Das Streusalz ist aus. Wann es wieder Nachschub gibt, steht in den Sternen. Dirk Buttler, Rechtsdezernent, prüft Verträge. Und nicht nur die Stadt kriegt den Salzengpass zu spüren.

Die Streusalz-Krise beschäftigt Stadtverwaltung und WBO weiterhin in erheblichem Maße. Mitarbeiter der Wirtschaftsbetriebe sind seit Mittwoch unterwegs, um an den Ortseingangsstraßen Schilder aufzuhängen mit der Aufschrift „Eingeschränkter Winterdienst”. Derweil sitzen Kollegen am Telefon, versuchen Salzquellen im In- und Ausland aufzutun. Und Dirk Buttler, Rechtsdezernent, prüft Verträge.

Aber nicht nur die Stadt kriegt den Salzengpass zu spüren. Oberhausener, die Streusalz für die Fußwege vor ihrem Haus kaufen möchten, dürften mit leeren Händen nach Hause gehen. Lediglich Hansfried Zöllinger, Markleiter des Hagebaumarktes Ziesak Plaza, erklärte: „Wir haben noch ein kleines bisschen Salz.” Im Praktiker Baumarkt dagegen, wo man tonnenweise Streusalz geordert hatte, war alles ausverkauft. Und auch bei Hellweg ist das Salz aus.

Erlaubnis

Dabei ist es in Oberhausen – im Gegensatz zur Nachbarstadt Mülheim etwa – erlaubt Salz zu streuen. Zumindest, „wenn mit abstumpfenden Streustoffen keine ausreichende Sicherheit gewährleistet wird”, sagt die Straßenreinigungssatzung Oberhausens. Den Bürgern bleiben aber nun nur abstumpfende Mittel wie Granulat oder Sand, denn die sind noch zu haben.

Die Stadt selber hat auch ein Problem, weil sie verpflichtet ist, Straßen und öffentliche Wege von Eis und Schnee freizuhalten. Verunglückt ein Bürger auf eisglatter Fläche, kann er die Kommune auf Schadensersatz und Schmerzensgeld verklagen, verdeutlicht der Gelsenkirchener Verkehrsrechtsanwalt Arndt Kempgens (40). Doch so einfach, wie sich das alles anhört, so kompliziert ist das rechtliche Gefüge hinter der Salznot.

Straßendienst

Die Stadt ist ja aus dem Schneider, wenn sie nachweislich weder national noch international Streusalz auftun konnte. „Stimmt”, bestätigt auch Kempgens. Deshalb telefonieren sich die WBO-Mitarbeiter auch einen Wolf. Doch Kempgens schränkt dann ein, sieht es als eher ausgeschlossen an, dass sich tatsächlich kein Salz auftreiben lässt. Also könnten Bürger im Falle eines Unfalls doch wieder bei der Stadt an die Tür klopfen. „Verliert die Stadt den Prozess, könnte der Deutsche Straßendienst gegenüber der Behörde haftbar sein”, sagt der Anwalt. Der Straßendienst hatte ja zugesichert, innerhalb von 48 Stunden Salz nachzuliefern, was er nun nicht einhalten kann.

Und dann kommt schon wieder ein „Aber”. „Der Deutsche Straßendienst hat womöglich entsprechende Klauseln in seinen Verträgen, die ihn schützen”, so Kempgens. Dirk Buttler bestätigte, dass Klauseln in den Verträgen existieren und erklärte: „Ich bin gerade dabei, die Verträge komplett zu sichten.” Auch die Schilder „Eingeschränkter Winterdienst” dienen der Stadt als rechtliche Absicherung, wie beim ADAC zu erfahren war. Genauso wie der Aufruf über die Presse: „Alle Verkehrsteilnehmer werden deshalb aufgefordert, ihre Fahrweise den besonderen Bedingungen anzupassen. Besser noch: das Auto einfach mal stehen lassen.” Zur Verkehrssicherheitspflicht der Städte allgemein sagt Kempgens noch: „Es ist überraschend, wie weit sie geht und dass Bürger in der Regel Verfahren auch gewinnen.”

Straßennetz

In Oberhausen gibt es 560 Kilometer Straßen. Davon müssen 500 Kilometer gestreut werden. Und zwar entsprechend aufgegliedert in drei Dringlichkeitsstufen.

In normalen Wintern, wenn rund 700 Tonnen Streusalz benötigt werden, zahlt die Stadt dafür rund 50 000 Euro. Heinz Van Gemmeren schätzt übrigens, dass es zu dem Engpass gekommen ist, weil die Salz-Produzenten einfach ihre Kapazitäten überschätzten. „Von Spanien bis Skandinavien hat es noch nie eine so stabile Kaltwetterlage gegeben”, so Van Gemmeren. Sogar China sei betroffen.