Oberhausen. Den Grabelandpächtern in Sterkrade wurde gekündigt. Trotzdem haben sie die Wege verschönert. Warum Bänke und Co. wieder verschwinden sollen.

Es geht Schlag um Schlag beim Thema Grabeland in Oberhausen-Sterkrade. Nachdem der Eigentümer des Geländes zwischen Wilhelm- und Steinbrinkstraße, die MAN GHH Immobilien, bekannt gab, die Fläche bebauen zu wollen (diese Redaktion berichtete), gründete sich die Bürgerinitiative „Grüne Lunge 3.1“, bestehend aus Kleingartenpächtern und Anwohnern. Die rund 60 Mitglieder setzen sich für den Erhalt der Fläche und der Kleingärten ein. In der vergangenen Woche gingen jedoch die Kündigungen der Pachtverträge bei den Kleingärtnern ein – bis Ende Oktober 2021 müssen die Parzellen geräumt werden. Außerdem wird ein Mitglied zur Kasse gebeten.

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„Dass es in der Presse hieß, einige Bürger würden die Fläche als Schandfleck sehen, hat uns getroffen“, meint Kleingärtnerin Sarina van de Logt. „Doch wir wollten nicht uneinsichtig sein und haben uns dazu entschlossen, die öffentlichen Wege zu verschönern.“ Auf eigene Kosten bauten rund 25 Kleingartenbesitzer am letzten Mai-Wochenende Bänke und Tische, schnitten Hecken zurück, pflanzten Sträucher und Blumen und stellten Infotafeln zu den auf der Fläche lebenden Tieren auf. „Wir haben die Wege verbreitert und konnten Nischen für die Verweilmöglichkeiten schaffen“, ergänzt Karl-Heinz Hartmann.

Linke Liste Oberhausen unterstützt die Kleingartenpächter

Die Gemeinschaftsaktion sei „sehr emotional“ gewesen, meint van de Logt, „denn schließlich gingen einige Stunden vorher die ersten Kündigungen ein. Ich habe Blumen eingepflanzt und dabei geweint. Aber es war schön, dass wir alle zusammen waren. Zudem wollen wir für die Fläche kämpfen, selbst wenn wir unsere Gärten verlieren. Es geht uns um das große Ganze; um Artenerhaltung und Naturschutz.“

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Zuspruch bekommt die Initiative von BUND, Nabu, den Grünen und nun auch von der Linken Liste. Lühr Koch, Bezirksvertreter der Linken in Sterkrade erklärt: „Aus ökologischer Sicht ist die Vernichtung dieses Biotops nicht zu rechtfertigen. Ich kann nur allen Menschen raten, hier einmal mit Sinn und Verstand durchzugehen.“ Bis zu 1000 Bäume müssten gefällt werden und Tieren werde der Lebensraum geraubt, glaubt Koch. „Egal, welche Behauptungen die Geschäftsführung von MAN GHH Immobilien oder Kaufinteressenten aufstellen: Diese Fläche zu roden, wäre ein Verbrechen.“

Sitzmöglichkeiten und Infotafeln sollten den Aufenthalt für alle Bürger angenehmer machen. Doch Sitzmöbel und Co. sollen wieder verschwinden.
Sitzmöglichkeiten und Infotafeln sollten den Aufenthalt für alle Bürger angenehmer machen. Doch Sitzmöbel und Co. sollen wieder verschwinden. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Anwalt der MAN fordert dazu auf, die Sitzmöglichkeiten wieder abzubauen

Nur wenige Tage nach der „Verschönerungsaktion“ erreichte Karl-Heinz Hartmann ein anwaltliches Schreiben im Auftrag der MAN GHH Immobilien. Darin wird er als Initiator der Bürgerinitiative benannt und aufgefordert, die aufgestellten Sitzmöbel, Blumenkübel und Tafeln wieder zu entfernen. Diese seien widerrechtlich aufgestellt worden. Zudem muss der Sterkrader für die entstandenen Anwaltskosten aufkommen.

„Wir haben aber gar keinen Initiator“, betont Sarina van de Logt. „Dementsprechend sehen wir uns alle für diese Aufforderung verantwortlich.“ Die Initiative lässt das Schreiben derzeit anwaltlich prüfen und möchte für die Begleichung der Rechnung Geld zusammenwerfen. „Als ich damals die Petition zur Erhaltung der Fläche gestartet habe, war das ein Versuchsballon“, meint Hartmann. „Ich hätte niemals gedacht, dass es sich so entwickelt. Wir fühlen uns bedrängt und unter Druck gesetzt.“

Bürgerinitiative spricht auf Fahrrad-Demo

Die Bürgerinitiative sucht weiterhin Gehör und spricht auf der am Samstag stattfindenden Fahrrad-Demo sowie auf den regelmäßigen Treffen zum Erhalt des Sterkrader Waldes.

Zudem suchen sie weiterhin den Kontakt zu Kritikern der Gärten. Sie sollen diese besichtigen und hinter die Zäune schauen. Wer daran Interesse hat, kann unter der Mailadresse gruene_lunge_3.1@web.de Kontakt aufnehmen.

Auch durch die Kündigung fühlen sich viele Kleingartenpächter eingeschüchtert und bestraft, erzählt Sarina van de Logt. Rüdiger Stolz, Geschäftsführer der MAN GHH Immobilien, erklärt dazu: „Da eine ordentliche Kündigung nur einmal jährlich zum 31. Oktober erfolgen kann, haben wir uns zur Wahrung unserer Handlungsfreiheit schon jetzt zur Kündigung entschieden. Dies auch vor dem Hintergrund, den Pächtern mehr Zeit für einen Rückbau der vertragswidrig errichteten Baulichkeiten einzuräumen. Ein weiteres Jahr Zeitverlust können wir unseren Aufsichtsgremien und vor allem den Kaufinteressenten, die schon lange ein Grundstück suchen, nicht vermitteln.“

Die illegal aufgestellten Hütten und Häuser bestreiten die Gärtner nicht. „Das ist in den Jahren so gewachsen.“ Doch der Abriss und auch die Entsorgung – nicht nur der Hütten, sondern auch die der Pflanzen und Beete – bereitet vielen Gärtnern Kopfschmerzen. „Die Kosten sind extrem hoch, viele ältere Gärtner können sich das nicht leisten“, gibt Hartmann zu bedenken. „Da wir keine Ausweichfläche haben, werden wir wohl alle Pflanzen wegwerfen müssen.“

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