Oberhausen. Erstmals seit Corona hat sich die Mieterinitiative Europahaus auf dem Friedensplatz getroffen. Die Klagen über die Zustände im Haus sind heftig.

Erstmals seit Corona hat sich die Mieterinitiative im Oberhausener Europahaus an der Elsässer Straße wieder getroffen. Am Brunnen auf dem Friedensplatz machten rund 20 Teilnehmer ihrem ganzen Ärger mit den Verhältnissen Luft. Sie wollen dort eigentlich nur in Ruhe wohnen. Aber seit dem letzten Eigentümerwechsel im Frühjahr 2017 sorgt das markante Innenstadt-Gebäude für keine guten Schlagzeilen. Daraufhin hat sich die Initiative gegründet. Eine Strategie, wie man sich gegen die Missstände erfolgreich zur Wehr setzen kann, ist bisher nicht zu erkennen. Zu schwierig sind die Verhältnisse.

Zur Zeit findet in den leergezogenen Bereichen des Hauses eine Asbestsanierung statt. Auch der geplante Umbau des Kinosaals mit öffentlichen Fördergeldern verzögert sich deshalb. Nicht bewohnt sind die siebte Etage, wo es Brandschutzmängel gab, sowie die früheren Hotelräume in der ersten Etage. Daneben würden Schritt für Schritt die Stromzähler aus den einzelnen Wohnungen in den Keller verlegt. Das sei ebenfalls mit einer Asbestsanierung verbunden, hieß es.

Die üblichen Beschwerden bei manchen Großvermietern

Zuletzt, vor Ausbruch von Corona, drohte dem Haus wegen angeblich nicht bezahlter Mieten das Abdrehen der Trinkwasserversorgung. Die Hausverwaltung entschuldigte sich nachher, es habe sich um einen Irrtum gehandelt.

In einigen leergezogenen Bereichen des Gebäudekomplexes finden zur Zeit Asbestsanierungen statt. Daher dieser Container am Friedensplatz/Ecke Elsässer Straße.
In einigen leergezogenen Bereichen des Gebäudekomplexes finden zur Zeit Asbestsanierungen statt. Daher dieser Container am Friedensplatz/Ecke Elsässer Straße. © FUNKE FotoServices | Foto: Bögeholz

„Es sind ganz viele Kleinigkeiten, die nerven“, fasste ein älterer Mann die Situation zusammen. Es hörte sich nach den üblichen Schwierigkeiten an, über die Mieter bei manchen Großvermietern klagen: schlechte Erreichbarkeit der Hausverwaltung, folglich langes Warten auf dringende Reparaturen, mangelhafte Reinigung, obwohl dafür bezahlt werde, ein kaum verfügbarer Hausmeister, Vermüllung in Fluren und Gängen, schließlich Informationsschwierigkeiten. Dabei gab es jüngst ein Gespräch mit einem vom Vermieter bestellten „Krisenmanager“.

Probleme mit Asbest

„Die Mieter, die ihre Wohnungen zuletzt wegen der Arbeiten räumen mussten, sie wurden gerade mal zwei Wochen vorher darüber informiert“, erklärte der ältere Mann weiter. Und wie gefährlich womöglich Asbeststaub durch die Arbeiten im Haus sei, darüber herrsche auch Unklarheit. „Wir wollen ja, das gebaut wird, nur nicht so“, sagte ein jüngerer Mann. Einen oder mehrere offizielle Sprecher hat die Mieterinitiative nicht. Sie wird aber von der Oberhausener Linkspartei unterstützt, die im Erdgeschoss ihre Geschäftsstelle hat.

„Die Mieter sind ihnen scheißegal“, schimpfte eine Frau. Und weil niemand in einem so vergammelten Haus wohnen wolle, sei die Hälfte der Mieter schon rausgeekelt. Fast die Hälfte der über 200 Wohnungen steht inzwischen leer. Bei den verbliebenen Mietern zahle in rund 70 Prozent der Fälle das Jobcenter die Miete, war zu hören. Viele von ihnen seien Zuwanderer und der deutschen Sprache kaum mächtig. Sie seien praktisch hilflos.

Zuständig wäre das Jobcenter

„Sie nutzen die Wehrlosigkeit der Mieter aus“, fuhr der ältere Mann fort. Behalte man wegen der Mängel einen Teil der Miete zurück, störe das den Vermieter gar nicht. Denn das könnten ohnehin nur die wenigen Mieter, die ihre Miete selbst bezahlten. „Das Jobcenter ist damit überfordert. Es fehlt an Personal, um sich mit jedem Einzelfall auseinanderzusetzen.“

Die verschiedenen politischen Parteien würden alle viel Verständnis zeigen, ebenso Oberbürgermeister Daniel Schranz. Aber kräftige Unterstützung gebe es nicht. So forderte die SPD Ende 2019, die Stadt solle das Haus kaufen. Förmlich ginge das aber erst, wenn der Stadtrat die Umgebung zum Sanierungsgebiet erklärt, weil der Stadt dann der Kauf vor einem beabsichtigten Weiterverkauf des Hauses angeboten werden müsste.

Im gleichen Stil wie das Bonner Bundeshaus

Das Europahaus hat die Postanschriften Langemarkstraße 10 bis 16 und Elsässer Straße 17 bis 25. Es wurde 1955 bis 1957 nach Plänen des Düsseldorfer Architekten Hans Schwippert gebaut. Schwippert entwarf auch das Bundeshaus in Bonn und das dortige Bundeskanzleramt Palais Schaumburg.

Es besticht an der Elsässer Straße durch seine bogenförmige Front und vom Friedensplatz her dadurch, dass es zweigeteilt und durch einen „fliegenden“ Gang verbunden ist. Seit 2008 steht es unter Denkmalschutz. Es handelte sich jahrzehntelang um ein Anlageobjekt der Allianz-Versicherung. Eigentümer ist jetzt die ZBI Immobilien AG, verwaltet wird die Immobilie von der Verwaltungsgesellschaft ZBVV GmbH mit Sitz in Duisburg.

Von Mietervereinen enttäuscht

Über den Nutzen von Mieterschutzorganisationen gingen die Meinungen bei dem Treffen auseinander. Dabei überwog Enttäuschung. Viele Mieter könnten sich den nötigen Mitgliedsbeitrag gar nicht leisten. Yusuf Karacelik, Sprecher der Linken Liste im Stadtrat, widersprach. Bei der drohenden Abstellung des Trinkwassers habe ein kurzer Draht dorthin schon geholfen.

Auch über den Nutzen ihrer Initiative waren die Teilnehmer uneins. Karacelik hielt es schon für einen Erfolg, dass man unter den gegebenen Umständen nicht nachlasse. Andere zeigten sich enttäuscht. Sie wollen sich aber weiter treffen und ihre Forderungen öffentlich machen.

So berichteten wir über das Europahaus in Oberhausen