Mülheim. . Beim Festakt zum 100-jährigen Bestehen des Max-Planck-Instituts für Kohlenforschung gab es konzentrierte Arbeit und faktenreiche Vorträge. Im Juli 2015 wechselt wieder ein Harvardprofessor als Direktor auf den Kahlenberg.

Im Mülheimer Max-Planck-Institut für Kohlenforschung geht man seit 1914 mit aller Energie und weltweitem Erfolg zu Werke. Selbst die offizielle Feier zum hundertjährigen Bestehen, die am Sonntag in der Stadthalle abgehalten wurde, war mit konzentrierter Arbeit und faktenreichen Vorträgen verbunden. Aber heiter war das Ganze auch.

100 Jahre seien nicht nur für einen Menschen eine bemerkenswerte Lebensspanne, betonte Prof. Dr. Martin Stratmann, neuer Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, sondern auch für ein Forschungszentrum. Von einst zehn Kaiser-Wilhelm-Instituten, als das auch das Mülheimer Haus begann, bestehen heute nur noch vier an ihren ursprünglichen Orten. Indiz für ihre Qualität. Speziell am Standort Mülheim sei „eine familiäre Atmosphäre entstanden, in der sich Wissenschaftler wohl fühlen“.

Gute Wünsche „für die nächsten 100 Jahre“ sprachen gleich mehrere Festgäste dem MPI für Kohlenforschung aus. Für eine langfristig sichere Perspektive, so der Geschäftsführende Direktor Prof. Dr. Ben List, „brauchen wir Vertrauen und Freiheit“, wozu auch ausreichende Mittel und räumliche Gegebenheiten gehören.

Ministerpräsidentin: Mehr Mädchen für Naturwissenschaften begeistern

Ähnlich formulierte es Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: „Wissenschaft braucht finanzielle Unabhängigkeit.“ Um das aufwändige Neubauprojekt des hiesigen Max-Planck-Institutes für chemische Energiekonversion zu realisieren, stellt das Land NRW bis zu 45 Mio. Euro zur Verfügung. Hannelore Kraft wurde dies im Rahmen des Festaktes dankbar angerechnet. Die Landeschefin denkt und appelliert in punkto Zukunftsperspektiven aber noch in eine andere Richtung: „Wir müssen mehr Jugendliche, vor allem mehr Mädchen, für naturwissenschaftliche Fächer begeistern, damit Nachwuchs in der Forschung gesichert ist.“

Evonik-Vorstand Dr. Klaus Engel, Mülheimer und promovierter Chemiker, der die Liste der Festredner schloss, wünscht sich mehr „Mut zur Zukunft“, um den Forschungsstandort Deutschland voran zu bringen. Zugleich kritisierte er das verbreitete „Sankt-Florians-Prinzip“, speziell auch an die Anwohner auf dem Kahlenberg adressiert: „Man begrüßt die Arbeitsplätze durch neue Institute, hat aber Angst vor Parkplatznot.“ In seiner Funktion als Industrievertreter erklärte Engel: „Wir brauchen eine steuerliche Förderung für Aufwendungen in Forschung und Entwicklung.“ Die Politik in Person von Hannelore Kraft hat seine Forderung vernommen, denn die Ministerpräsidentin wohnte dem Festakt bis mittags in voller Länge bei.

Am Sonntagnachmittag wurden die Feierlichkeiten zum Hundertsten mit einem wissenschaftlichen Symposium fortgesetzt. Zu Fachvorträgen, die alle Abteilungen des Max-Planck-Institutes für Kohlenforschung repräsentieren, waren fünf renommierte Forscher angereist. In Vertretung des erkrankten Nobelpreisträgers Prof. Dr. Robert Grubbs referierte Prof. Tobias Ritter, der hier ab Juli 2015 als Direktor und Nachfolger von Prof. Manfred Reetz tätig sein wird. Ein Harvardprofessor, der nach Mülheim wechselt. Noch Fragen?

OB verschweigt auch „Misstöne“ in der unmittelbaren Nachbarschaft nicht

Die Max-Planck-Institute hätten sich in den letzten Jahren immer stärker der Stadtgesellschaft geöffnet, hob Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld in ihrem Grußwort hervor. „Auch ihre Angebote im schulischen Bereich treffen zunehmend auf offene Ohren.“

Als 170.000-Einwohner-Stadt sei Mülheim stolz, mit dem MPI für Kohlenforschung eine Einrichtung zu haben, die zu den Top-20 der außeruniversitären Forschungsadressen in Deutschland zählt. Die OB verschwieg aber auch nicht die „Misstöne“ in der unmittelbaren Nachbarschaft, die den Neubau des Max-Planck-Institutes für chemische Energiekonversion auf dem Kahlenberg begleiten. Angesichts eines erweiterten Chemie-Campus mit bis zu 700 Mitarbeitern fürchten manche Anwohner Lärm- und Verkehrsbelastungen.

Generell aber bescheinigte Prof. Dr. Martin Stratmann, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, den verantwortlichen Akteuren in Mülheim: „Die Stadt macht uns, wo es geht, den Weg frei.