Oberhausen. Der Förderkreis Burg Vondern will seine Angestellten durch die Corona-Krise bringen. Dafür greift der Burgherr „nach jedem Strohhalm“.
Neben Walter Paßgang mal eben den Burghof zu durchqueren, kann schon ein gutes Viertelstündchen dauern. Nicht weil der Vorsitzende des Förderkreises der Burg Vondern etwa schlecht zu Fuß wäre – ganz und gar nicht. Und so groß ist die Distanz zwischen Vorburg und Herrenhaus nun auch nicht. Aber der 75-jährige „Burgherr“ entdeckt eben auf Schritt und Tritt die sprichwörtlichen und tatsächlichen Baustellen.
Da ist der gewaltige Silberahorn, dessen Wurzeln vor dem Brückchen zum Herrenhaus bereits das Pflaster aufgeworfen haben. Da sind die heraldischen Nachforschungen um die beiden Wappen – einerseits über der gotischen Vorburg, andererseits über dem barocken Haupthaus. Und mit dem Denkmalschutz gibt es auch mehr als nur eine Debatte um Oberhausens ältestes und zugleich so dürftig dokumentiertes Gemäuer.
Und dann sagt Walter Paßgang fast unvermittelt: „Wir sind kein schlechter Steuerzahler.“ 19.800 Euro überwies der Förderkreis im vorigen Jahr ans Finanzamt – vor allem dank der Großveranstaltungen wie der sommerlichen Ritterspiele und der ersten „Vondern Games“ im Gepräge der schottischen Highland-Wettkämpfe.
Nun bedeutet das für den Verein finanziell gute Jahr 2019 womöglich die Rettung während der Corona-Krise. „Wir können dieses Jahr überbrücken“, hofft der Burgherr, „wenn wir jeden Strohhalm nutzen“. Doch das Bangen ist groß, ob und wie sich das Ritterfest im Juli 2021 ausrichten lässt.
Allein 14.000 Euro nur für Strom und Heizung der Burg
Als Vorsitzender des seit 1982 für die Burg Vondern verantwortlichen Förderkreises hat Walter Paßgang einen „fast sechsstelligen Haushalt“ im Blick. Auf jährlich 14.000 Euro summieren sich Heizung und Strom, auf jeweils rund 10.000 Euro Versicherungen und Anschaffungskosten. Doch vor allem möchte der Förderkreis sein bestens bewährtes Personal aus der nahen Siedlung Vondern halten können.
„Dieser Hausmeister ist unser Glück“, sagt der Burgherr über Michael Schulz. Bis vor drei Jahren ist der gelernte Schlosser noch auf der letzten Zeche Prosper-Haniel eingefahren. Seitdem bewährt er sich als jener Allrounder, den ein in den ältesten Teilen wohl 700 Jahre altes Gemäuer braucht. Und auch für die beiden Reinigungskräfte ist Walter Paßgang voll des Lobes: „Wir wollen sie alle unbedingt halten.“ Und auch Sebastian Ilberg, als studentischer Mieter von 52 Quadratmetern der eigentliche „Burgherr“, kümmert sich, wo er kann. Dafür kommt ihm der Verein bei der Miete entgegen.
Und eine wachsame Dauerpräsenz ist leider nötig, denn neben Ärgernissen, wie der wilden Müllkippe am Parkplatz, hat der ältere Burgherr auch schon die ersten Graffiti an seinem historischen Kleinod entdeckt. Allein aus den Beiträgen seiner 220 Mitglieder würde der Förderkreis gerade mal über 6800 Euro verfügen. Klar zeigt sich da Walter Paßgang erleichtert, dass nach drei quälend stillen Monaten sich nun auch wieder Tagesgäste melden: sei es – wie jüngst – die Polizei für eine überregionale Pressekonferenz oder die hier vertrautere Klientel der Hochzeitsgäste.
Format der Kammermusik gekonnt geöffnet
Beim Thema Konzert-Matineen spricht allerdings nicht mehr der sorgsame Haushälter – sondern der Musikliebhaber. Zwar sagt der Förderkreis-Vorsitzende: „Damit füllen wir eine Marktlücke auf hohem Niveau“ – doch dies geschieht nicht um der Einnahmen willen. Mit seiner kleinen Künstleragentur „Musika Serena“ bespielt Jo Jansen neben der Burg Vondern auch weitere stilvolle Häuser von Kirchhellen bis Essen und konnte so – bisher – seinen Musikern attraktive Konzertwochenenden vermitteln.
„Dr. Jansen ist unsere Stütze“, betont Walter Paßgang, „er hat die Kontakte“. Und er öffnete das manchmal als streng empfundene Format der Kammermusik gekonnt in Richtung Jazz und Weltmusik. Zwei Matinee-Termine sind im Frühjahr bereits Corona-bedingt ausgefallen, ein Nachholtermin für den Gypsy-Jazz der „Marion & Sobo Band“ ist bereits angesetzt.
„Zur Zeit können wir die Auflagen nicht erfüllen“
Doch eine Ungewissheit bleibt: Das größte Problem bei den Matineen heiße „Abstand“, betont der Burgherr. Die Remise als schmucker, aber kleiner Konzertsaal brauche ihre 80 bis 100 Zuschauer, damit die Gastgeber eine „schwarze Null“ schreiben. „Zur Zeit können wir die Auflagen nicht erfüllen“, bedauert Walter Paßgang – und hofft auf Lockerungen im Lauf der nächsten Wochen.
Für „Open Air“-Konzerte ist die Autobahn zu nah
Freilichtkonzerte im Burghof sind für die Matineen, wie Jo Jansen sie als Impresario für Vondern zusammenstellt, leider keine Option: Die Geräuschkulisse von der nahen A 42 ist erheblich. Und sonntags sei es keineswegs leiser, weiß Walter Paßgang: Dann fehlten zwar die Lastwagen, aber viele Pkw seien umso schneller unterwegs.
Dagegen könne sich allenfalls ein druckvoll verstromter Auftritt wie jener von Davin Herbrüggen behaupten. Der Oberhausener DSDS-Gewinner rockte den Burghof im Juni vorigen Jahres bei einem Benefizkonzert für den Verein „Autismus - einfach anders“.
Die Frage, wie sich „Social Distancing“ mit einer bald nachzuholenden Hauptversammlung plus Vorstandswahlen des eigenen Förderkreises vertragen könnte, muss auch bald geklärt werden. Dabei hätte der Vorsitzende so viele Ideen vorzustellen: Von einer Picknick-Ecke für die seit Jahren steigende Zahl an Radtouristen bis zum großen Wurf eines Skulpturenparks, weil doch die Stadt so viele Werke aus dem öffentlichen Raum seit Jahren eingelagert habe. „Das sind so Zukunftsträume.“ Diesen Burgherrn kann selbst eine Corona-Krise nicht entmutigen.