Oberhausen. Das Jahr 2022 im Schloss Oberhausen bietet zweite Chancen für die von Lockdowns gekappten Ausstellungen – auch für unvergessene Oberhausener.

Jüngst im Kulturausschuss hatte sich Christine Vogt für 2022 „ein hoffentlich normales“ Ausstellungsjahr gewünscht: Doch auf dem Weg dorthin müssen die Direktorin der Ludwiggalerie und ihr Team weiter hohe Flexibilität beweisen. Denn die geplante erste Ausstellung des neuen Jahres im Schloss Oberhausen, „Art Sound Vinyl“, ist leider nicht mehr zu verwirklichen.

Es sollte die erste große Schau sein, die sich komplett der Kunst der Plattenhülle widmet. Doch zum Bedauern ihrer Direktorin hat sich die mit der Aufgabe betraute Kuratorin Jennifer Liß recht kurzfristig aus dem Team der Ludwiggalerie verabschiedet. Und die Zeit wäre viel zu knapp, um mit einem Kuratorinnenwechsel noch eine Ausstellung zu vollenden, die pünktlich die gerade gestarteten Comic-Preziosen „Unveröffentlicht“ ablösen könnte. Die „Strips and Stories – von Wilhelm Busch bis Flix“ sind noch bis zum 16. Januar 2022 im Großen Schloss zu sehen.

Im Depot der Ludwiggalerie lagern neben rund 360.000 Negativen auch hunderte von Foto-Abzügen aus dem Atelier Rudolf Holtappels.
Im Depot der Ludwiggalerie lagern neben rund 360.000 Negativen auch hunderte von Foto-Abzügen aus dem Atelier Rudolf Holtappels. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Die Lösung für das nun doch nicht so „normale“ Ausstellungsjahr 2022 setzt deshalb weiter auf Reprisen jener erfolgreich gestarteten Werkschauen, die von zwei langen Lockdowns so rüde gekappt worden waren. Linda McCartneys Fotografien und die Illustrationen zu Otfried Preußlers Büchern hatte Dr. Vogt den Kulturpolitikern bereits für 2022 als „zweite Chancen“ angekündigt. Die bekommen jetzt auch jene beiden Nachlässe, die Kustodinnen der Ludwiggalerie in den letzten Jahren mustergültig erschlossen haben: von Oberhausens einzigem Stadtkünstler Walter „Kuro“ Kurowski (1939 bis 2017) und von Rudolf Holtappel (1923 bis 2013).

Doch noch ein bisschen Plattencover-Kunst

Der Clou dieser aus der Not geborenen Lösung: Beide erhalten im Großen Schloss nun eine gemeinsame Ausstellung, erklärt Christine Vogt. Kerrin Postert, die den Nachlass aus Kuros großer Künstlerwohnung im alten Osterfelder Postgebäude sicherte, und Miriam Hüning, der mit dem Nachlass des großen Revierfotografen rund 360.000 Negative anvertraut sind, entdecken für diese neu konzipierte Doppel-Ausstellung die gemeinsamen Themen der beiden Oberhausen eng verbundenen Künstler. So wird aus der vermeintlichen „Ersatz“-Ausstellung weit mehr als eine zweifache Reprise.

Und ein bisschen Plattencover-Kunst kommt doch noch ins Große Schloss: Mit dem feinen Spezialthema der „Comic-Cover“ als Kabinettsschau baut sich die Ludwiggalerie sogar eine Brücke zu den derzeit erstmals veröffentlichten Zeichnungen aus tiefen Schubladen: „Die Comicszene packt aus“ – und sie umhüllte mit knalliger Kunst schon immer gerne Rockmusik. Zumindest seit Underground-Veteran Robert Crumb die Songs von Janis Joplin für „Cheap Thrills“ ins deftige Bild setzte.