Oberhausen. Wer so pflegebedürftig ist, dass nur die Pflege in einem Heim sinnvoll ist, zahlt 2000 bis 3000 Euro im Monat selbst – für ein kleines Zimmer.
Die Kosten für Bewohner der Oberhausener Altenpflegeheime haben sich in den vergangenen zwei Jahren deutlich erhöht. Im Schnitt müssen die Seniorinnen und Senioren, die sich zu Hause nicht mehr selbst oder mit einem ambulanten Pflegedienst versorgen können, 2750 Euro im Monat aus eigener Tasche zahlen. Dabei ist der Zuschuss der Pflegekassen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung von bis zu 2005 Euro monatlich (Pflegegrad 5) bereits berücksichtigt.
Die Betreiber der Oberhausener Pflegeheime berechnen also tatsächlich im Schnitt einen Monatspreis für einen Heimplatz von 4755 Euro für einen Schwerstpflegebedürftigen. Für diejenigen, die noch einigermaßen fit sind, also nur als Pflegegrad zwei vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) eingestuft wurden, beträgt die Monatsrechnung im Schnitt 3520 Euro. Damit sind Pflege, Gebäudeinvestitionskosten, 24-Stunden-Betreuung, Reinigung, Heizung, Speisen und Getränke abgegolten.
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Die Preise für die Unterbringung in einem Pflegeheim sind in den vergangenen Jahren ungebrochen weiter gestiegen – der Eigenanteil, den die Oberhausener Bewohner aufbringen müssen, ist allein von Februar 2020 bis zum Februar 2022 um 8,4 Prozent geklettert. Damit liegt der Preisanstieg für Heime im Jahr mit 4,2 Prozent höher als die allgemeine jährliche Inflationsrate.
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Einige Oberhausener Heimbetreiber haben aber im Vergleich zu Anfang 2020 besonders hohe Aufschläge herausgeholt – bis zu 17,5 Prozent. Besonders auffällig sind die starken Verteuerungen der ASB Seniorenzentren, des Vincenzhauses, der DRK Seniorenresidenz sowie der Häuser Abendfrieden, Katharina und Gottesdank. Sie erhöhten mit zweistelligen Prozentsätzen – das macht im Monat zwischen 220 und 360 Euro mehr aus.
Kein Oberhausener Heimplatz mehr unter 2000 Euro Eigenanteil im Monat
Es gibt derzeit kein einziges Heim von 21 stationären Unterbringungsmöglichkeiten in Oberhausen, das für die Bewohner weniger als 2000 Euro Eigenanteil im Monat kostet. Vor zwei Jahren lag das günstigste Heim noch bei 1866 Euro (Haus Katharina). Die Schallmauer von 3000 Euro Eigenanteil im Monat ist nun gleich von drei Heimen im Stadtgebiet durchbrochen worden: das städtische Louise-Schröder-Heim, das Haus Isabel und die Seniorenresidenz am Olga-Park; vor zwei Jahren kratzte nur ein einziges Heim an der 3000-Euro-Schwelle – das Olga-Altenheim.
Damit wird es für eine zunehmende Zahl an Älteren schwierig, aus eigener Kraft, aus eigener Rente und eigenem Vermögen die hohen Kosten ihrer Pflegebedürftigkeit zu stemmen. Immer häufiger muss dann das Sozialamt einspringen, wenn das eigene Ersparte bis auf einen Freibetrag aufgezehrt ist. Umfragen zeigen, dass vielen Familien die Tatsache der hohen selbst zu tragenden Pflegekosten nicht bewusst ist. Sie gehen irrtümlich davon aus, dass die Pflegeversicherung und die Rente schon alles richten.
Warum aber ist der Heimaufenthalt so extrem teuer? „Wenn wir die Pflegequalität, die wir eigentlich anstreben, erreichen wollen, müsste der monatliche Preis sogar noch höher liegen“, meint Stefan Welbers, Leiter des Sterkrader Seniorenzentrums Gute Hoffnung und Sprecher der 21 Altenheime. „Wir schleppen immer noch die Konstruktionsfehler der Pflegefinanzierung aus den 90er Jahren mit: Die Pflegeversicherung ist nur eine Teilkasko-Versicherung und die Krankenkassen zahlen gemäß den jährlichen Pflegesatzverhandlungen nur 50 Prozent Pflegefachkräfte statt 100 Prozent Experten-Qualität, die andere Hälfte können so nur Hilfskräfte sein.“
Zudem sei der Bau von Pflegeheimen durch die Bauvorschriften (Einzelzimmer, Wärmedämmung, etc.) immer teurer geworden – was sich in den Investitionsaufwendungen für Heimbewohner niederschlägt. Trotzdem sei kein Luxus drin – bezahlt würden nur relativ kleine Zimmer. „Wir sind schon froh, wenn wir vier Sterne erreichen, sieben schaffen wir nicht.“
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Doch mit den Preisen seien zugleich die Ansprüche der Heimbewohner und der Angehörigen stark gestiegen, beobachtet Welbers. Alle Heimleiter würden erleben, dass Familien sich über die Qualität von Betreuung, Essen und Ausstattung beschweren – nach dem Motto: Teuer und dann auch noch schlechte Qualität. Aber dies sei oft angesichts von 24-Stunden-Rund-um-die-Uhr-Betreuung nicht gerechtfertigt.
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Aber sicherlich macht man mit Altenheimen dicke Gewinne? Dies sei ein Irrtum, meint der Oberhausener Pflegeheim-Sprecher. Bei den meisten Betreibern, die ihr Personal nach Tarif bezahlen, bleibe am Ende bis auf Rücklagen für schwierige Zeiten nichts übrig. Nur die Investoren der Heimgebäude selbst verlangen und erhalten auch eine marktgerechte Rendite.
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Welche Erfahrungen haben Sie mit der Pflege in Alten- und Seniorenheimen gemacht? Wenn Sie möchten, schildern Sie uns Ihre Erlebnisse und schreiben Sie eine Mail an: redaktion.oberhausen@waz.de. Auch die Sichtweise von Pflegekräften und ihre Erlebnisse mit Angehörigen und Pflegebedürftigen interessiert uns für weitere Berichte.
Qualität lässt sich an Heimpreisen nicht ablesen
Die städtische Pflegeberatungsstelle, die stetig die Liste mit den Preisen der 21 Altenpflegeheime auf der Internetseite der Stadt Oberhausen (https://www.oberhausen.de) aktualisiert, empfiehlt allen Familien, die Kosten der Altenheime genau zu vergleichen – und die vorab ausgewählten Heime zu besuchen und sich selbst einen eigenen Eindruck vor Ort zu verschaffen. „Die Preise der Heime sind doch recht unterschiedlich. Ein hoher Preis bedeutet nicht automatisch eine hohe Qualität – und umgekehrt“, beobachtet der städtische Pflegeberater Jan Katner.Einen erheblichen Einfluss auf den Endpreis für das Heim haben die Baukosten, also die Investitionsaufwendungen für das Heim, die die Heimbewohner tragen müssen. Deshalb sei in der Regel ein Neubau teurer als ein 20 Jahre altes Heim, analysiert Katner. Es bedeute aber nicht, dass die Pflege besser oder schlechter sei.