Mülheim an der Ruhr. . Das Max-Planck-Institut für Kohlenforschung wird am 27. Juli 100 Jahre alt. Nur wenige Tage vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges hatte es den Betrieb in Mülheim aufgenommen. Heute genießt es einen exzellenten Ruf unter Wissenschaftlern - nicht nur wegen des Nobelpreisträgers aus den eigenen Reihen.

Der Kaiser höchstpersönlich kam zwar nicht vorbei, und doch war der 27. Juli 1914 ein besonderer Tag für Mülheim: Es war die Geburtsstunde des kleinen, aber sehr feinen Wissenschaftsstandortes auf dem (damals tatsächlich noch kahlen) Kahlenberg. Das erste Kaiser-Wilhelm-Institut außerhalb Berlins wurde in Betrieb genommen, und zahlreiche Honoratioren waren dabei. Nur fünf Tage bevor der Erste Weltkrieg mit all seinem Grauen Einzug hielt, gab es also noch einmal etwas zu feiern. Und die bis dato akademisch unbedeutende Stadt kann sich seither schmücken mit einer Forschungsinstitution ersten Ranges.

Gründungsdirektor Franz Fischer, an den bis heute eine Straße im Viertel erinnert, kam von der Technischen Universität Berlin und beschäftigte sich mit Kohlenforschung. Was also lag näher, als mitten im Revier, in unmittelbarer Nachbarschaft der mächtigen Ruhrbarone und ihrer fleißigen Kumpel, ein Wissenschaftszentrum mit eben dieser Ausrichtung zu erschaffen? Unterstützung für sein Vorhaben fand Fischer unter anderem bei der Familie Stinnes und bei Oberbürgermeister Dr. Paul Lembke.

Mit Kohlenforschung im engeren Sinne beschäftigten sich allerdings lediglich Fischer und seine Mitarbeiter. Unter den Direktoren, die ihm folgten, entwickelte sich das Haus, das ab 1949 als Max-Planck-Institut firmierte, zu einem Studienort für die Katalyse. Laut einer gängigen Formel, die sich auch Laien erschließt, ist dies die Wissenschaft von Stoffen, die chemische Reaktionen beeinflussen können, ohne dabei selbst verbraucht zu werden.

Ein Name hat sich den Mülheimern besonders eingeprägt: Karl Ziegler

Günther Wilke, Manfred Reetz, Walter Thiel, Ferdi Schüth, Alois Fürstner und Benjamin List: Sie alle hatten ihren Anteil am Erfolg – doch ein Name hat sich den Mülheimern besonders eingeprägt: Karl Ziegler. Dieser Direktor nämlich war es, der 1963 den Nobelpreis aus den Händen von König Gustav VI. Adolf von Schweden entgegennehmen konnte und die Stadt riesig stolz machte. Mit den Ziegler-Katalysatoren zur Herstellung von Polyethylen und Polypropylen werden nach wie vor Polymere in großer Zahl hergestellt, die zu finden sind etwa in Plastiktüten und Spielzeug.

Rund 350 Menschen aus 35 Nationen arbeiten heute am Institut. Sie alle sind froh, an einem Ort zu wirken, der einen exzellenten Ruf genießt. Und daher auch sein Jubiläum gebührend begeht: u.a. mit einer Vortragsreihe für alle wissenschaftlich Interessierten sowie einem (nicht-öffentlichen) Festakt am 24. August in der Stadthalle. Zu diesem kommen neben Politikern auch führende Wissenschaftler. Und mit Robert Grubbs wird dann auch wieder ein Nobelpreisträger zu Besuch in der einst akademisch unbedeutenden Stadt sein.