Oberhausen. Ein Blick auf die 16 Wiederaufnahmen der neuen Spielzeit des Theaters Oberhausen – einen Mix aus erfolgreichen Soli und aufwendigen Produktionen.

„Im dritten Jahr wird’s richtig gut.“ Florian Fiedler versprach das schon vor gut einem Jahr, als im Kulturausschuss des Rates die Bilanz seiner ersten Spielzeit als Intendant des Theaters Oberhausen anstand. Seitdem ist viel passiert. Nun öffnet wieder das Besucherbüro, die dritte Spielzeit im 99. Jahr des Theaters steht bevor. Aber Theater sind nicht allein die 16 Premieren dieser emsigen Truppe – es sind auch die 16 Produktionen des Repertoires.

Die Puppenspielerinnen (v.li.): Ayana Goldstein, Elisabeth Hoppe, Lise Wolle und Ronja Oppelt in „Der Sandmann“ nach E. T. A. Hoffmann.
Die Puppenspielerinnen (v.li.): Ayana Goldstein, Elisabeth Hoppe, Lise Wolle und Ronja Oppelt in „Der Sandmann“ nach E. T. A. Hoffmann. © Theater oberhausen | Katrin Ribbe

Auch auf den Mix der Wiederaufnahmen lohnt der Blick. Ein oder zwei Jahre Bühnenleben sind ja noch kein Alter. Und der bedauernde Satz „Hab ich leider verpasst“ des säumigen Theaterbesuchers gilt so nicht. Das Repertoire bietet jede Menge zweiter und dritter Chancen. Die beständig höchsten Erfolgsquoten übrigens haben vier Solisten – sicher auch, weil ihre Spielstätten pro Aufführung nur eine kleine Zuschauerzahl zulassen: Es gilt für das Doku-Drama „Das dritte Leben des Fritz Giga“, zu erleben in der ehemaligen Kantine des Rathauses. Anna Polke erhielt dafür im Vorjahr sowohl den 1. Kritiker- als auch den 1. Publikumspreis des Oberhausener Theaterpreises.

Beste Inszenierung des NRW-Theatertreffens

Die Auszeichnung als beste Inszenierung beim NRW-Theatertreffen in Münster gab’s vor wenigen Wochen für „Schuld und Sühne“ nach Fjodor Dostojewski, das große Solo für Christian Bayer inmitten eindringlicher Filmbilder.

Ein Zuschauerquoten-Erfolg ist auch das dritte Solo: Burak Hoffmanns Abende im Druckluft mit „Die Nacht kurz vor den Wäldern“ von Bernard-Marie Koltès. Und Ronja Oppelt machte aus ihrem Beitrag für den letzten Sterkrader Lesesommer mit Florian Fiedler als Regisseur eine so eindringliche Solo-Performance, dass „Die Marquise von O.“ nach Heinrich von Kleist nun zu Repertoire-Ehren kommt. Zu erleben in der Theater-nahen St. Marien-Kirche.

In einer Badewanne rollt die Königin der Nacht mit ihrem Hofstaat durchs zauberische Geschehen von „Nachts“.
In einer Badewanne rollt die Königin der Nacht mit ihrem Hofstaat durchs zauberische Geschehen von „Nachts“. © Theater Oberhausen | Axel J. Scherer

Künstlerisch hat das Repertoire fürs Große Haus angemessen Großes zu bieten – nimmt man allein die Auslastung von teils unter 50 Prozent zum Maßstab, wäre es eher ein Kümmernis. Dabei haben sich alle Kritiker-Bestnoten verdient: „Der Sandmann“ nach E. T. A. Hoffmann mit seinem charmanten Puppenspiel und den mit verblüffend einfachen Mitteln erzielten Grusel-Effekten; Oscar Wildes „Salome“ mit den Songs von Tom Liwa und der überzeugenden Transformation des biblischen Dramas in den sumpfigen US-Süden; Arthur Millers „Tod eines Handlungsreisenden“ mit dem verzweifelt munteren Torsten Bauer inmitten der Weißwarenwelt eines Elektronik-Kaufhauses.

Vergnüglich wimmeln wie im Bilderbuch

Und selbst die bleischwere Symbolik eines „Sommernachtstraums“ zwischen bruchgelandeten Segelflugzeugen besticht mit großen Momenten – und mit Opernarien. Die wohl aufwendigste Inszenierung der letzten Spielzeit kehrt erst im Frühsommer 2020 auf den Spielplan zurück. Auch die Rock’n’Roll-Show „Live fast, get old!“ mit den zornigsten Liedern, für die Jürgen Sarkiss je ins Mikrofon biss, bleibt fürs Große Haus im Repertoire.

Aufgebot der „Schlaflos“-Kulturnacht

Das kleine Haus – pardon: Saal 2 – ist auch für die Kleinen da. Und denen bietet das Repertoire gleich drei besonders charmante Produktionen. In „Hier kommt keiner durch!“ aus der vorigen Spielzeit lässt es ein ungeheuer wandelbares Quintett ebenso vergnüglich wimmeln wie im gleichnamigen Wimmel-Bilderbuch. Die Inszenierung von Paulina Neukampf zählt übrigens schon am Samstag, 31. August, zum Aufgebot der „Schlaflos“-Kulturnacht – und zwar als Spätvorstellung um 22 Uhr mit anschließender Party.

Oscar Wildes „Salome“ als Sumpfblüte mit Daniel Rothaug, Ronja Oppelt und Lise Wolle. 
Oscar Wildes „Salome“ als Sumpfblüte mit Daniel Rothaug, Ronja Oppelt und Lise Wolle.  © Theater Oberhausen | ant Palmer

Natürlich tagsüber und nicht zu so später Stunde sehen die Kinder „Nachts“. Franziska Henschels poetischer Badewannen- und Schaukelpferd-Törn durch die schläfrigsten Stunden stammt aus Florian Fiedlers erster Spielzeit 2017/18. Gleiches gilt für „Dein Name“, ein stimmungsvolles Erlebnis für Zweijährige und ihre Eltern. Dieses „Theater von Anfang an“ war in diesem Sommer eingeladen nach Linz zum internationalen „Schäxpir-Festival“ für junges Publikum.

Alle wollen „Held*innen der Liebe“ sein

16 Wiederaufnahmen neben ebenso vielen Premieren für die Spielzeit 2019/20. Im letzten Programmbuch hatte sich die Theatertruppe – sehr zu recht – als Malocher in Szene gesetzt. Jetzt wollen sie alle „Held*innen der Liebe“ sein. „Hingabe und Liebe sind die wichtigsten Zutaten für gelungene, glanzvolle Theaterabende“, heißt es zur Begrüßung im neuen Programmbuch. Das Gros des Repertoires kann sich daran durchaus messen.

Noch vier Wochen bis zum Theaterfest

Das Ensemble mag noch seine Theaterferien genießen; das Team vom Besucherbüro kehrt bereits zurück – und öffnet die Theaterkasse wieder von Dienstag, 13. August an, von 10 bis 18.30 Uhr (samstags bis 13 Uhr, montags ab 12 Uhr). Ganz Ungeduldige können bereits jetzt online buchen über theater-oberhausen.de.

Das Theaterfest als Auftakt der Spielzeit steigt am Samstag, 7. September – nun zum dritten Mal mit einer Prozession vom Hauptbahnhof zum Will-Quadflieg-Platz und mit einer abendlichen Gala im Großen Haus.

Die erste Premiere dort ist am Freitag, 20. September, Florian Fiedlers Inszenierung von „Glaube Liebe Hoffnung“, Ödön von Horvaths „kleiner Totentanz“ aus dem Jahr 1932.