Oberhausen. Die Knappenhalde ist die höchste Erhebung der Stadt Oberhausen – und wird mehr als stiefmütterlich behandelt – Verschönerung im Schneckentempo.
Wer in diesen Noch-Wintertagen bei schönem Wetter die Oberhausener Knappenhalde am Rande des Geländes „Neue Mitte“ emporsteigt, genießt einen weiten Blick übers westliche Ruhrgebiet.
Der Monte Schlacko erhebt sich immerhin auf über hundert Meter, die Bergehalde der Zeche Oberhausen an der Lipperstraße 24 ist heute dicht bewachsen – und deshalb bei Familien ein beliebtes Naherholungsziel. Selbst auswärtige Besucher werden gerne von Oberhausenern auf den höchsten Hügel im Stadtgebiet geschleppt. Allerdings: Schön und lieblich sieht dieses Ruhrgebiet nun einmal auch von oben nicht aus, aber interessant wie ein Wimmelbild.
Der Blick auf eine amerikanisch anmutende Stadt
Man blickt auf diese unglaublich amerikanisch anmutende Ansammlung von Immobilien – von der Spielhalle über das neue Top-Golf bis hin zum Centro. Daneben sieht man ein merkwürdiges Sammelsurium eines typischen Gewerbegebietes, aus dem die knallgelben Wagen von „Roland’s Grillhähnchen“ hervorstechen.
Doch die Stadt Oberhausen hat sich über viele, viele Jahre nicht genug um dieses mögliche Kleinod nahe der Stadtgrenze zu Essen gekümmert. Immer wieder beschwerten sich Anwohner auch bei der Redaktion über den Zustand der Halde – wie beispielsweise im Jahre 2016, über Rost: verkommene Wege, Müll und Graffiti; Anwohner haben sogar begonnen, selbst auf der Knappenhalde aufzuräumen. Die meisten aber schauten und schauen über die Mängel hinweg, weil man oben einfach so einen tollen Blick hat (Zauber der Stille in Oberhausen über der brausenden Stadt).
Nach einer Reihe von Beschwerden von Politikern (Linke und AfD im Stadtrat) und Bürgern soll sich nun aber alles zum Besseren wenden: Tatsächlich hat der Eigenbetrieb der Stadt, die Servicebetriebe Oberhausen (SBO), die morschen Holzgeländer entfernt und ein neues Stahlgeländer fest im Boden verankert.
Im zweiten Halbjahr 2022 kommen endlich die stark angegriffenen Bahnschwellen raus, die bisher als Stufen eingesetzt wurden – sie werden durch Randsteine und Pflastersteine ersetzt. Die fleißigen Mitarbeiter der Servicebetriebe reparieren auch noch die Wege. Gesamtkosten: 25.000 Euro.
Die vielen Mängel der Knappenhalde
Doch dann ist erst einmal Schluss: der mit Moos bewachsene Fliegenpilz am mittleren Ausblick-Punkt – kein Ersatz geplant. Die schon seit Jahren völlig unleserliche Infotafel mit all den bezeichneten Objekten, die man auf dem 15 Meter hohen Aussichtsturm aus Stahl entfernt sehen kann – bleibt: „Wir versuchen aber, die Verunreinigungen auf der Infotafel zu beseitigen“ (SBO).
Die mit krakeligen Buchstaben hässlich bemalten Betonpfeiler der Eingangstore am Beginn des Haldenaufstiegs, die dekorativ mit jeweils vier verrosteten Stahlrohren als Dach versehen wurden – die Verschönerung ist mangels Geld verschoben. Denn, so die Stadt in ihren offiziellen Antworten auf Nachfragen der Redaktion: „Die Sanierung (das Streichen) der Eisenrohre ist keine Gefahrenabwehrmaßnahme.“
Für all diese dringend notwendigen Ertüchtigungen fehlt aktuell Geld, zumindest sind formal keine Summen im aktuellen Etat 2022 des Stadtkämmerers Apostolos Tsalastras eingestellt worden – und damit sind den Servicebetrieben SBO die Hände gebunden, die wichtigsten Punkte der Halde durchgreifend zu erneuern. Aus diesem Grund gibt es in diesem Jahr weder eine neue Infotafel noch einen neuen Aussichtspunkt – oder zumindest die Sanierung des alten Haldenturms.
Geld für die Renovierung der Knappenhalde muss in den Haushalt 2023 eingestellt werden
Die Stadtspitze verweist auf den Haushalt 2023 – vielleicht taucht dann Geld auf, das die Politik genehmigt, vielleicht aber auch nicht. Kommt darauf an, ob die Mehrheit des Rates die Knappenhalde als Ausflugsort wirklich in Schwung bringen möchte – immerhin ist er Bestandteil der Route der Industriekultur, die Touristen von weither anlocken soll. Oder der Rat lässt sogar neue Ideen entwickeln – immerhin locken seit langem auch Kunstwerke Spaziergänger auf die Halde. Aber auch diese sind von vielen fast vergessen worden – und dämmern unbeachtet vor sich hin.
Die Schichten der Oberhausener Knappenhalde
Die Knappenhalde markiert das ehemalige industrielle Zentrum der Stadt Oberhausen an der Essener Straße. Ihren Namen teilt sie sich mit dem benachbarten Knappenviertel, das zwischen 1870 und 1892 gebaut wurde und vorwiegend den Arbeiterfamilien der Gutehoffnungshütte (GHH) Wohnraum bot.
An ihren unterschiedlichen Schichten lässt sich die Entwicklung des Ruhrgebiets ablesen: Nach der ursprünglich landwirtschaftlichen Nutzung wurde zunächst Bergematerial aus der Zeche Oberhausen aufgeschüttet. Später folgten Hochofenschlacke aus der Eisenhütte der GHH und die Trümmer des Zweiten Weltkriegs sowie als bisher letzte „Schichten“ Natur und Naherholung.