Oberhausen. Grabeland-Pächter in Oberhausen kämpfen tapfer um den Erhalt ihrer Kleingärten. Immobilienfirma will Wohnungen bauen. Das sagt die Politik.
Sie kämpfen weiter tapfer um den Erhalt ihrer Kleingärten in Sterkrade. Doch die Hoffnung der Naturliebhaber schwindet. Wie berichtet bangen rund 60 Schrebergärtner um ihr grünes Idyll. Sie sind Pächter sogenannten Grabelandes, das in Besitz der MAN Immobilien GmbH ist. Und eben diese Immobilienfirma hat den Menschen, die das Grabeland seit Jahrzehnten nutzen, gekündigt. Hier sollen Wohnungen entstehen. Von der Politik erhoffen sich die Betroffenen Unterstützung – doch die fällt lange nicht so breit aus wie gewünscht.
In einem Bürgerantrag fordert die Initiative Grüne Lunge 3.1, das Gebiet zwischen Steinbrink- und Wilhelmstraße nicht zur Bebauung freizugeben. Doch genau danach sind es derzeit aus. Politik und Verwaltung nehmen den Bürgerwunsch zwar zur Kenntnis; die Verwaltung soll bei der Planung die Wünsche auch berücksichtigen. So hat es der Haupt- und Finanzausschuss jüngst entschieden. Aber in der Sitzung wurde eben auch deutlich: Die Verwaltung wird einen neuen Bebauungsplan für das Gebiet in die Wege leiten. „Und Ziel eines Bebauungsplans“, stellte Oberbürgermeister Daniel Schranz grundsätzlich klar, „ist eine Bebauung.“
CDU Oberhausen für mehr Wohnbebauung
Und Ziel der CDU ist es wohl auch. „Wir dürfen uns nicht allen Entwicklungen entgegenstellen“, sagt der planungspolitische Sprecher der CDU-Ratsfraktion, Denis Osmann. Und verweist auf die Falkestraße, an der die Stadt neue Wohnungen bauen lassen wollte, eine Mehrheit aus SPD, Grünen, Linken und der AfD lehnte dies aber ab. SPD-Ratsherr Ulrich Real drückt sich zum Grabeland im Vergleich zu Osmann diplomatischer aus, spricht von „unterschiedlichen Interessen“, für die die Politik einen Ausgleich schaffen müsse. Dem Bebauungsplan stellt sich die SPD allerdings nicht in den Weg.
Von heute auf morgen kann die MAN Immobilien GmbH allerdings keine Wohnhäuser auf den Grünstreifen setzen. Dazu ist der Prozess der Bauleitplanung zu komplex. Denn ein Bebauungsplan, der regelt, was und in welcher Form in einem bestimmten Gebiet gebaut werden darf, muss zunächst ordnungsgemäß aufgestellt werden. Inklusive öffentlicher Auslegung und der Möglichkeit, Einspruch einzulegen, dauert dies in der Regel bis zu zwei Jahre.
Kleingärtner müssen Grabeland verlassen
Doch warum müssen die Pächter ihre Kleingärtner dann laut Kündigungsschreiben noch in diesem Jahr, bis Ende Oktober 2021, räumen? Eine Frage, die sich unter anderem auch Ratsherr Peter Bruckhoff vom Bürgerbündnis BOB stellt. Er vermutet hinter der Kündigung eine reine Machtdemonstration der Immobilienfirma. Er fordert das Unternehmen auf, die Kündigung zurückzunehmen. Unterstützung kommt von den Linken und von den Grünen. Grünen-Fraktionssprecherin Stefanie Opitz wirft MAN Immobilien Aktionismus vor. „Wir können zum jetzigen Zeitpunkt keinen Grund erkennen, warum die Kündigung ausgesprochen wurde. Hier sollen wohl frühzeitig Tatsachen geschaffen und die Bürgerinitiative endgültig in die Schranken verwiesen werden.“
Warum die Stadt das Gelände nicht einfach kaufen kann
Die MAN Immobilien GmbH solle der Stadt das Grabeland an der Wilhelmstraße verkaufen – für einen symbolischen Betrag von einem Euro. So fordern es etwa das Bürgerbündnis BOB und die Ratsfraktion der Linken. Doch so einfach ist es nicht. „Wir können den Eigentümer nicht zwingen, das Areal zu verkaufen, dazu gehören immer zwei“, sagt CDU-Ratsherr Denis Osmann.
Auch Rechtsdezernent Frank Motschull klärte die Politik in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses über das Eigentumsrecht auf. „Da kann die Stadt nichts machen.“
Sowohl BOB als auch die Grünen schlagen vor, statt Grünflächen für eine Wohnbebauung zu opfern, den Blick stattdessen auf bereits versiegelte Flächen zu richten. „Gerade im Zusammenhang mit Hitzeinseln und stets wachsender Verdichtung, muss der Anteil an Grünflächen in unserer Stadt enorm gesteigert werden“, sagt BOB-Ratsherr Ulrich Lütte. „Die Wohngebäude aus den 50er und 60er Jahren entsprechen in den meisten Fällen nicht den energetischen Standards. Diese Gebäude gilt es zu überplanen und gegebenenfalls zu erneuern.“ Auch, wenn der Aufwand dafür größer sei.
Norbert Axt, umweltpolitischer Sprecher der Grünen, ergänzt: „Wir – und damit meine ich quasi alle politischen Kräfte in Oberhausen – können nicht Entsiegelung und den Erhalt der Biodiversität predigen und dann Bebauung beschließen.“