Mülheim. . An der Leineweberstraße in Mülheims Stadtmitte steht bald ein weiterer großer Laden leer: Beim Herrenausstatter MSM läuft der Ausverkauf. Und Inhaber Gernot Schulz macht sich Gedanken zum „Niedergang der Stadt“.

Räumungsverkauf! Allzu oft schon hingen knallrote Schilder mit großen Lettern, die massig Rabatt versprachen, in Mülheims Geschäften. Nun geht auch an der Leineweberstraße ein Stück Handelsgeschichte zu Ende: Herrenausstatter MSM schließt spätestens zum Ende des Jahres – und Inhaber Gernot Schulz zieht im Gespräch Bilanz.

„Es ist eine schöne Zeit gewesen“, sagt der 77-Jährige, und meint damit vor allem die 70er- und 80er Jahre. Damals war die Welt der Einzelhändler noch in Ordnung, „damals kamen die Leute sogar aus umliegenden Städten zu uns zum Einkauf“. Schulz schwärmt von dem guten Ruf, den die Innenstadt einst hatte. Die Konkurrenz habe das Geschäft belebt; „wir hatten so viele schöne Läden hier; leider sind davon nur noch ganz wenige übrig“.

Mit MSM verschwindet nun ein weiterer populärer Name – nach 45 Jahren. Marga Schulz war es, die das Fachgeschäft für Herrenkleidung 1969 an der Leineweberstraße eröffnet hatte, ihr Name steckt bis heute hinterm Kürzel: Marga Schulz Mülheim. Ende 1970 übernahm Ehemann Gernot die Leitung. Der Laden zog zweimal um, der Leineweberstraße aber blieb man treu („und ich sage nach wie vor: Es ist ein guter Standort, wenn man ihn nicht dauernd kaputtreden würde“).

Viele Jahre lang lief es wunderbar

Männer schick anzuziehen, das war eine Herzensangelegenheit für den Herrenartikler. Erfahrung hatte er in 16 Jahren bei Kaufhof gesammelt, war vor dem Schritt in die Selbstständigkeit gar zum Abteilungsleiter der Herrenkonfektion in Elberfeld aufgestiegen. Das Geschäft also beherrschte er aus dem Eff-Eff, und viele Jahre lang lief es ja auch wunderbar auf den 325 m2 Verkaufsfläche.

Dann aber begann das, was er „den Niedergang der Stadt“ nennt. Diverse Gründe führt Schulz dafür an: die schlechte Erreichbarkeit, die geringe Anzahl naher Parkplätze, die hohen Parkgebühren, das allgemeine Desinteresse der Politik am Handel. „Die haben immer mehr Wert auf die Industrie gelegt.“ Massig Fehlentscheidungen seien gefällt worden. So hätte man die Schließung des Kaufhofs verhindern können, „wäre man dem Unternehmen nur etwas entgegengekommen“, und man hätte auch deutlich mehr machen können „aus der guten Ruhrbania-Idee“. Wäre dann noch der Neubau der Hochschule stadtnah erfolgt: Die Straßen wären belebt. . . Vitalität erhofft sich Schulz nun von der möglichen Ansiedlung der Sparkassen-Akademie.

Verändertes Kaufverhalten

Für den Abstieg der Stadt macht er zudem verändertes Kaufverhalten verantwortlich; Kunden kauften heute gerne im Netz und legten insgesamt weniger Wert auf Qualität. All dies zusammengenommen, habe er den eigenen, in gleicher Branche arbeitenden Kindern jedenfalls nicht empfehlen können, das Traditionsgeschäft weiterzuführen.