Oberhausen. Das Gesundheitssystem wankt, die Bürger sorgen sich um die nahe Versorgung im Krankheitsfall durch kompetente Kliniken. Die Politik will handeln.

Das Gesundheitssystem steht in der Kritik. Wie sieht die Versorgung in Oberhausen aus – was plant die Politik? Wir baten Politiker vor Ort um Stellungnahmen. Die Antworten, vor allem der großen Volksparteien, überraschen: Während die eine plant, die Gewinne privater Betreiber zu regulieren und eine Rückkehr der Krankenhäuser in eine kommunale Trägerschaft in Aussicht stellt, bevorzugt die andere eine weitere Verdichtung der Gesundheitslandschaft. Keine Rückmeldungen gab es von FDP und AfD.

Sonja Bongers, SPD-Landtagskandidatin und SPD-Fraktionsvorsitzende in Oberhausen, fordert einen Systemwechsel: „Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass unser bis dahin recht stabiles Gesundheitssystem ins Wanken gerät – und wir wissen nicht, ob Corona dauerhaft bleibt.“

Die SPD-Ratsfraktionsvorsitzende Sonja Bongers bei einer Ratssitzung in der Oberhausener Stadthalle.
Die SPD-Ratsfraktionsvorsitzende Sonja Bongers bei einer Ratssitzung in der Oberhausener Stadthalle. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Die von CDU-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann geplante Reform der Krankenhauslandschaft aber werde dieser Lage nicht gerecht. Im Gegenteil: „Die Ökonomisierung des Grundrechtes auf medizinische Versorgung bedeutet heftige Einschnitte.“ Nicht jede Krankheit könne danach künftig ortsnah versorgt werden. „Weil die Fachkliniken dann nicht mehr vorhanden sind.“ Genau dies aber will die SPD bei einer Regierungsübernahme in NRW verhindern: „Die Gewinnentnahme privater Kliniken muss reguliert, Krankenhäuser müssen zur Not in kommunale Trägerschaft übernommen werden.“ Es gehe in diesem Bereich um Leben und Gesundheit. „Das wollen wir nicht Leuten überlassen, die damit sehr viel Geld verdienen wollen.“

Auch die ambulante Versorgung über die Arztpraxen sei längst in Gefahr. „Es kann nicht sein, dass in sozialschwachen Stadtteilen keine Fachärzte, insbesondere Kinderärzte oder Psychotherapeuten, vorhanden sind“, meint Bongers. Mit dem Bund soll geklärt werden, inwieweit generell ein neues Vergütungssystem für Arztpraxen etabliert werden kann.

Mehr Anreize für Pflegekräfte schaffen

Simone-Tatjana Stehr, CDU-Landtagskandidatin und CDU-Fraktionsvorsitzende in Oberhausen, weist dagegen auf erreichte Erfolge ihrer Partei hin: „Die schwarz-gelbe Landesregierung hat die wohnortnahe Gesundheitsvorsorge landesweit gesichert – auch in Oberhausen.“ Insgesamt seien landesweit die Investitionen in Krankenhäuser von 530 Millionen Euro im Jahr 2016 auf über 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2021 gesteigert worden.

Simone Tatjana Stehr, Fraktionsvorsitzende der CDU, bei einer Ratssitzung in der Oberhausener Stadthalle Ende 2021.
Simone Tatjana Stehr, Fraktionsvorsitzende der CDU, bei einer Ratssitzung in der Oberhausener Stadthalle Ende 2021. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Die CDU-Fraktion in Oberhausen setzt sich für eine wohnortnahe Grund-, Notfall- Geburts- und Kinderversorgung in der Stadt ein. „Wir dürfen es nicht alleine dem Markt überlassen, wo wir welches medizinische Angebot vorhalten“, betont zwar auch Stehr. Dabei könne eine flächendeckende Krankenhausversorgung aber nicht bedeuten, dass jeder Stadtteil über ein Krankenhaus mit Vollversorgung verfügen muss. Auf Landesebene will die CDU in den kommenden fünf Jahren nochmals 2,5 Milliarden Euro für ein Krankenhaus-Modernisierungsprogramm zur Verfügung stellen.

20 Minuten Fahrt bis zum nächsten Krankenhaus

Der Oberhausener CDU-Vorsitzende und Landtagskandidat Wilhelm Hausmann lobt ebenfalls die Investionsförderung der Krankenhäuser durch das Land: „Von 2012 bis 2017 erhielten die Krankenhäuser in NRW 3,15 Milliarden Euro Investitionsförderung.“ Schwarz-Gelb habe dagegen 5,2 Milliarden Euro ausgezahlt. „Rot-Grün hat während ihrer Regierungszeit 60 Krankenhäuser geschlossen, bei uns waren es bis 2020 gerade einmal elf.“ Bei einer künftigen Krankenhausplanung müsse nach Ansicht der CDU gelten: „Für die Menschen muss in 20 Minuten eine Klinik erreichbar sein.“

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Die Grünen-Ratsfraktionsvorsitzende Steffi Opitz ist von dem Gesundheitsangebot in Oberhausen überzeugt. „Mit sechs Krankenhäusern haben wir eine sehr gute Versorgung mit kurzen Wegen“, meint sie. Grundsätzlich sei den Grünen eine wohnortnahe Versorgung wichtig. „Dabei muss die Qualität der Patientenversorgung immer an erster Stelle stehen.“ Mit Blick auf den Fachkräftemangel und die Arbeitsbedingungen auf den Stationen müsse man einzelne Standorte aber weiter spezialisieren. „Eine Vollversorgung mit den wichtigsten Fachkliniken ist zwar für die Stadt wichtig, muss jedoch nicht zwingend in allen Häusern vorgehalten werden.“

Die Fraktionvorsitzende der Grünen im Oberhausener Rat, Steffi Opitz.
Die Fraktionvorsitzende der Grünen im Oberhausener Rat, Steffi Opitz. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Land soll die Investitionskosten komplett übernehmen

Linken-Ratsfraktionschef Yusuf Karacelik kritisiert, dass die schwarz-gelbe Landesregierung an der Zentralisierung von Krankenhäusern festhalten will. NRW habe noch etwa 340 Krankenhäuser. Nach Berechnungen der Krankenhausgesellschaft liege der Investitionsstau dieser Hospitäler bei 12,5 Milliarden Euro. Zusätzlich habe die Pandemie für Einnahmedefizite der Krankenhäuser in dreistelliger Millionenhöhe gesorgt – allein in einem Monat. Kliniken seien also in Gefahr.

Yusuf Karacelik von der Linken Liste bei einer Rede im Rat der Stadt Oberhausen.
Yusuf Karacelik von der Linken Liste bei einer Rede im Rat der Stadt Oberhausen. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Die Linken unterstützen deshalb die Forderungen der Volksinitiative „Gesunde Krankenhäuser in NRW – für alle!“. Danach sollten Krankenhäuser wohnortnah geplant werden. Alle Kosten müssten durch das Land finanziert, ein Sonderprogramm zur Behebung des Investitionsstaus bis 2024 aufgelegt werden.

Heute noch privat geführte Krankenhäuser müssen nach Ansicht der Linken künftig von der öffentlichen Hand betrieben werden. Karacelik kritisiert in Oberhausen das Vorgehen des Klinik-Konzerns Ameos, der Ende 2019 drei Krankenhäuser der Katholischen Kliniken Oberhausen (KKO) aufgekauft hatte. So sei es nicht hinnehmbar, dass der private Schweizer Klinikeigentümer mehrere Abteilungen im Marienhospital geschlossen oder verlegt habe. Zudem gibt es in Osterfeld keine Notaufnahme mehr.