilden Kaiser“. Gastronom Siegmund Tiefenbrunner hatte seinen Abschied bereits angekündigt – doch scheint er sich, so die theateraffinen Politiker, um die Versorgung der aus den Vorstellungen kommenden Gäste nicht mehr groß zu scheren. „Wir wollen einladend sein“, versicherte dagegen Verwaltungsdirektorin Doris Beckmann. „Hinter den Kulissen“ bereite man den Wechsel der Gastronomie vor, der bis zum Sommer gelingen sollte. Beckmann kündigte zudem eine „technische Ertüchtigung“ von Küche und Keller an. Andreas Gadde von den Grünen hatte schon mal vorsorglich für Imbiss- und Getränkewagen vor der Theaterpforte plädiert.

„Hoffnung ist ein Kunststück“ in der Christuskirche

Theater und Kirchengemeinden sehen sich als Säulen unserer Gesellschaft. Ein Teil ihrer Arbeit ist das Nachdenken über essenzielle Themen. Mit jeweils eigenen Mitteln wollen zu einem respektvollen Miteinander beitragen. Das Projekt „Theater und Gemeinden“ will neue, spannende Denkräume schaffen.

Beim Auftakt am ersten Adventssonntag, 27. November, um 10 Uhr in der evangelischen Christuskirche, Nohlstraße, mit Gesang, der Lesung eines Textes von John von Düffel und einem Predigtgespräch wird neuen Hoffnungsgeschichten nachgespürt.

Mitgestaltende bei „Hoffnung ist ein Kunststück“ sind Pfarrerin Ilona Schmitz-Jeromin und Kantor Danny Neumann sowie vom Theater die Intendantin Kathrin Mädler, Dramaturgin Anne Verena Freybott und die Schauspieler Khalil Aassy und Jens Schnarre.