Oberhausen. Intendant Florian Fiedler stellt eine Fülle virtueller Angebote vor. Mit „Prinzessinnendramen“ als Sound-Walk geht’s sogar hinaus in die Stadt.

„Wir sind vielleicht nur die Ersten, die es verkünden.“ Für Florian Fiedler ist klar: Das Theater Oberhausen wird die Spielzeit 2019/20 nicht wieder aufnehmen – und der Intendant ist als Sprecher der Ruhrbühnen auch überzeugt, dass es den anderen Häusern in 15 Städten des Reviers genauso gehen wird. Stattdessen sucht das Ensemble nach überzeugenden Antworten auf die Frage: „Wie können wir die Leute in diesen Zeiten mit Kultur versorgen?“

Das Große Haus hätte ohnehin nur für eine verkürzte Saison offenbleiben können – denn dort steht eine umfassende Sanierung der vorzeitlichen Technik an, die auch noch im Sommer 2021 fortschreiten wird. Nach wie ist die Obermaschinerie, also die zahlreichen Zugeinrichtungen für Vorhänge, Bühnenprospekte und weitere Teile des Bühnenbilds, am Will-Quadflieg-Platz noch teils in Handarbeit zu bedienen, teils über „sehr laute“ elektrische Züge, wie Florian Fiedler erklärt. 20 von 40 werden von Juni an erneuert.

Ein Video-Walk, hier mit dem interessiert zusehenden Kulturdezernenten Apostolos Tsalastras, gab’s in der vorigen Spielzeit zum „Sommernachtstraum“. Jetzt folgt der Sound-Walk für Elfriede Jelineks „Prinzessinnendramen“.
Ein Video-Walk, hier mit dem interessiert zusehenden Kulturdezernenten Apostolos Tsalastras, gab’s in der vorigen Spielzeit zum „Sommernachtstraum“. Jetzt folgt der Sound-Walk für Elfriede Jelineks „Prinzessinnendramen“. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Selbst das Jubiläumsfest zum 100-jährigen Bestehen des Theaters wird sich voraussichtlich vom September in den Oktober verschieben. Das künstlerische Leitungsteam, sagt der Intendant, „arbeitet gerade noch mehr als sonst: Es gibt eine Menge liegen gebliebene Arbeiten.“ Auch das Ensemble sei vollauf beschäftigt.

„Unser Kerngeschäft ist das soziale Live-Erlebnis“

Denn obwohl Fiedler sehr überzeugend sagt „unser Kerngeschäft ist das soziale Live-Erlebnis und nicht das aseptische Digitale“ – ist dennoch das virtuelle Netz derzeit die einzige Option. So gab es am Montag erste Test-Drehs von Regisseur Bert Zander für seine Online-Serie „Die Pest“ nach Albert Camus. Oberhausener waren eingeladen, sich zuhause als Rezitatoren kurzer Textpassagen zu filmen. Den Schauspiel-Profis gab Bert Zander, der preisgekrönte Regisseur von „Schuld und Sühne“, kleine Packs mit, um – ebenfalls daheim – ihre Kamera aufzubauen. Am Montag, 20. April, soll „Die Pest“ als wöchentlich 15-minütige Serie starten.

Elfriede Jelineks „Prinzessinnendramen“ folgen am Freitag, 24. April – aber nicht bloß am heimischen PC oder Tablet, sondern als „Sound-Walk“. Wer dabei sein will, erhält gegen eine Schutzgebühr die Datei für sein Smartphone oder Tablet – und macht sich mit den Texten der Nobelpreisträgerin auf den Weg zu Jackie O., Ingeborg Bachmann und Silvia Plath. Dazu gehören dann während des Stadtbummels „Live“-Begegnungen mit Schauspielerinnen. „In einem Schaufenster“, wie Florian Fiedler andeutet, „oder mit einem Megafon vom Balkon“.

„D.ramadan“-Programm war bereits fertig ausgearbeitet

Fertig ausgearbeitet war auch das zweite „D.ramadan“ für die muslimische Zeit des Verzichts und der Besinnung. Das erste „D.ramdan“-Programm aus vielen Diskussionsforen und gemeinsamem Fastenbrechen war vor zwei Jahren ein großer Erfolg. „Wir wollen das so ins Netz bringen“, erklärt der Intendant, „dass die Diskussionen auch am Bildschirm spannend bleiben“. Angekündigt war der 2020er „D.ramadan“ vom 23. April bis 23. Mai.

„D.ramadan“ mit seinen Podiumsdiskussionen war vor zwei Jahren ein Erfolgsformat des Theaters während des islamischen Fastenmonats: Online geht’s nun in die zweite Runde.
„D.ramadan“ mit seinen Podiumsdiskussionen war vor zwei Jahren ein Erfolgsformat des Theaters während des islamischen Fastenmonats: Online geht’s nun in die zweite Runde. © FFS | Udo Gottschalk

Vorsicht Ironie: „Jetzt ist nicht die Zeit für Kritik“ heißt eine weitere kleine Reihe, für die sich das Theater und die wenige Schritte entfernten Kurzfilmtage zusammentun. In der ersten Folge zum drängenden Thema Gesundheitswesen sollen statt der allgegenwärtigen Virologen jene Menschen aus Oberhausen zu Wort kommen, die sich – etwa für Tafel oder Frauenhaus – engagieren. Los geht’s am Dienstag, 7. April, gefolgt von wöchentlichen Beiträgen auf den Online-Kanälen des Theaters und der Internationalen Kurzfilmtage.

Theaterfaktorei stellt um auf Webinare

Schließlich tut auch Amira Bakhit als Leiterin der Theaterfaktorei ihr Möglichstes, die besten Ideen aus der „Akademie der lauten Gedanken“ online zugänglich zu machen: So will Dominik Busch, der Autor von „Alles ist wahr“ über das Leben der Spionin Marita Lorenz, ein Webinar geben über das kreative Schreiben.

Noch verkündete die Internetpräsenz des Theaters am Montag auf ihrer Startseite: „Am 19. April geht es weiter mit Der Funke Leben.“ Doch laut Florian Fiedler läuft der Umbau dieses virtuellen Foyers: „Wir basteln an einer eigenen Seite.“