Mülheim. „Kunst in der Stadt“ ist wie ein Reiseführer gemacht. 60 Arbeiten im öffentlichen Raum in Mülheim sind aufgeführt, gar auch Radtouren-Tipps.
Es gibt Kunstwerke im öffentlichen Raum, die kennt man einfach: Der Hajek-Brunnen (1976) vor der Alten Post gehört dazu oder Ernst Rasches Kugel - genannt „Platzgestaltung“ (1974) - in der Fußgängerzone. Auch die „Drei Grazien“ auf der Schloßbrücke - eine Figurengruppe von Heinrich Adolfs (1963), die eigentlich „Lebensfreude“ heißt - sticht ins Auge. Andere Arbeiten werden von den Vorbeigehenden übersehen. Wem ist eigentlich schon einmal das Relief „Die Gießer“ von Willy Deus aufgefallen, das an der Fassade der Friedrich-Wilhelms-Hütte angebracht ist?
Das Kunstmuseum Mülheim hat jetzt ein Buch herausgegeben, das über rund 60 Outdoor-Kunstwerke informiert. „Seit das Museum Temporär existiert, war Kunst im öffentlichen Raum ein Thema. Die Auseinandersetzung damit ist schließlich in dieses Buch gemündet“, erklären Barbara Walter und Simone Scholten, die beiden Projektleiterinnen. Rund 200 Kunstwerke im öffentlichen Raum gehören der Stadt, hinzu kommen rund 100 in Privatbesitz. „Wir haben die Highlights ausgewählt, dabei darauf geachtet, verschiedenste Epochen und Techniken zu berücksichtigen“, so die beiden Kunsthistorikerinnen.
Zwei Stadtpläne von Mülheim sind inklusive
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Der Mülheimer Künstler Ralf Raßloff hat die meisten Kunstwerke neu fotografiert, zu jedem Bild gibt es einen kurzen erklärenden Text. Im auseinanderklappbaren Buchrücken sind zwei Stadtpläne zu finden, die die Standorte der Kunstwerke in der Innenstadt beziehungsweise in den Stadtteilen anzeigen - ähnlich wie in einem Reiseführer.
Aufträge für Kunst im öffentlichen Raum oder Kunst am Bau gab es vor allem in der Zeit nach 1945 (bis in die 80er), heute ist in den städtischen Etats kein Geld dafür da. „Das letzte Werk, das in Mülheim mit öffentlichen Mitteln erworben wurde, ist die Brunnen-Skulptur vor der Stadthalle. Die Arbeit von Robert Schad, genannt „Mülheimer Gruppe“, wurde 1992 aufgestellt“, berichtet Barbara Walter. „Neueinkäufe sind aktuell gar nicht möglich. Dafür gibt es bei der Stadt kein Budget“, ergänzt Simone Scholten.
Zugewucherte Mülheimer Kunstwerke mussten freigeschnitten werden
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Seit 2015 ist das Museum aber für die Instandhaltung der Kunst im öffentlichen Raum zuständig, verfügt über einen kleinen Restaurierungsetat. Einige in die Jahre gekommene Arbeiten hat man seither wieder aufgefrischt wie etwa die „Kegelanamorphosen“ von Werner Nekes in der Müga. „Einige Werke waren auch so zugewuchert, dass sie freigeschnitten werden mussten“, erzählen die Projektleiterinnen. Etwa die Wandmalerei von Martin Goppelröder im Garten von Schloß Styrum. Einige wenige der erwähnten Schmuckstücke sind eingelagert (der Nele-Brunnen) und gerade nicht live zu sehen - oder werden restauriert.
Neben den Fotografien samt Erläuterungen enthält das Buch auch kurze wissenschaftliche Aufsätze über die Kunst am Bau oder im öffentlichen Raum. Ein Kapitel ist der Kunst an und in Schulgebäuden gewidmet. Denn davon gibt es eine Menge in Mülheim. Kurze Künstlerbiografien sind ebenfalls vorhanden. Es gibt auch Empfehlungen für Spaziergänge zur Kunst und für zwei Radtouren, die Simone Scholten und Barbara Walter selbst konzipiert haben. Zu jedem abgebildeten Kunstwerk liefert das Buch auch einen QR-Code. Ein spezieller Link führt den Leser zu einer Datenbank mit vertiefenden Informationen zu und Hinweisen auf Kunstwerke unter freiem Himmel, die im Buch nicht genannt sind, aber den Besuch lohnen.
Das neue Buch kann man im Museum Temporär an der Schloßstraße für 18 Euro kaufen, bald soll es auch im Buchhandel erhältlich sein.