Mülheim. Die Stadt Mülheim und der Energieversorger Medl machen sich in der aktuellen Krise gemeinsam ans Energiesparen. Die Folgen für Schulen und Bäder.
Gaspreise explodieren, Strompreise steigen. Wird das Gas reichen, um sicher über den Winter zu kommen? Bürgerinnen und Bürger sind schon aufgerufen zu sparen, wo sie nur können. Jetzt hat auch die Stadtverwaltung in Kooperation mit dem Energiedienstleister Medl ihren Plan vorgestellt, wo sie Energie einsparen will.
Nun also doch: Mülheim wird die Temperatur in seinen Schwimmbädern angesichts der sich abzeichnenden Gasknappheit und der enormen Preissteigerungen absenken. Stadtkämmerer Frank Mendack und Stadtdirektor Frank Steinfort präsentierten am Dienstag im Beisein von Medl-Geschäftsführer Hendrik Dönnebrink entsprechende Pläne, mit denen die Stadtverwaltung ihren Beitrag leisten will zur Energieeinsparung. Ein Punkt dabei: In Sportbecken soll die Wassertemperatur um zwei auf dann 26 Grad Celsius abgesenkt werden, in Lehrschwimmbecken von 30 auf 29 Grad Celsius.
In zunächst fünf Mülheimer Schulen sollen die Heizungsanlagen optimiert werden
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Insgesamt haben sich Verwaltungsabteilungen in Kooperation mit der Medl Gedanken gemacht, wo die Stadt noch ihren Beitrag leisten kann, um in Zeiten der Gasmangellage Energie einzusparen. Ein Projekt davon ist an Schulen verortet. Hier will Mülheim über einen hydraulischen Abgleich der Heizungsanlagen eine sechsstellige Euro-Summe einsparen.
Hierzu habe man sich die Energieverbräuche einzelner Schulen angeschaut und zum Start fünf Schulen ausgewählt, in denen jetzt in die Heizungsanlagen investiert werden soll, so Immobiliendezernent Mendack. Ausgewählt worden seien jene Schulen, für die man den größten Einspareffekt sehe: die Realschule Mellinghofer Straße, die Förderschulen Klotzdelle und Rembergschule sowie die Grundschulen am Elsenborner Weg und an der Zunftmeisterstraße.
Raumtemperatur in Mülheimer Schulen soll bei 20 Grad Celsius liegen
Es gehe nicht darum, die Raumtemperaturen in Schulen (und sonstigen öffentlichen Einrichtungen) grundsätzlich abzusenken, heißt es seitens der Stadt. Es gehe darum, in überheizten Räumen auf das Mindestmaß herunterzugehen, das die Arbeitsstättenverordnung vorgebe. Das seien bei der Heizungsvorlauftemperatur 20 Grad Celsius. Auch soll geschaut werden, die Betriebszeiten von Heizungen und Lüftungen zu reduzieren, etwa über Nachtabsenkungen.
Ein Modellversuch an der Barbaraschule in Dümpten habe gezeigt, dass sich über den hydraulischen Abgleich 15 bis 20 Prozent Heizenergie einsparen ließen, sagt Mendack. Edin Gracic, Planungsteamleiter beim städtischen Immobilienservice, macht aber klar, dass die Umstellungen Zeit in Anspruch nehmen werden. Es gebe in städtischen Gebäuden rund 40.000 Heizkörper, jeder sei einzeln zu regulieren. „Das heißt: Wir werden diese Woche nicht damit fertig“, scherzt Gracic.
Lichtinszenierungen am Schloß Broich oder am Rathaus werden abgeschaltet
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Wer Strom spare, spare auch Gas, sagen die Verantwortlichen bei der Stadt mit Blick auf die Gaskraftwerke. So haben sie beschlossen, etwa die Außenbeleuchtung öffentlicher Gebäude abzuschalten, beispielsweise am Rathaus, an den Viadukten der Bahnstraße, an der Willy-Brandt-Schule, in der Müga, an der Stadthalle, an der Camera Obscura und auch am Schloß Broich.
Ebenso nur ein Kleckerbetrag, aber eben „auch Kleinvieh macht Mist“, wie die Verantwortlichen der Verwaltung betonen: Die Stadt wird die Betriebszeiten der zwölf städtischen Brunnen einschränken und will so rund 25.000 Kilowattstunden Strom einsparen. Auch bei der Klimatisierung will Mülheim Strom einsparen. Mit Hilfe einer 80-Prozent-Förderung will die Stadt zudem die Ampelschaltungen weniger stromfressend umrüsten.
Stadtspitze warnt vor „Panikmache“ der Bundesnetzagentur
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Mülheims Stadtdirektor und Kämmerer sehen aktuell viel Panikmache unterwegs hinsichtlich einer womöglich auf Deutschland zukommenden Gasknappheit. Dass die Bundesnetzagentur „alle drei, vier Tage“ mit neuen Hiobsbotschaften zur Verdopplung oder Verdreifachung der Gaspreise an die Öffentlichkeit gehe, sei „nicht vernünftig“, so Mendack. Das sei „Panikmache“.
Auch Medl-Chef Dönnebrink sieht das Agieren der Bundesnetzagentur kritisch. Die Situation sei „angespannt, aber es gibt keinen Grund, in Panik zu verfallen“. Die Lage sei „kontrolliert beherrschbar“. Wenn der nächste Winter nicht ausufernd kalt werde, müsse niemand mit einer dicken Nachzahlung bei der Abrechnung rechnen, sagt er. Würden die Preise steigen, hebe man anteilsmäßig zum erwarteten Verbrauch der Kunden auch sofort die Abschläge an. So werde es nach einem normalen Winter auch keine unangenehme Überraschung bei der Abrechnung geben.
„Wir können die Nachfrage reduzieren, damit alle gut durch den Winter kommen“
So wie die Stadt selbst sei nun jeder Verbraucher gefordert, seinen Verbrauch selbst da zu drosseln, wo es verkraftbar sei. „Wir können die Nachfrage nach Gas reduzieren, damit alle Beteiligten gut durch den Winter kommen“, ist sich Dönnebrink sicher, dass bei rund 29.000 Gaszählern und einem Gasdurchfluss im Mülheimer Netz von aktuell knapp 1,5 Milliarden Kilowattstunden so manch ein Einsparpotenzial zu heben wäre, wenn alle ihren Verbrauch reflektieren und entsprechend umstellen.
„Ist es ein Drama, wenn ich statt zehn nur fünf Minuten dusche“, fragt etwa Stadtdirektor Steinfort. Oder wenn Verbraucher im Winter eine Raumtemperatur von 19 oder 20 statt 23 Grad hätten? Wenn alle ihren Teil beitrügen, so Kämmerer Mendack, komme bei 80 Millionen Einwohnern in Deutschland sicher eine erkleckliche Einsparung zusammen.