Oberhausen. Der Kulturausschuss hörte, warum das Theater Oberhausen so lange geschlossen bleibt. Doch 2022 soll die sanierte Bühne ganz groß rauskommen.

Als ob der Intendant, noch dazu in seiner Doppelrolle als Regisseur, gerne auf diese prächtige Märchenwelt verzichten würde: „Peter Pan“, inszeniert von Florian Fiedler, sollte schließlich schon im vorigen Dezember das Große Haus des Theaters füllen. Und dennoch fragte im Kulturausschuss Andreas Gadde (Grüne) fast flehentlich: „Können wir für die Kinder nicht doch das Weihnachtsstück aufführen?“ Nein, jedenfalls nicht zur Vorweihnachtszeit. Und dieses Nein hatten sowohl der Intendant als auch die Verwaltungsdirektorin den Politikern zuvor ausführlich begründet.

Vielleicht hätte Doris Beckmann zu ihrem Vortrag noch Fotos mitbringen sollen von jenen gewaltigen Kränen, an denen die neue Lüftungstechnik aufs Theaterdach schwebte. „Derzeit greifen zentrale Gewerke ineinander“, sagte die Verwaltungsdirektorin – fast ein Understatement. Brandschutz und Bühnentechnik sind die zentralen Aufgaben. Erschwert wird deren Umsetzung durch den Umstand, dass derzeit in Deutschland etliche Bühnen ihre – nach heute geltenden Sicherheitsmaßstäben – bald nicht mehr genehmigungsfähige Uralt-Ausstattung austauschen. Die begrenzte Zahl an spezialisierten Firmen ist ausgelastet.

Theater im Wartestand: Zwar arbeitet das Besucherbüro – doch bereits im Foyer herrscht wieder Baustellenflair.
Theater im Wartestand: Zwar arbeitet das Besucherbüro – doch bereits im Foyer herrscht wieder Baustellenflair. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

„Wir haben täglich mehrere Fachfirmen im Haus“, erklärte Doris Beckmann dem Ausschuss. Eine von ihnen hatte bis zur Regenkatastrophe des Juli ihren Sitz im Ahrtal: „Die bestellten und dort für uns bereitliegenden Spezialkabel sind mit der Flut untergegangen.“ Anfang Dezember, erfuhren die Politiker, will die Stadttochter SBO, federführend für die Bauarbeiten, eine Bühne mit nun elektrischen Seilzügen statt der Handzüge (als wäre man an Deck eines alten Segelschiffes) den Theaterleuten übergeben. Mit den seit letztem Oktober angestauten Aufführungen kann’s dann aber noch immer nicht losgehen.

Im Oktober 2021 zuletzt vor Publikum gespielt

„Dann beginnt die technische Wiedereinrichtung“, so Doris Beckmann. Dann gelte es, jeden Scheinwerfer neu zu justieren, damit das neue Regiepult zuverlässig arbeiten kann: eine aufwendige Feinarbeit. „Wir würden auch gerne im Dezember spielen“, versicherte Florian Fiedler. Doch selbst der nun angepeilte Starttermin Mitte Januar 2022 sei – so seine doppelte Verneinung – „nicht ganz unehrgeizig“.

Auszeichnung für Kunst aus knappen Ressourcen

Zum Glück fürs Theater ist die Auftaktpremiere der Spielzeit 2021 / ‘22 ohnehin nicht am Will-Quadflieg-Platz geplant, sondern im Gasometer. Gleich nach seiner Wiedereröffnung wird die 117-Meter-Tonne am Samstag, 9. Oktober, zur Uraufführungsbühne für die musikalisch-choreographische Produktion „The Sun Died“ (nach einem Song von Ray Charles) mit einem Ensemble auf Rollschuhen.

Als „Theater mit begrenzten Ressourcen“ (so die offizielle Kategorie) kürte die große Kritikerrundschau der Fachzeitschrift „Die deutsche Bühne“ Oberhausen neben zwei weiteren Häusern zum „Theater des Jahres“. Die Auszeichnung gilt vor allem den innovativen digitalen Produktionen und nicht zuletzt dem noch „live“ zu erlebenden Schlingensief-Spektakel vom September 2020.

Auf der ebenfalls umgebauten Webseite will das Theater Oberhausen nun eine eigene Info-Rubrik zum Baufortschritt anlegen. Zudem lud Doris Beckmann die Kulturpolitiker zu einer „Sanierungsführung“ ins Haus ein: „Sie werden einen ungewöhnlichen Blick hinter die Kulissen haben.“ Auch an die treuen Abonnenten sei ein Brief unterwegs, um sie zu informieren. Den hatte der Intendant erst aufsetzen wollen, nachdem nun zumindest für die Jubiläumsinszenierung „Kohlenstaub und Bühnennebel“ eine Ausweich-Spielstätte gefunden ist: die Aula des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums.

Endlich motorisiert: Die alten Handseilzüge der Obermaschinerie verlieren damit ihren Hauch von Seemannsromantik.
Endlich motorisiert: Die alten Handseilzüge der Obermaschinerie verlieren damit ihren Hauch von Seemannsromantik. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

„Am Anfang der letzten Spielzeit“, so begann Florian Fiedlers Rückblick, „hatten wir tatsächlich vor Publikum gespielt“: Und zwar die für Ensemble wie Publikum fordernde fast dreistündige Großtat „Herkunft“ von Saša Stanišić. Genussvoll zitierte der Intendant aus den positiv gestimmten Kritiken für die seit November folgenden „hybriden“ Inszenierungen: „Der Ursprung der Liebe“, „Im Dickicht der Städte“ oder „Nebraska“ waren fürs Publikum bisher nur am Bildschirm zu erleben – könnten aber auch als Bühnenproduktionen ins Repertoire wechseln.

„Ein wahres Feuerwerk an Inszenierungen“

Einmütig versprachen Beckmann und Fiedler fürs kommende Jahr „ein wahres Feuerwerk an Inszenierungen“. Schließlich entsteht mit „Wetterleuchten“ für das 101-jährige Theater sogar ein Auftragswerk, das mit allen Tricks der Bühnenmagie prunken will – ohne sie ihres Zaubers zu berauben.