Oberhausen. In Oberhausen wollte McFit-Unternehmer Rainer Schaller seinen Traum des weltgrößten Fitness-Tempels „The Mirai“ erfüllen. Nun ist er verunglückt.

Der in Bamberg geborene Rainer Schaller hat schon in jungen Jahren als Edeka-Einzelhandelskaufmann vier Läden in Oberfranken geleitet – und sich dann mit Ehrgeiz, Kreativität und Begeisterungsfähigkeit mit einer im Grunde einfachen Geschäftsidee bis zum 250 Millionen Euro vermögensschweren Unternehmer nach oben gearbeitet.

In Oberhausen bleibt der ideenstarke und innovative Unternehmer nachhaltig in Erinnerung – auch wenn seine Vision des Branchen-Leuchtturms „The Mirai“, des größten Fitness-Zentrums der Welt, durch die Pandemie abgeblasen wurde. Der 53-jährige Schaller ist am Freitag mit seiner Familie auf einer Urlaubsreise mit einem Kleinflugzeug vor der Küste Costa Ricas abgestürzt.

Innerhalb von nur 25 Jahren hat Rainer Schaller mit „McFit“ (später McFit Global Group, danach Rainer Schaller Global RSG-Group) ein internationales Fitness-Unternehmen geschaffen: Er transportierte die Discounter-Idee aus dem Lebensmittelhandel, das „Aldi-Prinzip“ auf die seit den 80er Jahren boomende Fitnesskultur. Damals waren Sportstudios mit kostenträchtigen Saunen und Schwimmbädern teuer, Schaller sorgte mit abgespeckten Fitnessräumen für bezahlbare Preise – und zog Massen an. 2020 kaufte sich sein Unternehmen sogar ins Erfinder-Land des Fitnesskultes, in die global operierende US-Fitnesskette Gold’s Gym, ein.

Ende August 2017 im Gespräch mit Oberbürgermeister Daniel Schranz, OB-Sprecher Hannes Fritsche (rechts) und dem damaligen Mirai-Geschäftsführer Ralph Scholz (links) im Oberhausener Rathaus: Rainer Schaller, geschäftsführender McFit-Gesellschafter
Ende August 2017 im Gespräch mit Oberbürgermeister Daniel Schranz, OB-Sprecher Hannes Fritsche (rechts) und dem damaligen Mirai-Geschäftsführer Ralph Scholz (links) im Oberhausener Rathaus: Rainer Schaller, geschäftsführender McFit-Gesellschafter © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Doch wenn man Schaller persönlich kennenlernte, dann begegnete man keinem großspurig auftretenden „Hoppla!-Jetzt-komm-ich“-Menschen, sondern einer bescheiden wirkenden, in sich ruhenden Persönlichkeit: Freundlich, konzentriert, auch unangenehmen Fragen nicht ausweichend. Sprach man ihn auf seine größte menschliche und geschäftliche Katastrophe an, als Loveparade-Veranstalter der Jahre 2006 bis 2010 die tödliche Falle der Technoveranstaltung in Duisburg mitverursacht zu haben, dann blieb er bei offiziellen Terminen professionell-distanziert, sprach aber wie auch vor Gericht davon, dass er selbstverständlich die „moralische Verantwortung“ für das Unglück trage und übernehme.

Die große Fitness-Vision „The Mirai“ in Oberhausen

In Oberhausen wollte der Selfmade-Millionär ab 2017 eine Vision verwirklichen, die er schon länger mit sich trug: Fitness-Sport für alle, von ganz jung bis ganz alt. Für 100 Millionen Euro sollte der größte Fitness-Tempel der Welt in drei ziemlich leeren Industriehallen am Centro entstehen, der aber viel mehr bieten sollte als kostenloses Training für alle an neuesten innovativen, mit Computer vernetzten Geräten: Persönliche Trainer helfen bei Übungen, Wissenschaftler analysieren Fitness-Werte für Studien, Fitness-Anbieter versammeln sich zu einer Dauer-Messe, ein TV-Studio überträgt Fitness-Tipps und Sportdebatten, die Branche versammelt sich zu Kongressen.

„The Mirai“ nannte Schaller das Projekt „Zukunft“, denn in Oberhausen sollte sich die internationale Fitness- und Sportbranche immer wieder neu erfinden. Das Projekt wurde allerdings im November 2020 von Schaller selbst abgesagt, weil die immer noch anhaltende Pandemie allgemein Sportstudios vor finanzielle Probleme stellte, die Wirtschaftlichkeitsberechnungen von „The Mirai“ immer schlechter ausfielen – und vielen die Fantasie fehlte, das Tausende Menschen irgendwann einmal wieder an einem Ort zusammenkommen, um gemeinsam beim Sport zu hecheln und zu schwitzen.

Was Rainer Schaller über das Ruhrgebiet dachte

Bei der Wahl des Standorts für dieses Fitness- und Kongresszentrum hatte Oberhausen das Rennen gemacht, weil das Centro und die Konzertarena Jahr für Jahr 20 Millionen Menschen in die Neue Mitte lockten. „Zur Wahl hat nur noch Los Angeles gestanden“, sagte einmal Schaller intern – und meinte das durchaus ernst. Er dachte eher zu groß als klein in Pepita-Manier. Das Ruhrgebiet selbst betrachtete der Bayer überraschend positiv – aus eigener Erfahrung. „Ich habe zwei Jahre in Bochum gelebt, habe in Oberhausen mit der Turbinenhalle selbst den Vertrag für unser McFit-Studio an der Mülheimer Straße geschlossen“, erzählte er damals im Oberhausener Rathaus. „Ich weiß genau: Das Ruhrgebiet ist eine unglaublich dynamische Region, auch wenn das von außen nicht immer so gesehen wird.“

Für 100 Millionen Euro wollte Rainer Schaller am Oberhausener Centro in drei Industriehallen mit neuem Eingangs-Anbau das weltweit größte Fitness- und Kongresszentrum errichten.
Für 100 Millionen Euro wollte Rainer Schaller am Oberhausener Centro in drei Industriehallen mit neuem Eingangs-Anbau das weltweit größte Fitness- und Kongresszentrum errichten. © McFit Group | RSG Group

In den Jahren zuvor arbeiteten Oberbürgermeister Daniel Schranz und andere Spitzenverantwortliche der Stadt Oberhausen immer wieder mal mit Rainer Schaller zusammen, auch direkt im persönlichen Gespräch. Schaller war zwar ein Familienunternehmer, der sich mehr um die großen Leitplanken, um die Visionen kümmerte, nicht um die technischen Details, doch immer wieder, wenn es schwieriger wurde, schaltete er sich persönlich ein. „Wir haben hin und wieder miteinander telefoniert. Entweder rief er selbst an oder ich kontaktierte ihn direkt, um ein paar Fragen zu klären – das war stets unproblematisch“, erinnert sich heute Schranz.

Oberhausener Oberbürgermeister Daniel Schranz reagiert geschockt

Am Wochenende hatte das Oberhausener Stadtoberhaupt die ersten Meldungen eines Absturzes des Flugzeuges von Rainer Schaller intensiv verfolgt. „Als ich das las, war ich total geschockt. Wenn man so einen Menschen im kleinen Kreis oder bei öffentlichen Gelegenheiten kennen- und schätzengelernt hat, dann trifft solch ein fürchterliches Unglück noch einmal besonders.“ Schaller sei auf Anhieb eine beeindruckende Persönlichkeit gewesen, man hätte sogar beim ersten Treffen mit ihm sofort gespürt, dass dieser Mensch etwas ganz Besonderes innehatte.

„Schaller war ein sehr gewinnender, sehr wertschätzender Gesprächspartner, der stets die langen Linien im Blick hatte. Er war nicht nur unglaublich begeisterungsfähig, sondern begeisterte mit seiner Art auch andere. Seine Vision The Mirai war ein langer Traum von ihm, eine wirkliche Herzensangelegenheit. Das war ihm wichtig, das spürte man.“ Noch heute bedauert Daniel Schranz, dass ausgerechnet dieses Projekt nicht von Schaller verwirklicht werden konnte. Doch in diesen Stunden denkt der Christdemokrat an das traurige Schicksal des Unternehmers und seiner Familie, die auf einer Reise, auf der sie die Schönheiten dieser Welt erkunden wollten, tödlich verunglückte.