Mülheim. . Seit nunmehr zehn Jahren treffen sich die Montagsdemonstranten auf dem Mülheimer Kurt-Schumacher-Platz, um die Hartz-Gesetze und Ungerechtigkeiten anzuprangern. Durchhaltevermögen ist dabei angesagt.
Aufgeben gilt nicht. Denn eben dem haben die Menschen, die sich jeden Montagnachmittag auf dem Kurt-Schumacher-Platz versammeln, den Kampf angesagt: „Wir treten der Resignation entgegen und der Denkweise: Es ist ja sowieso alles schon gelaufen.“ Sie wollen Dinge nicht wortlos hinnehmen, nicht kapitulieren und so halten sie durch: Seit zehn Jahren treffen sich die Montagsdemonstranten jede Woche in der Innenstadt.
In der vergangenen Dekade mussten sie sich eine Menge anhören. So kennen die treuen Teilnehmer die vermeintlichen Argumente, warum das, was sie tun, nichts bringt. Sie kennen auch die verächtlichen Hinweise auf ihre kleine Anzahl, auf jene zwei Hand voll Leute, die jede Woche bei Wind und Wetter mit ihrem Mikrofon auf dem Kurt-Schumacher-Platz stehen und über das Weltgeschehen diskutieren. „Ja“, sagt Sabine Schweizerhof, „wir sind zwar wenige, aber wir sind Teil einer größeren Bewegung.“ Und die, findet die Montagsdemonstrantin der ersten Stunde, sei auch heute noch genauso nötig wie damals.
Demos gegen Hartz-Gesetze
Der Beschluss der Hartz-Gesetze war im Sommer 2004 der Anlass für die ersten Montagsdemos. In ganz Deutschland gingen Menschen gegen Hartz IV auf die Straße. In Mülheim initiierten Gerhard und Sabine Schweizerhof am 9. August 2004 die erste und konnten 50 Menschen mobilisieren.
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Zunächst wuchs der Teilnehmerkreis; 100, 200 Menschen kamen. „Die stärkste Demo hatten wir im August 2009 mit 400 Teilnehmern“, sagt Sabine Schweizerhof. Da ging es längst nicht mehr nur um Hartz IV. Das Themenspektrum hat sich laut der Organisatorin erweitert: Armut, Frieden, Flüchtlings-, Arbeits- und Finanzpolitik, Atomtod, Frauenbewegung und Umweltfragen zählt sie als Demonstrationsgründe auf – mal dafür, mal dagegen.
Solidarität ist gefragt
Um „Solidarität“ gehe es dabei, regionale wie internationale: mit den Opel-Arbeitern, mit den Stuttgarter Bahnhof-Gegnern, mit „Aufstandsbewegungen im Ausland“, mit Taksim-Demonstranten, mit Friedensbewegungen. . . „Letztlich kämpfen alle Menschen gegen denselben Gegner“, glaubt Sabine Schweizerhof. Die Montagsdemos nennt sie gar „das soziale Gewissen der Republik“ – und das sei „kämpferisch, kulturvoll und sehr diszipliniert“. Bewusst spricht sie da von allen Montagsdemos; bundesweit sind das rund 80. Denn daraus ziehen deren treue Teilnehmer ihr Selbstbewusstsein. In Mülheim mag der harte Kern nur aus zehn, 15 Leute bestehen, aber sie wissen: Insgesamt sind wir viel mehr.
Und dennoch: Um sich zehn Jahre jeden Montag auf der Platte zu treffen, braucht es Durchhaltevermögen. In diesem Noch-Dasein liegt für Sabine Schweizerhof scheinbar auch die Daseinsberechtigung: „Die Väter der Hartz-IV-Gesetze, die sind alle weg. Aber die Montagsdemo ist geblieben.“